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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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vorbestraftes Menschenkind fertig machen.«
    »Gleich muss ich heulen. Beschreiben Sie mir die Leute.«
    »Es waren zwei. Einer mittelgroß, mit krausen dunklen Haaren. Der andere etwas größer, graue Haare, sorgfältig gescheitelt. Er war der Chef. Aufgefallen ist mir das Gebiss. Das sah aus wie bei jemandem, dem der Staat den Zahnarzt zahlt. Und die Versicherung legt noch ein Schmerzensgeld drauf. Ich weiß doch, wie es bei den Beamten zugeht.«

    »Als Mann Gottes sollen Sie den Zöllnern nicht ihre Zulagen neiden«, ermahnt ihn Berndorf fromm. »An den Namen erinnern Sie sich nicht?«
    »Die haben keinen Namen gesagt. Einem Vorbestraften doch nicht.«
    Berndorf betrachtet ihn. Mann Gottes oder Sünder. Der eine so unausstehlich wie der andere.
     
    Hubert Höge hat sich zum Waldlauf verabschiedet. »Vielleicht geh ich noch in die Sauna«, hat er zum Abschied gesagt. Geh du nur, dachte Birgit, strampel dich aus und schwitz schön, wenn Bettina dein Strampeln schon wieder verträgt, außerdem muss ich telefonieren, mit dem Schlüsseldienst, und mit der Spedition, was du alles nicht wissen musst, denn es würde dich nur aufregen. Inzwischen hat sie telefoniert und sitzt nun wieder vor dem PC, an dem links oben der Zettel mit Huberts Passwort hängt: mu$$ik , und liest, was es Neues in Bertie’s Pop-Corner zu lesen gibt:
    ... nach Würstel & Deutschrock nun Toronto-Hip-Hop, von den Backyard Boys slick und smart gerappt, eine hochintelligent arrangierte Uptempo-Sause, finally fast durchgeknallt und durchaus mehr, als es scheint . . .
    Kein Wunder, dass ich das nicht toppen kann, denkt Birgit. Was nehmen wir denn? Uptempo-Sause? Durchgeknallt? Deutschrock, na klar. Das hat so was Kraut-Stampfendes, passt für Bettinchen wie bestellt. Sie markiert das Wort und setzt den Link zu dem Tagebuch, von dem Hubert noch gar nicht weiß, dass es das seine ist.
    Dann schaltet sie den Computer ab, steht auf und freut sich auf eine Tasse Tee, vielleicht wird sie einen Chivas Regal dazu nehmen. Die Türklingel schlägt an, und Birgit schreckt hoch. Jetzt keine Erziehungsberechtigte, bitte. Kein Gespräch über verhaltensgestörte, unterbegabte halslose Ungeheuer.
    Sie geht zur Tür und wirft einen Blick durch den Spion. Es ist keine von den Schrecklichen Müttern. Es ist der merkwürdige beischlafende Assistent dieser merkwürdigen Berliner
Professorin. Warum nicht? Eilig ordnet sie ihr Gesicht zum Dass-wir-uns-wiedersehen-Lächeln. Sie öffnet die Tür.
    Der Assistent entschuldigt sich höflich, dass er sie noch einmal stören muss. »Ich habe noch eine Frage, die mir sehr wichtig ist und die nur Sie beantworten können.«
    Ach ja?, denkt Birgit. Merkwürdiger Mann. Angespannt. Straff. Ein wenig breit in den Schultern. Welche Frage ist es, die nur ich ihm beantworten kann?
    Sie bittet ihn herein. »Trinken Sie einen Tee mit mir?«
    Er lehnt ab. »Ich bitte Sie nur, mich anzuhören.« Sie nehmen im Wohnzimmer Platz, auf der italienischen Garnitur, der Besucher im Licht, das die tief stehende Sonne ins Zimmer wirft und das die scharfen Falten in seinem Gesicht nachzeichnet.
    »Ich bin Ihnen eine Klarstellung schuldig. Ich bin pensionierter Polizeibeamter und ermittle im Fall Brian O’Rourke. Ich habe mich also, auch im Namen von Professorin Stein, für die Täuschung zu entschuldigen, mit der wir uns bei Ihnen Zutritt verschafft haben.«
    Eisern zwingt sich Birgit, das Lächeln auf ihrem Gesicht festzuhalten. »Eine Täuschung – ach Gott! Nun entschuldigen bitte Sie, aber ich hoffe doch, dass Ihre sonstigen Manöver weniger durchsichtig sind als dieses. Der wissenschaftliche Hintergrund Ihrer Anfrage war ein sehr fadenscheiniger, ist Ihnen das nicht aufgefallen?« Das Lächeln vertieft sich. »Ein bisschen mehr Mühe hätten Sie und Ihre – eh – Partnerin sich vielleicht doch geben sollen. Dass Sie es nicht getan haben, finde ich nun doch fast ein wenig beleidigend . . .«
    Berndorf sieht sie ruhig an. »Es lag mir sehr fern, sie zu beleidigen. Aber ich brauchte eine Einschätzung, oder besser: ein Stimmungsbild, das Sie einem Polizisten – und sei es einem pensionierten – nicht gegeben hätten.«
    »Ein Stimmungsbild, wie lyrisch«, sagt Birgit. »Und ihre Begleiterin hat sich auf diese Maskerade eingelassen . . . Ist diese Professorin denn überhaupt eine?«
    »Sie können Sie anrufen und sich überzeugen. Sie hat ein
persönliches Interesse an den Vorgängen, die damals abgelaufen sind.«
    »Ein persönliches

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