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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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er da, erduldete das Kribbeln der ziellos über Wangen und Hände krabbelnden Insekten. Eine Mischung aus Hochgefühl und Bedauern erfüllte ihn: Hochgefühl, daß er es so weit geschafft hatte, ohne entdeckt zu werden; Bedauern, weil noch so viele Aufgaben zu erledigen waren.
    Kleine Risse im Gips unter ihm ließen ein orangefarbenes Glühen sichtbar werden. Bedienstete hatten die Lampen entfacht, was bedeutete, daß die Nacht hereingebrochen war. Er hörte das silbrige Lachen der Frauen; der Klang der einen erinnerte ihn an eine andere Frau und an einen Nachmittag zwischen seidenen Bettlaken. Arakasi rührte sich etwas und schalt sich. Kamlio drängte sich viel zu häufig in seine Gedanken: das Gefühl ihrer vollen Haare unter seinen Händen, ihrer zarten Haut und ihrer Küsse; allein bei der Erinnerung an sie brach ihm vor Verlangen der Schweiß aus. Doch was seinen Verstand immer wieder bedrängte, war nicht nur die körperliche Vereinigung. Er träumte von ihren tiefgründigen Augen, deren Intelligenz abwechselnd von Langeweile verschleiert wurde oder nur verschlagen wirkte. Sie gab sich hart, doch es war ein Zynismus, der einen Abgrund an Schmerzen überdeckte. Er wußte genauso sicher, wie seine Hände und sein Körper ihr Vergnügen bereitet hatten, daß er nach einer gewissen Zeit Zugang zu ihrer liebevollen Seite erhalten würde, die sie wie einen Schatz in sich verschloß.
    Wenn er diesen Auftrag überlebte, würde er ihre Freiheit erkaufen, ihr vielleicht die berauschenderen Freuden des freien Lebens zeigen. Wenn sie ihn haben wollte; wenn sie Männer nicht nach einem lebenslangen Eingehen auf die Launen verschiedener Herren ganz und gar verabscheute … Arakasis Lippen kräuselten sich voller Selbstverachtung. Er träumte! Er träumte wie ein liebeskranker Junge! Hatte das Leben ihn nicht gelehrt, den unvorhersehbaren Wünschen des Herzens niemals Aufmerksamkeit zu schenken?
    Er unterdrückte den Wunsch zu fluchen.
    Es war eine Ironie der bittersten und schwärzesten Sorte, daß diese Mission, durch die er sie kennengelernt hatte, ihr äußersten Schaden zufügen konnte. Seine Vernunft sagte ihm in der erstickenden Hitze unter dem Dachbalken: Es würde ein Wunder der Götter benötigen, wenn er lebend aus dieser Unternehmung hervorgehen wollte. Es sprach jetzt alles dafür, daß er seinen Schlag gegen den Obajan wie geplant durchführen konnte. Doch selbst, wenn er glücken und sich als tödlich erweisen sollte, schien es unmöglich, anschließend den besten Tong-Attentätern zu entkommen und danach dem rachsüchtigen Zorn des Tiranjan, des Nachfolgers des Obajan.
    Arakasi zitterte vor Müdigkeit und Anspannung. Er veränderte den Griff um das eine Messer, das glitschig geworden war vom Schweiß seiner Zweifel. Wie konnte eine Zauberin von Kurtisane ihn nur dazu verführen, daß er ihr Wohlergehen über den Willen Maras stellte, seiner Mistress, deren Leben er mehr als sein eigenes liebte? Und doch hatte Kamlio genau das getan. Für Mara würde der Obajan der Hamoi Tong sterben. Doch der Supai begriff, daß wenn er die Folgen überlebte, ein kleiner, verschlossener Teil in ihm sein eigener bleiben mußte. Seine Sorge um die Kurtisane, möglicherweise Liebe, die aber ihre Wurzeln auch in närrischem Mitleid haben konnte, schrie geradezu danach, untersucht zu werden. Die Selbstachtung, die er mit der Zerstörung des Hauses Minwanabi wiedererlangt hatte, verlangte dies: daß er seine Bedürfnisse als Mann wahrnahm und sie mit den Pflichten, die ihn täglich der Gefahr aussetzten, in Einklang brachte.
    Tausende von Malen wäre er namenlos gestorben, in der Verkleidung eines Bettlers, Wanderpredigers, Seemanns, Wahrsagers, Gewürzhändlers, Gemüseverkäufers oder Boten. Und Tausende von Malen hatte er sich solchen Gefahren ohne Zögern entgegengestellt, denn er hatte in den Abgrund geschaut und fürchtete den Tod nicht. Doch jetzt, wo er eine Behinderung am allerwenigsten gebrauchen konnte, zählte es plötzlich. Wenn der Tod ihn ergriff, wollte er, daß seine Asche ehrenvoll auf dem Land der Acoma lag, und die hübsche Kurtisane mit den mißmutigen Augen sollte am Scheiterhaufen weinend seinen Namen rufen. Jetzt, da seine Identität um jeden Preis ein Geheimnis bleiben mußte, belastete ihn dieses Gefühl.
    Der Fortbestand der Acoma, dessen geliebte Lady ihm wieder zu Ehren verholfen hatte, und möglicherweise das Kaiserreich selbst hingen von seiner fehlerlosen Selbstbeherrschung ab. Arakasi hatte eine

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