Die Schwarzen Roben
Zeichen auf der einen Seite konnte er den Wischlappen kaum noch ruhig halten. Dreimal hin und her, und die Tafel war leer, die Symbole und Daten seinem Gedächtnis übergeben. Äußerlich war ihm nichts anzumerken, doch sein Herz schlug plötzlich doppelt so schnell.
Denn »roter Junge« war der Kodename für die Anasati und der Buchhalter ein sorgfältig eingesetzter Agent. Die ausgetauschten Informationen hatten große Summen in Metall bedeutet, die der Erste Berater der Anasati ausgegeben hatte. Dies war nicht zum Zwecke eines Handels geschehen; einen solchen hätte der Hadonra unterzeichnet. Eine der Summen war geborgt worden, kurz vor der Zeit von Arakasis gefährlichem Erlebnis in dem Seidenlager. Konnte es sein, daß die beiden Ereignisse miteinander zusammenhingen? Und die anderen beiden Daten vor kurzer Zeit waren möglicherweise Zahlungen an die Hamoi Tong, Blutgeld für Attentate.
Arakasi polierte die letzte Tafel und schlurfte zurück zum Tisch des Buchhalters. Er fuhr fort, den Boden zu wischen und fluchte laut, als der Buchhalter mit einem Stück Thyza-Papier auf den Mülleimer zielte und ihn verfehlte. Das zerknitterte Papier landete neben Arakasi auf den geputzten Fliesen. Er hob es auf, verneigte sich unterwürfig und steckte es in den Papierkorb. Doch ein zweites Stück verschwand in seiner Handfläche und dann in seinem Lendenschurz.
Er erduldete die Tritte und Stöße der Kaufleute, während er den Gang schrubbte, bis er Schutz in einer entfernten Ecke fand.
Kurz bevor geschlossen werden sollte, als die Stimmen am lautesten und die anwesenden Personen am angespanntesten waren, erschien ein aufsehenerregend gekleideter Kaufmann am Tisch des Buchhalters, der Arakasis Agent war. Er ließ seinen Blick rasch im Zimmer umherschweifen, sah, daß alle Angestellten beschäftigt waren, und stellte eine Frage.
Der sichtbar nervös gewordene Buchhalter ließ die Kreide sinken. Arakasi tauchte seine Bürste in den Eimer und machte sich an einer neuen Stelle auf dem Boden zu schaffen, doch er neigte den Kopf dabei so, daß er unter seinem Arm hindurch die Unterhaltung am Tisch des Buchhalters deutlich mitverfolgen konnte.
Die beiden Männer unterhielten sich einige Minuten. Unsichtbar für jene, die standen – doch nicht für einen auf dem Boden knienden Diener –, wechselten Münzen den Besitzer. Der Kaufmann blickte nach links und rechts, die Augen glänzend vor Erregung.
Arakasi unterdrückte vor sich hin murmelnd ein Stirnrunzeln. Wo habe ich diesen Mann schon einmal gesehen? fragte er sich. Wo? Und nach einiger Zeit begriff er, der außerordentlich fähig darin war, unwichtige Einzelheiten von wichtigen zu trennen, egal wie nebensächlich sie auch gewesen sein mochten.
Er begriff mit einem Gefühl höchster Erregung, daß der als auffälliger Kaufmann verkleidete Mann kein anderer war als Chumaka, der Erste Berater der Anasati!
»Bei Chochocans Gunst«, murrte er. »Dieser verdammte Boden nimmt kein Ende.« Er zog den Eimer etwas zur Seite und versperrte dadurch den Weg zur Toilette. Einen Augenblick später erhielt er wieder einen Stoß in die Rippen, als der Buchhalter, dem Ruf seines Körpers folgend, über ihn stolperte.
»Elender Tolpatsch!« Er bückte sich, um ihm zur Strafe noch einen Schlag zu versetzen, und stieß zwischen zwei Flüchen hervor: »Der Kaufmann wollte wissen, ob jemand sich für die Konten der Anasati interessiert hat. Ich habe ihm gesagt, daß mehrere zwielichtige und zweifelhaft aussehende Gestalten mir zu diesem Zweck Bestechungsgelder angeboten haben, nur um ihn etwas nervös zu machen.«
Arakasi unterdrückte ein Grinsen und preßte das Gesicht gegen den Boden, wie es sich für einen Sklaven, der sich entschuldigte, gehörte. »Es tut mir leid, Herr, es tut mir leid. Das sind verdammt interessante Neuigkeiten, und vergebt mir meine Unbeholfenheit, ich bitte Euch.«
»Nichts ist dir vergeben!« rief der Buchhalter. »Raus auf die Straße mit dir! Schrubb die Treppe! Und achte darauf, falls irgendwelche Straßenbälger an den Säulen zur Gasse hin Wasser gelassen haben, wenn du schon dabei bist.«
Arakasi verbeugte sich und schlich dann hastig durch die Tür nach draußen. Doch obwohl er die besten Straßenkinder aufforderte, die Spur des Kaufmanns aufzunehmen, konnte Chumaka nicht gefunden werden.
Gegen Sonnenuntergang mußte Maras Supai dem Mann einige Schlauheit zugestehen. Er war besorgt. Ihn fröstelte bei dem Gedanken, daß er im gegnerischen Lager auf
Weitere Kostenlose Bücher