Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
Birdie oder Frannie bitten, dir eine Erfrischung zu bringen? Oder Lady Shira fragen, ob sie einen Heiltrank zubereiten könnte?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Hunger, und es besteht kein Grund, Shira wegen dieser Kleinigkeit zu stören.« Was sie quälte, konnte die Heilerin und Schwarze Witwe nicht kurieren.
Sie verließ ihr Arbeitszimmer, wohl wissend, dass Powell ihr zur Tür folgte und ihr nachblickte.
Vae folgte ihr den ganzen Weg zu ihrem Zimmer.
»Ich möchte alleine sein, Vae.«
*Nein. Du ärgerst dich und riechst komisch.*
»Lass mich alleine.«
*Nein.* Vae sprang auf Cassidys Bett und knurrte warnend.
Cassidy musterte die Purpur-Juwelen des Scelties. Ranghöher. Und mehr Zähne.
*Warum ärgerst du dich?*
Heiß und bitter platzte es aus ihr heraus: »Ich werde diesen Hof verlieren. Ich habe mein Bestes gegeben, aber in zwei Monaten werde ich durch eine andere Königin ersetzt.« Schon wieder.
*Du bist albern.*
»Nein, bin ich nicht. Kermilla hat meinen Hof schon einmal übernommen. Sie wird es wieder tun.*
Vaes Entsetzen traf sie wie ein Schlag.
*Du willst deine Männer nicht verteidigen? Du willst die anderen Menschen, die dir gehören, nicht verteidigen?*
»Vae …«
Der Sceltie knurrte. *Wenn man einem Sceltie eine Herde zum Bewachen gibt, dann bewacht er sie. Wenn ein böser Hund versucht, die Herde zu stehlen, zieht kein Sceltie den Schwanz ein und läuft winselnd davon. Ein Sceltie kämpft. *
»Ich bin aber kein Sceltie!«
*Nein, du bist nur ein Mensch, aber du bist eine Königin. Du hast schon ein paarmal Zähne gezeigt. Warum tust du es jetzt nicht und jagst die böse Königin weg? Deine Männer würden für dich kämpfen. Warum kämpfst du nicht für sie?*
»Ich würde für sie kämpfen. Bis zum letzten Atemzug und darüber hinaus«, schrie Cassidy. »Aber sie wollen nicht …«
Sie verstummte. Schloss die Augen. Dachte an Powells Reaktion auf Kermillas Brief.
Beinahe abfällig. Ein potenzielles Problem, dessen die Männer sich bewusst gewesen waren, also hatte es ihn nicht überrascht. Aber es war nichts so Bedeutsames, dass er deswegen sofort den Hof zusammenrufen würde.
Kermillas Worte bohrten sich wie ein Messer in ihre Eingeweide, aber Vaes Anschuldigungen schmerzten sie noch mehr. War sie dabei, diesen Hof aufzugeben, weil ihr erster Hof sie verlassen hatte? War sie etwa dabei, aufzugeben, ohne überhaupt zu fragen, was ihr Erster Kreis wollte? Lief sie winselnd davon, anstatt um das zu kämpfen, was ihr gehörte?
Würde ein Sceltie seine Herde einem anderen Hund überlassen, wenn er wusste, der Hund würde verletzen, was sie versprochen hatte, zu beschützen?
»Haben Scelties jemals Angst?«
*Wir haben Angst. Aber wir kämpfen trotzdem.*
Was willst du sein, Cassidy? Feigling oder Königin?
Seufzend schleuderte sie die Schuhe von den Füßen und
ging zum Bett. »Rutsch rüber, Vae. Ich fühle mich gerade wirklich nicht gut. Ich muss mich ein bisschen ausruhen.«
Als Vae Platz gemacht hatte, legte Cassidy sich auf die Decke und schloss die Augen.
*Cassie? Was sagst du deinen Männern?*
»Ich weiß nicht. Ich bin verwirrt.«
Vae legte sich hinter sie, wärmte ihr den Rücken. *Das ist albern. Es ist nicht verwirrend. Sie gehören zu dir, und du wirst für sie kämpfen, damit man sie nicht zwingt, der bösen Königin zu dienen.*
Cassidy schloss die Augen. Konnte es so einfach sein?
Gray stampfte auf, um den Schnee von den Stiefeln zu schütteln und betrat Ranons Küche. »Draußen ist es kälter als in der Hölle.« Er schlüpfte aus dem Mantel und hängte ihn an einen Haken. Dann zog er seine Stiefel aus und rief die weichen Hausschuhe herbei, die Burle und Devra ihm zu Winsol geschenkt hatten. »Hast du was Heißes zu trinken, Ranon?«
»Ich mache gerade Kaffee. Und es gibt Whiskey dazu«, erwiderte Ranon.
Powell saß mit Shaddo am Küchentisch. Archerr stand an einem der Fenster und starrte in den Garten – oder hinüber zur Königlichen Residenz.
Archerr hatte heute Begleitdienst. Warum war der Mann nicht in der Residenz, sondern stand in Ranons Küche?
Als Ranon ihn gebeten hatte, bei ihm vorbeizukommen, um etwas zu besprechen, hatte zwar etwas Dringlichkeit auf dem Speerfaden mitgeklungen, aber der shaladorische Kriegerprinz hatte nicht angedeutet, dass es sich eher um eine Hofbesprechung als um ein persönliches Gespräch handelte.
»Was ist los?«, fragte Gray.
Ranon stellte die Kanne Kaffee, die Flasche Whiskey und fünf Tassen
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