Die Schwarzen Roben
hier bleiben, um es herauszufinden.«
Er duckte sich nach links in eine Gasse, die womöglich noch enger und widerlicher als die letzte war. Die Geräusche des Aufruhrs wurden schwächer; bald konnten sie statt dessen das leichte Scharren und Rascheln von Ratten hören, die schleifenden Schritte eines lahmen Laternenanzünders auf dem Nachhauseweg und das Quietschen eines Gemüsehändler-Karrens, der von einer dürren Needra gezogen wurde.
Arakasi schlug die Kapuze hoch, bückte sich und trat in einen moosbewachsenen Eingang. »Wir sind da. Seid vorsichtig mit der Tür, der Torbogen ist sehr niedrig.«
Hokanu mußte sich weit vorbeugen, um einzutreten. Dahinter lag ein enger, unkrautbewachsener Hof mit etwas, das wie der von Heilpflanzen überwucherte Garten eines Heilers aussah. Mitten im Hof gab es einen Fischteich, der ebenfalls fast völlig von Unkraut und Riedgräsern zugewachsen war. Hokanu nutzte die Gelegenheit, um seine Füße zu waschen. Das Wasser war lauwarm und roch widerlich. Er fragte sich voller Ekel, ob womöglich Menschen oder Hunde den Platz als Abtritt benutzt hatten.
»Das war ursprünglich eine Zisterne«, flüsterte Arakasi, als ob er Hokanus Gedanken gelesen hätte. »Nach dem Geruch zu urteilen, kippt Korbargh seine Waschwasser hinein.«
Hokanu rümpfte die Nase. »Korbargh? Was ist das für ein Name?«
»Ein thurilischer«, antwortete der Supai. »Aber der Bursche stammt nicht aus dem Hochland. Ich würde sagen, daß eher das Blut der Wüstensöhne durch seine Adern fließt. Laßt Euch nicht täuschen. Er ist schlau, und er spricht ebenso viele Sprachen wie ich.«
»Und wie viele sind das?« wollte Hokanu im Flüsterton wissen.
Doch Arakasi hatte schon die Hand erhoben und pochte kräftig an das große Brett, das Korbargh als Haustür diente.
Die Tür wurde so heftig aufgerissen, daß Hokanu zusammenzuckte.
»Wer ist da?« schnarrte eine barsche Stimme von drinnen.
Gelassen antwortete Arakasi in der gutturalen Sprache der Wüstensöhne. Wer immer es war, den er angesprochen hatte, er versuchte die Tür wieder zuzudrücken, doch der Supai rammte sein Rauchfaß in die Öffnung, so daß sich das dicke Brett verklemmte. »Laß uns rein, wir wollen deinen Herrn sprechen, du verschlagener Zwerg – oder ich werde dir die Zunge herausreißen«, sagte er in einem tsuranischen Dialekt, den Diebe und Bettler benutzten. Hokanu hatte Arakasi noch nie in einem solchen Ton reden hören, der ihm kalte Schauer über den Rücken jagte.
Der Zwerg erwiderte etwas, das wie eine Obszönität klang.
»Das war nicht gut genug«, entgegnete Arakasi. Mit einem sanften Nicken forderte er seinen Gefährten im Büßergewand auf, mit ihm die Tür zu stürmen.
Außer sich vor Sorge um Mara, war Hokanu sofort mit Feuereifer bei der Sache. Er warf sich mit der Schulter mit solcher Kraft gegen das Brett, daß der Zwerg zurückgeschleudert wurde und die ledernen Angeln nachgaben. Die Tür krachte auf den Boden, und Arakasi und Hokanu stürmten in einen Raum, der als Empfangshalle zu dienen schien. Er war mit Terrakottafliesen ausgelegt, die Wände mit Friesen verziert, die aus einer Zeit stammen mußten, da die Nachbarschaft noch nicht so heruntergekommen gewesen war. Der Zwerg jammerte in einem Gemisch aus allen möglichen Sprachen über seine Finger, die er sich gequetscht hätte, und behauptete, daß der Türriegel, der aus seiner Halterung gerissen worden war und jetzt in tausend Teile zersprungen auf dem Fußboden lag, ihm einen Schlag auf den Kopf versetzt hätte.
»Der war sowieso vermodert«, meinte Hokanu, der sich die Splitter von der Schulter wischte. »Der hätte in seinem Zustand nicht einmal eine Ratte am Eindringen hindern können.«
Eine leichte Berührung von Arakasi gebot ihm zu schweigen. Hokanu gehorchte sofort, ohne sich über die Anmaßung zu entrüsten. Seine Augen weiteten sich, als ein großer, kräftiger, unglaublich muskulöser, in eine mit Li-Vögeln verzierte Robe gekleideter Mann den Raum betrat. »Habt Ihr nicht etwas von Wüstenblut erzählt«, murmelte er mit unterdrückter Stimme.
Arakasi beachtete Hokanus Bemerkung nicht weiter, sondern sagte zu dem Zwerg einige Worte in der Sprache der Wüstenbewohner, woraufhin die Kreatur mit ihrem Gezeter aufhörte, sich wie ein gehetztes Gazen aufrappelte und durch eine Nische in einer Seitenwand fluchtartig den Raum verließ.
»Bei den Göttern über uns«, dröhnte die Stimme des Riesen in dem femininen Gewand, »Ihr seid kein
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