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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Lichthupe schießt von hinten auf sie zu und scheucht sie wieder nach rechts, der Radiosprecher bittet einen Menschen aus Gelsenkirchen, unterwegs mit einem dunkelroten Ford Omega, dringend zu Hause anzurufen, der Benz fährt aufblendend auf den Türkenkombi auf, der zieht vor dem Viehtransporter knapp nach rechts, der Viehtransporter weicht aus, sein Anhänger beginnt merkwürdig nach links und rechts zu schwänzeln, Birgit tritt auf die Bremse ihres Japaners, unbeteiligt sieht sie zu, wie der Anhänger vor ihr abhebt, das heißt, nur die eine Seite hebt ab, dann kippt der Transporter samt Anhänger nach rechts über die Böschung und fällt zur Seite. Die verschalten Wände brechen auf und Schweine purzeln heraus und fallen übereinander. Sie reißen sich die fetten nackten Leiber an den splitternden Brettern auf und rennen blutend über die Fahrbahn, eines der Tiere ist auf die Motorhaube von Birgits Japaner geschleudert worden, es strampelt und will da runter, aber es schafft es nicht, vielleicht hat es sich ein Bein gebrochen, Birgit weiß nicht, wie das heißt, ist es eine Pfote? Oder eine Haxe? Das Schwein starrt sie aus winzigen panischen Augen an und reißt die Schnauze auf und schreit und hört nicht auf zu schreien, hoch, durchdringend, selbst die Hände, die sich Birgit an die Ohren presst, helfen nicht.

    Miriam betrachtet Huberts weißlichen Bauch, der vom Skrotum bis zur Brust mit einem Flaum dunkel gekräuselten Haares überzogen ist. Sie liegt auf einer Decke, die Hubert Höge in einem Anfall von amour fou auf ihren Schreibtisch gelegt hat. Huberts Hände halten ihre gespreizten und angezogenen Beine an den Fesseln. Ihre Arme hat sie unter dem Kopf gekreuzt, weil sie zusehen soll, wie Hubert es aus der Hüfte heraus tut. Sie sieht, dass ihm dabei Schweißtropfen auf die Stirn treten.
    Jetzt muss er sich auch noch so anstrengen, denkt sie und überlegt, ob sie stöhnen soll. Schließlich ist das, was jetzt stattfindet, hier auf diesem tintenfleckigen Schreibtisch, das Glück, das unglaubliche, zitternd erhoffte, immer unmögliche, kerzenflackernd erflehte, die Erfüllung, die Offenbarung, wenigstens für einen Abend, wenigstens so lange, bis Hubert des Kontrollanrufes wegen nach Hause will.
    Denn Birgit musste zu ihrer Mutter.
    Huberts Stöße kommen wuchtiger. Die Schweißtropfen perlen auf Huberts Stirn. Irgendetwas tut ihr weh.
    Zu ihrer Mutter musste Birgit. Immer schneller wird Hubert. Es ist nur eine kleine Stelle, aber sie ist wund gescheuert. Schwimmunterricht, dreitausendfach verfluchter. Hallenbad, die schwarze tiefe Hölle soll dich holen und deine Pilze.
    Nie wieder werd ich Schwimmunterricht geben, wenn es Birgit müssend zu ihrer Mutter zieht.
    Hubert macht den Mund auf und ächzt.
    »Ja«, sagt Miriam, »komm, fick mich, zeig’s mir, mach mit mir, was du willst.«
    Nicht alle Tage muss Birgit zu ihrer Mutter.
     
    »Ich will ja nicht neugierig sein«, sagt der Arzt in der Ambulanz des Reutlinger Krankenhauses, »aber wo Sie sich diese schöne Schramme eingefangen haben, würde ich schon gerne wissen.«
    Grassl jammert leise auf, teils, weil ihm gerade allerhand Dreck- und Waldpartikel aus der aufgeplatzten Augenbraue
gezupft werden, teils, weil er sich eine Antwort überlegen muss. Zum Glück fällt ihm der Albtrauf ein.
    »Ich war auf der Alb, bei Wieshülen, und wollte – autsch! – und wollte den Abstieg nehmen, der dort ins Tal führt, aber ...« Plötzlich tat es wirklich ekelhaft weh.
    »Aber?«
    »Der Abstieg ist von den Regenfällen im Frühjahr unterspült, und ich bin ins Rutschen gekommen . . . konnte mich gerade noch an einer Wurzel festhalten.«
    »Na ja«, sagt der Arzt und beginnt die Wunde zu klammern. »Wenn es nicht so gewesen wäre, wie Sie sagen – ich hätte direkt gedacht, Sie haben Streit gehabt mit einem, mit dem Sie keinen Streit haben sollten.«
    Red du nur, denkt Grassl. Er hat fast eine Stunde gebraucht, bis er zum nächsten Dorf und zu einer Telefonzelle kam. Aber selbst dann war es noch schwierig genug. Der Taxifahrer wollte ihn, blutverschmiert wie er war, nicht mitnehmen. Wenigstens hatte Grassl seine Brieftasche nicht verloren. Und in seiner Brieftasche hat Grassl immer einen oder zwei Hunderter, für Notsituationen. Und mit einem Hunderter lässt sich auch ein ausgesprochen bornierter Taxifahrer überzeugen.
    Grassl überlegt, ob er einer größeren Katastrophe entronnen ist. Oder ob er sich vielmehr in einer ebensolchen befindet, und zwar

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