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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Beyschlag wieder zu seinem gemächlichen Tonfall zurück. »Ich weiß nicht, wie Sie das verstehen. Aber für mich war es klar. Ich hab dann in der Nachbarschaft herumgefragt, und tatsächlich hat die gute Frau Besuch von außerhalb gehabt.« Er macht eine Pause.
    Er will sein Bonbon, denkt Tamar. »Das wäre natürlich sehr, sehr wichtig für uns, wenn wir da eine Beschreibung bekämen«, sagt sie artig.
    »Aber ich weiß nicht, ob Ihnen die Beschreibung gefallen wird«, antwortet Beyschlag. »Mir gefällt sie nämlich auch nicht. Es war einer von diesen Glatzköpfigen mit Stiefeln, keiner von den unsrigen, denn er hat einen dunklen BMW mit Stuttgarter Nummer gefahren. Einem der Nachbarn war der Mann verdächtig vorgekommen. Bloß, die Nummer hat er nicht aufgeschrieben . . .«
    Glatzen also, denkt Tamar einige Augenblicke später, als sie
aufgelegt hat. Der Verfassungsschützer Weimer ist hinter Grassl her, und die Glatzen sind es auch. Merkwürdige Gemeinsamkeit. Hätte Weimer sich nicht viel eher um die Glatzen zu kümmern?
     
    Die Sonne versinkt hinter den Pfälzer Bergen und macht den Wolken, die von der Biscaya oder von der BASF gegen die Bergstraße ziehen, rot glühende Ränder. Birgit hat die Stehlampe neben ihrem Sessel eingeschaltet und erzählt von den Wohngemeinschaftszeiten in der Heidelberger Hauptstraße, Dachgeschoss, fast scheint es, als habe sie den Besucher vergessen, der halb im Schatten sitzt. Ganz ferne, hinter den Schatten, sieht Birgit eine Romanistik-Studentin aus der badischen Provinz, mit schulterlangen Haaren und knappem Mini, schüchtern und unsicher und jungfräulich, aber fest entschlossen, dies alles abzulegen . . . Endlose Nächte ziehen an ihr vorbei, Wolkenfelder von Wortfetzen, die Macht des Volkes kommt aus den Gewehrläufen, die Stunde des Handelns wird bestimmt durch das Handeln selbst, am nächsten Morgen die verrauchte Küche, die gekräuselten Haare im Handwaschbecken, das verdreckte Klo, sauber machen müssen immer die Frauen, keine Revolution wird daran etwas ändern . . .
    »Sie hatten ein gemeinsames Zimmer mit Schatte?«, fragt Berndorf durch die Dämmerung.
    »Ich bitte Sie! Das wäre ja bereits der Beginn einer dieser entsetzlich kleinbürgerlichen Bratkartoffel-Ehen gewesen . . . Ich hatte ein hübsches Mansardenzimmer, im Sommer konnten wir auf dem Dach draußen sitzen. Schatte hauste in einer besseren Besenkammer gleich neben der Tür . . . Wir waren ja alle knapp, aber Schatte hatte überhaupt kein Geld. Sein Vater hatte die Beziehung abgebrochen, das Tischtuch zerschnitten, wie er seinem Sohn schrieb. Er muss ein ziemlich unangenehmer Mensch gewesen sein, dieser Vater, ein Volksschullehrer irgendwo in Montabaur und einer von denen, die noch hemmungslos geprügelt haben. Damit es im Dorf nicht hieß, der Lehrerssohn werde weniger verdroschen als die anderen,
bekam der kleine Schatte womöglich noch mehr ab als die andern. Und samstags musste er die Haselnussruten holen gehen, die sein Vater in der nächsten Woche auf seinem Hintern und dem der anderen Kinder zerschlagen würde. Er hat mir einmal beschrieben, wie das war, wenn er die Ruten aussuchte, sie mussten sowohl fest als auch biegsam sein, und die Dorfjugend sah ihm dabei zu . . .«
    Solche Lehrer gab es, erinnert sich Berndorf. Durchaus gab es sie. Trotzdem. Irgendwann sind die Menschen für sich selbst verantwortlich. »Sie müssen aber doch sehr vertraut mit ihm gewesen sein? Sonst hätte jemand wie Schatte Ihnen eine solche Geschichte nicht erzählt . . .«
    Birgit zögert. »Vertraut? Natürlich war er oft bei mir. Aber das war eine Beziehung ohne Besitzansprüche, wer zweimal mit derselben pennt, Sie wissen schon . . .«
    Geschenkt, denkt Berndorf. »In welchem Verhältnis stand Schatte zu Franziska Sinheim?«
    Kurze Pause. »Nehmen Sie es mir nicht übel, aber viel wissen Sie wirklich nicht.« Birgits Stimme klingt wieder kühl, gleichgültig. »Die beiden waren verheiratet gewesen, eine dieser Ehen, die geschlossen wurden, weil es keine gemeinsamen Zimmer für Unverheiratete gab. Als sie dann das Glück der Zweisamkeit in vollen Zügen genießen konnten, fanden sie’s unausstehlich und ließen sich schleunigst scheiden.«
    »Wenn ich das richtig weiß, hat aber die Sinheim ihm die freie Mitarbeit beim Aufbruch vermittelt. Die beiden waren also in Kontakt geblieben. War das eine rein freundschaftliche Beziehung, oder mehr?«
    Abweisend blickt Birgit hoch. »Woher soll ich das wissen? Meine Hand

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