Die Schwarzen Roben
Entschuldigungen, die Beteuerungen seiner Liebe. Daß das Leben einer Frau, die selbst soviel Leben in sich trug, durch die armselige Politik in Gefahr war, schien die grundsätzlichen Fehler der tsuranischen Gesellschaft nur noch zu unterstreichen: Fehler, die zu ändern Mara sich und die Acoma verpflichtet hatte. Hokanu schloß die Augen, um die Tränen zurückzuhalten, unsicher, ob seine Schwäche von dem tiefen Bedauern herrührte oder von seiner Wunde.
Er hätte nicht sagen können, wie lange er reglos dagesessen hatte, Gefühle bekämpfend, die der Frau unwürdig waren, die auf der Schlafmatte mit dem Tod rang. Doch als es an der Tür klopfte und er den Kopf hob, sah er, daß es draußen bereits Nacht und vollkommen dunkel war.
»Herein«, rief er, benommen von der plötzlichen Bewegung. Er erinnerte sich, daß er an diesem Tag noch gar nichts gegessen hatte; sicherlich war das der Grund.
Lujan trat herein und verneigte sich kurz. Obwohl er normalerweise um diese Zeit keinen Dienst mehr gehabt und sich beim abendlichen Essen bereits entspannt hätte, trug er noch immer seine Rüstung und das einfache Schwert, das er im Feld bevorzugte. Er war voller Staub und roch nach Schweiß, als er sich aufrichtete, den Lord mit einem durchdringenden Blick ansah, während er auf die Erlaubnis zu sprechen wartete.
Hokanu machte eine schwache Handbewegung.
»Mylord?« Der Ton der Frage war ungewöhnlich für den Kommandeur der Acoma.
Sicher würde jetzt eine taktvolle Frage bezüglich seines eigenen Gesundheitszustands kommen, dachte Hokanu und versteifte sich. Seine Hand schloß sich fester um Maras, und er sagte ein wenig barsch: »Ihr wollt Bericht erstatten?«
Lujan reckte das Kinn. »Ich nahm mir die Freiheit, einen Sondertrupp von Kundschaftern unter unserem Zweiten Kommandeur Irrilandi auszuschicken.« Der frühere Kommandeur der Minwanabi hatte schon Patrouillen in diesen Bergen befehligt, als Lujan noch nicht einmal geboren war.
Hokanu bedeutete dem Offizier der Acoma fortzufahren.
»Die Patrouille griff einen kleinen Trupp auf, der sich für einen Überfall bewaffnet hatte. Es kam zu einer Auseinandersetzung. Die meisten der Feinde sind tot, doch zwei wurden lebend gefangengenommen. Einer war bereit zu reden. Es scheint, als wären die fünf Bogenschützen, die Euch überfielen, nur Kundschafter gewesen. Sie hatten die Straße ausspionieren sollen, um den Ort für einen besseren Hinterhalt auszuwählen. Doch sie hatten nicht damit gerechnet, daß Ihr auf einem Pferd und in solcher Geschwindigkeit kommen würdet. Sie wurden überrascht und mußten sich schnell etwas einfallen lassen. Die anderen Männer, die sich als Banditen verkleidet hatten, waren noch nicht an Ort und Stelle, und es scheint, als hätte Euch nur die Gunst der Götter am Leben erhalten.«
Halb verwirrt durch seine schmerzende Wunde nickte Hokanu. »Konntet Ihr herausfinden, wer die Mörderbande beauftragt hat?«
Lujan zögerte, ehe er antwortete. Seine Augen blieben auf den Lord gerichtet, und blanke Sorge lag in ihnen, als er seine Daumen hinter seinem Gürtel vergrub. »Jiro«, meinte er schließlich. »Der Beweis ist eindeutig. Der Lord der Anasati steckt dahinter.«
Hokanu blinzelte, um seinen Kopf freizubekommen. »Dann wird er sterben müssen.«
»Nein. Hokanu, du darfst so etwas nicht einmal aussprechen. Wie können wir uns gegen das Edikt der Versammlung der Magier stellen?« murmelte eine schwache Stimme von den Kissen.
Lujan und Hokanu wirbelten herum.
Mara hatte die Augen geöffnet, sie wirkten klar und groß in dem abgespannten Gesicht. Ihre Finger verkrampften sich zitternd, umschlungen von der Hand ihres Mannes. »Wie können wir Jiro töten, wenn die Erhabenen die Blutfehde verboten haben?«
»Den Göttern sei Dank!« rief Hokanu. Er neigte sich über seine Frau und küßte sie auf die Wangen, obwohl die Bewegung ihn benommen machte. »Meine geliebte Mara, wie fühlst du dich?«
»Ziemlich verärgert«, gestand Mara. »Ich hätte es besser wissen müssen und die Schokolade nicht probieren sollen. Meine Gier, noch ein Handelsmonopol zu bekommen, hat mich beinahe umgebracht.«
Hokanu streichelte ihre Hand. »Ruh dich jetzt aus. Wir sind glücklich, daß du wieder bei uns bist.«
Mara zog die Stirn in Falten. »Was ist mit dem Baby? Was ist aus unserem Sohn geworden?« Ein Blick in Hokanus Gesicht sagte ihr alles, was sie wissen mußte. Sie schlang die Arme um sich und schloß die Augen. »Zwei Söhne«, flüsterte
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