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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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vorbeihuschte.
    Noch mehr Attentäter strömten in den Garten. »Wo ist er?«
    Der Mann mit dem Schwert hielt inne. »Ich habe etwas gehört.«
    »Schnell!« rief der zweite Wächter. »Wir brauchen Fackeln! Der Mörder entkommt, während wir noch zögern!«
    Sie verteilten sich, durchkämmten den Garten, während Männer mit Fackeln herbeikamen und die Suche unterstützten. Arakasi ließ sich vom Dach herunter. Ein Schatten in der Dunkelheit, verschwand er hinter einem angrenzenden Laden und schlich zurück ins Haus. Noch hatten die Verfolger nicht daran gedacht, ihn dort zu suchen.
    Immer mehr Männer strömten aus dem Schlafzimmer. Sie trafen den ersten, der wieder von draußen zurückkehrte. »Er muß über die Mauer geflüchtet sein. Sucht die Grenze ab, bevor er tatsächlich entkommt!«
    Laute Fragen erschollen aus dem Haremsinnern. Die Neuigkeit vom Tod des Obajan hatte die Bediensteten geweckt, und einige gerieten in Panik. Die Tong waren rasch und unbarmherzig in ihrer Rache, und da das Haus so gut bewacht wurde, würden sie schnell vermuten, daß wer immer ihren Herrn getötet hatte, einen Komplizen oder eine Komplizin unter der Dienerschaft haben mußte. Möglicherweise würden alle umgebracht werden, um zu verhindern, daß die verräterische Person überlebte. Die intelligenteren Bediensteten begriffen, daß ihre beste Chance in der Flucht lag. Furcht allein kettete diese Unglückseligen an die mörderische Bruderschaft; die meisten würden die Aussicht auf eine unsichere Zukunft vorziehen, statt sich einem unehrenhaften Tod zu stellen.
    Arakasi konnte nur hoffen, daß die Verwirrung durch die Dutzenden von erschreckten Bediensteten ihm entgegenkam, denn wenn auch jeder vernünftige Mensch zu fliehen versucht hätte, war sein Auftrag noch nicht ganz abgeschlossen. Um Maras willen mußte er in das Arbeitszimmer des Obajan zurückkehren und die Pergamentrolle mit den Auflistungen der Tong stehlen.
    In dem Schlafzimmer war es jetzt still. Arakasi mußte damit rechnen, daß die Wachen ihren toten Herrn im Eifer des Gefechts zurückgelassen hatten. Er betrat den Raum durch die selbe Tür, durch die er geflohen war, und fand sich dem Anblick eines Gemetzels gegenüber.
    Überall im Umkreis von drei Metern vom Bett war Blut. Neben dem abgeschlachteten Herrn kauerten zwei nackte Mädchen; das Sternenlicht malte ihre Körper in silbrigen Konturen. Eine von ihnen starrte ihn schweigend an. Mit halbwahnsinnigen, monotonen Bewegungen versuchte sie, scharlachrotes Blut von der hoffnungslos verschmierten Haut zu wischen. Die andere krümmte sich wimmernd in den Laken. Sie war von einem Giftpfeil getroffen worden und konnte sich nicht mehr erheben. Mit grimmiger Entschlossenheit holte Arakasi sich zwei Messer zurück; das eine zog er aus dem Nacken des Obajan und das andere aus dem Bauch eines Wächters, der zu Füßen seines Herrn lag.
    Arakasi trat ans Fußende des Bettes und betrachtete die verwundete Kurtisane. Er hielt jäh inne, seine Aufmerksamkeit gegen seinen Willen von ihrem Anblick gefesselt. Die Haare der jungen Frau ergossen sich wie ausgelaufenes Öl im Mondlicht um ihr Gesicht, hellgolden und glänzend. Ihr Gesicht war nach oben gewandt und wurde vom flackernden Fackellicht aus dem Garten beleuchtet. Seine Brust zog sich zusammen, als er erkannte, daß sie die gleichen Gesichtszüge hatte wie ihre Schwester.
    Sie waren Zwillinge.
    Arakasi war wie betäubt, und auch seine Vernunft vermochte ihn nicht zur Besinnung zu bringen. Wie sie so im Mondlicht dalag, die Hände hilflos nach dem Pfeil greifend, der aus ihrer Brust ragte, konnte er sie nicht von der Frau unterscheiden, die er berührt, mit der er geschlafen hatte. Ein schmerzhafter Stich schoß durch seinen Kopf und drohte ihm den Atem zu rauben. Mühsam versuchte er, auf seine kalte, analytische Herangehensweise zurückzugreifen. Er war der Supai der Acoma, auf einer Mission für die Gute Dienerin des Kaiserreiches. Er mußte seinen Verstand behalten und die Pergamentrollen des Obajan finden.
    Doch als er seine starken Nerven am bittersten benötigte, verließ ihn sein gefühlloses Wesen. Vor der sterbenden Kurtisane schien sein eigenes Überleben plötzlich so bedeutungslos wie der Versuch, Sonnenlicht mit bloßen Händen einzufangen
    Arakasis Intellekt schrie förmlich danach, Mara die Treue zu halten, während sein Herz ihn neben dem verletzten Mädchen auf die Knie zwang. Zeit und Umstände verschwammen vor seinem Bewußtsein. Er konnte nicht

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