Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
dass etwas nicht stimmte, hatte sie hochgehoben und war ins Haus gerannt. Aber sie wussten noch immer nicht, was geschehen war – oder warum.
Shira wollte nicht über ihre Vision sprechen, wollte nicht bestätigen, ob dies die Gefahr war, die sie beinahe die erste Königin seit Lias Zeiten gekostet hätte, die ihnen Hoffnung schenkte.
Hatte er sich auf irgendeine Art schuldig gemacht? Hatte er in der Erfüllung seiner Pflicht versagt? Wie? Wie?
Ranon spürte die Gegenwart des anderen, nahm die mentale Signatur auf und wusste, wer sich ihm gleich anschließen würde.
Theran behandelte sie alle mit kaltem Schweigen, was verständlich war, schließlich hielt Daemon Sadi ihn persönlich für Cassidys Wohlergehen verantwortlich, und Grayhaven hatte von Anfang an nicht gewollt, dass sie nach Eyota reiste. Doch Grays Wut und Schmerz schufen eine brennende, pulsierende, lebendige Präsenz. Bis sie wussten, was Cassidy fehlte, war Gray eine gezogene Waffe, und niemand kannte die Schärfe dieser Klinge oder wie tief sie schneiden konnte.
Er wartete, bis Gray neben ihn niederkniete. Keiner von ihnen konnte widerstehen, diesen Ort mehrmals am Tag aufzusuchen.
»Sie sind über Nacht noch mehr gewachsen«, sagte Ranon mit leiser Stimme. »Wir werden von diesem Garten endlich einmal eine anständige Ernte bekommen.«
»Sie kann es nicht wieder tun«, fauchte Gray. »Das hier hat sie fast umgebracht.«
»Das weiß ich.« Und das tat er. Er wusste auch, wie die Königinnen im ersten Moment entsetzt auf diesen Garten geblickt – und dann beinahe verstanden hatten, wie es geschehen war. Beinahe.
»Gesellschaft«, sagte Gray, ohne seine Aufmerksamkeit von den Pflanzen zu nehmen.
Ranon blickte über die Schulter und seufzte. Reyhana und Janos. Die junge Königin war so genauso oft herausgekommen, um sich den Garten anzusehen, wie er und Gray, und Janos hatte sich selbst zu Reyhanas Begleitschutz erkoren, wenn sie das Haus verließ.
Dann spannte er die Muskeln an und tippte Gray auf den Arm, bevor er aufstand. »Noch mehr Gesellschaft.«
Gray sprang auf die Füße. Ranon ergriff ihn am Arm, um ihn davon abzuhalten, auf Lady Karla zuzustürmen – vor
allem, da Aaron gerade aus dem Haus trat und sich an die Wand lehnte. Genauso offensichtlich, wie er nicht eingriff, wachte er über die Königin mit den Grauen Juwelen, die gemessenen Schrittes auf sie zukam, der nichts mit Würde, sondern nur damit zu tun hatte, dass sie einen Gehstock brauchte.
Was auch immer mit ihrem Körper nicht stimmte, mit ihrem Geist – oder ihrer Macht – war alles in Ordnung.
Grizelle war wie sie, dachte Ranon. Lia war wie sie.
Er war mit den Geschichten von Grizelle und vor allem Lia aufgewachsen. War mit der Vorstellung groß geworden, wie es wohl wäre, sich in der Gegenwart einer Königin mit Grauen Juwelen aufzuhalten. Grizelle und Lia hatte er stets als Beschützerinnen Dena Neheles gesehen – und das waren sie auch gewesen –, doch er hatte nie daran gedacht, dass die Macht, die das Land schützte, diese Frauen auch zu höchst gefährlichen Hexen gemacht hatte. Nicht, bis Karla aus der Kutsche gestiegen war, die sie nach Eyota gebracht hatte.
»Prinz Gray«, sagte Karla, als sie die beiden erreichte. »Prinz Ranon.« Reyhana und Janos grüßte sie mit einem stummen Nicken.
Janos zögerte, noch immer nicht sicher, wie man mit einer Königin umging, die nicht aus den Shalador-Reservaten kam. Reyhana dagegen verstand den Gruß als Einladung, sich den Erwachsenen anzuschließen.
»Cassidy ist wach«, sagte Karla mit Blick auf Gray. »Sie wird wieder gesund. Den Rest des Tages muss sie ruhen.«
»Kann ich sie sehen?«, fragte Gray. »Ich schreie sie noch nicht an. Ich will sie nur sehen.«
Karlas Lippen kräuselten sich zu einem kalten Lächeln. »Süßer, ihr Körper hat hart dafür gearbeitet, sein Gleichgewicht wiederzufinden, und offen gesagt riecht das Mädchen etwas streng. Bis sie die Möglichkeit hatte, zu baden und sich die Zähne zu putzen, bist du der Letzte, den sie sehen will.«
»Aber …« Gray hielt inne. Dachte nach. »Oh. Weil ich ihr den Hof mache? Aber mir ist es egal, ob sie riecht.«
Karla starrte Gray an, bis er murmelte: »Na ja, es ist mir egal.« Aber der Blick beendete diesen Teil des Gesprächs.
»Ich denke, Cassidy wüsste die Hilfe ihrer Mutter und der Hofheilerin zu schätzen«, sagte Karla. »Und ich denke, jeder mit einem Penis sollte sich für die nächsten paar Stunden von diesen Zimmern und dem
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