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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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sie. »Zwei Söhne sind tot, und wir dürfen keine Vergeltung üben.« Der Satz schien ihr auch die letzte Kraft zu rauben, denn sie sank in tiefen Schlaf, die Zornesröte immer noch auf den Wangen.
    Bedienstete betraten sofort das Krankenzimmer, als die Lady eingeschlafen war. Ein Heiler zeigte ihnen, wie sie Maras Bettzeug lüften sollten, und ließ sie die Dochte in den Lampen löschen. Lujan wartete nicht auf Anweisungen, sondern trat zu Hokanu und zog ihn mit seinen starken Armen von Maras Seite.
    »Kommandeur!« knurrte der Lord der Shinzawai gereizt. »Ich kann allein gehen! Ihr seid für heute entlassen.«
    Lujan antwortete mit seinem entwaffnendsten Grinsen. »Ich stehe im Dienst meiner Lady, Lord Hokanu. Heute werde ich von einem Shinzawai keine Befehle entgegennehmen. Wenn Ihr einer meiner Krieger wärt, würde ich Euch geradewegs verbieten, mit einer solchen Wunde noch zu gehen. Und um die Wahrheit zu sagen: Ich fürchte den Zorn meiner Lady noch mehr. Ich werde dafür sorgen, daß Ihr den Arzt aufsucht, damit er die Pfeilspitze entfernen kann. Es würde Mara nichts nützen, wenn Ihr an Jiros Machenschaften sterben solltet, während sie schläft.« Sein Ton war beinahe unverschämt, doch in seinen Augen stand tiefe Dankbarkeit gegenüber dem Mann, der die Frau gerettet hatte, die ihnen beiden alles bedeutete.

    Der Arzt legte die blutbefleckten Instrumente beiseite und schaute von der Arbeit auf. Er begegnete Lujans Blick. Das Licht brachte den Schweiß auf seinem Gesicht zum Glänzen und offenbarte seine Anstrengung. »Nein, das Licht reicht«, sagte er heiser. »Ich kann genug sehen, um zu arbeiten.«
    »Dann ist die Prognose nicht gut«, flüsterte Lujan. Seine Hände blieben ruhig und fest auf Hokanus Bein; es war nicht nur für den verletzten Mann eine Beruhigung, sondern auch für den Heiler, der nicht mit einem unangebrachten Zucken rechnen mußte. Hokanu war mit San-Wein mit einem Schuß narkotisierender Kräuter benommen gemacht worden und begriff möglicherweise nicht gut genug, wo er war oder was geschah, um seiner Ehre zu genügen und sich still zu verhalten. Doch wie verwirrt das Bewußtsein eines Mannes auch sein mochte, sein Geist blieb klar. Wenn die Neuigkeiten schlecht sein würden, brauchte Hokanus Wallum, sein inneres Selbst, nichts davon zu erfahren, bevor er sich genügend erholte und seine Selbstbeherrschung wiedererlangt hatte.
    Doch entweder hatte Lujan nicht leise genug gesprochen, oder der verwundete Mann war nicht willens, sein Bewußtsein so weit aufzugeben, um geschont zu werden. Hokanu schüttelte schwach den Kopf. »Wenn etwas nicht in Ordnung ist, möchte ich es sofort wissen.«
    Der Heiler wischte seine Hände an einem Tuch ab. Er strich sich auch über die Stirn, obwohl es im Krankenzimmer nicht heiß war, warf Lujan einen sorgenvollen Blick zu, und als der nickte, sah er Maras Mann an. »Die Pfeilspitze ist entfernt, Lord. Doch sie steckte tief im Knochen, und Eure Bewegungen haben viel Schaden angerichtet. Sehnen und Bänder sind beschädigt, einige so sehr, daß meine Fähigkeiten sie nicht retten können.« Er fügte nicht hinzu, daß die Wunde tief war und die Verletzungen eine Infektion verursacht hatten. Er würde Umschläge machen, doch das war alles, was er tun konnte.
    »Wollt Ihr damit sagen, daß ich nie wieder gehen werde?« Hokanus Stimme zitterte nicht, doch in ihr lag die Schärfe eines Befehls.
    Der Heiler seufzte. »Ihr werdet gehen können, Lord. Doch Ihr werdet niemals wieder eine Schlacht anführen. Ihr werdet hinken, und Euer Gleichgewicht ist beeinträchtigt. In einem Kampf würde jeder Feind es bemerken und könnte Euch schnell töten. Mylord, Ihr dürft niemals mehr eine Rüstung tragen.« Er schüttelte mitleidsvoll den grauhaarigen Kopf. »Es tut mir leid. Das ist das Beste, was ich versprechen kann.«
    Hokanu wandte sein Gesicht der Wand zu; er war absolut still. Er ballte nicht einmal die Hände zu Fäusten; seine Wut und sein Schmerz blieben verborgen. Doch Lujan, der ebenfalls ein Krieger war, kannte seine Gedanken: daß er trotz allem der Erbe seines Vaters war und den Shinzawai als Kommandeur gedient hatte. Es war nicht gut für einen Mann, der den Mantel eines großen Hauses erben würde, wenn er ein Krüppel war. Lujan spürte das winzige Zittern der Sehnen unter seinen Händen. Sein Herz verkrampfte sich, doch er durfte kein Mitleid zeigen, wenn Hokanus verzweifelte Bemühung um Würde nicht umsonst sein sollte.
    Der Mann, den Mara

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