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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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BKA-Präsident schreibt. Merkwürdige Formulierung, denkt Tamar, es klingt, als ob es eben doch ein Bürgerkrieg gewesen wäre ... Und wenn es stimmt, was Berndorf sagt, dann waren es noch sehr viel mehr Tote, und begonnen hat es auch sehr viel früher, schon 1967, als die Berliner Polizei einen Demonstranten erschossen hat und die Schläger des persischen Geheimdienstes auf die deutschen Studenten losließ. Doch von alledem steht nichts im Aufsatz des BKA-Präsidenten . . .
    Das Telefon schlägt an, Tamar hebt ab. Es wird der Kollege Beyschlag sein von der Landespolizei-Inspektion Nördlingen, denkt sie. Die ganze Zeit wartet sie schon auf seinen Rückruf. »Weimer hier«, sagt eine Stimme, die angespannt klingt und ein wenig herablassend. »Wir haben uns in Wieshülen kennen gelernt . . .«
    Ja. So kannst du es nennen. Höflich wünscht Tamar einen guten Tag und fragt, was sie für den Anrufer tun könne.
    »Wir wollen ja nicht aufdringlich sein«, sagt Weimer. »Aber nachdem wir in diese Wieshülener Geschichte ja nun auch – äh – involviert sind, interessiert es uns schon, wie Ihre Ermittlungen weitergegangen sind . . . Und da dachte ich, ich rufe die junge Kollegin einfach an.«
    Die Eier sollte ich dir eintreten. Allein schon für die junge Kollegin . »Da ist nichts weitergegangen«, antwortet sie rasch. »Nach Ihrer Aussage, die ja äußerst bestimmt war, hatten wir keine Handhabe zu Ermittlungen mehr. Ich dachte, das wäre Ihnen klar gewesen.«

    »Höre ich da eine leichte Verstimmung?«, fragt die Stimme. »Es täte mir Leid, und ich könnte es gut verstehen. Aber für uns schien der Ablauf eindeutig.«
    Schien , denkt Tamar und wartet.
    »Aber vielleicht haben wir uns geirrt«, säuselt die Stimme. »Glauben Sie mir, ich bin der Letzte, der einen eigenen Fehler nicht zugeben würde.«
    »Einen Fehler?«
    »Ja, leider. Wir haben dem Verbleib dieses Florian Grassl, dem Assistenten des toten Herrn Zundt, vielleicht doch zu wenig Bedeutung beigemessen.«
    Tamar beschließt, weiter schweigend zuzuhören.
    »Sie wissen nicht zufällig, wo Grassl abgeblieben ist?« Manchmal wird eine Stimme vom Telefon bis zur Kenntlichkeit verzerrt. Weimers Frage kommt drängend, fast gierig.
    Was sag ich dem, und was sag ich nicht? »Wir wissen nur«, antwortet Tamar nach kurzem Zögern, »dass sich Grassl im Krankenhaus Reutlingen spätabends wegen einer aufgeschlagenen Augenbraue hat behandeln lassen. Das war aber schon am Freitag . . .«
    »Er ist aber nicht im Krankenhaus geblieben?« Die Stimme hat sich wieder unter Kontrolle.
    »Nein«, antwortet Tamar. »Es war eine ambulante Behandlung.« Und, honigsüß: »Leider haben wir im Augenblick keine Möglichkeit, nach seinem Verbleib zu suchen ...« Sie verspricht, sich mit Weimer in Verbindung zu setzen, wenn sie etwas erfahren sollte, und dann ist das Gespräch auch schon beendet. Tamar legt den Hörer auf, doch im gleichen Augenblick schlägt das Telefon erneut an.
    Diesmal ist es nun tatsächlich der Kollege Beyschlag von der bayerischen Landespolizei. »Sie hatten bei uns angerufen, wegen diesem Grassl, Florian«, sagt Beyschlag. »Ich war jetzt bei seiner Mutter, einer Frau Bullinger, es war kein ganz einfaches Gespräch, wenn ich das so sagen darf . . .« Er spricht mit einer Dialektfärbung, von der Tamar nicht sagen könnte, ob sie mehr schwäbisch oder mehr bayerisch klingt.

    »Ich glaube Ihnen das gern, Kollege«, sagt sie, »eine leidgeprüfte Mutter, nicht wahr?«
    Beyschlag stimmt zu. »Der junge Mann ist bei uns bekannt. Ein Spanner. Zwanghaft, wenn Sie mich fragen. Er lässt sich hier auch nicht mehr sehen. Allerdings behauptet die Mutter, dass er das jetzt alles hinter sich hat . . .«
    »Weiß sie, wo er sich aufhält?«
    »Sie streitet es ab«, antwortet Beyschlag. »Wahrscheinlich ist es meine Schuld. Ich hab ihr gesagt, wir bräuchten ihn als Zeugen, und da war es ganz aus. Als ob man auf einen Knopf gedrückt hätte, fing sie an zu heulen. Immer will der Flori nur helfen und aufmerksam sein, und dann dreht man ihm einen Strick daraus ... So ging das, und es hat nicht mehr aufgehört.«
    »Beileid, Kollege«, sagt Tamar. »Mütter können Furien sein...«
    »Etwas war aber komisch«, fährt Beyschlag fort. »Vor mir muss schon jemand nachgefragt haben. Sie hat es mir selbst verraten.« Seine Stimme verändert sich. »Was lauft ihr mir alle das Haus ein, der kommt doch gar nicht mehr hierher . . .«, greint es durchs Telefon. Dann kehrt

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