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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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damit ihn der knirschende Kies nicht verriet. Licht flackerte zwischen den Bäumen auf. Arakasi tauchte bäuchlings nach unten und zwängte sich unter den Boden einer Zierbrücke. Das Wasser in dem kleinen Bach stand um diese Jahreszeit hoch, und das Rauschen übertönte sein Plätschern. Er fand gerade genug Platz für seinen Kopf unter dem Mittelbalken, um sich nicht zu verraten. Das Geräusch der Strömung über einem Stein verbarg seine Atemzüge, als er erstarrte. Sein Herz schlug schneller. Eine Gruppe Männer kam den Pfad entlang. Vier trugen die schwarze Kleidung der Attentäter, mit weißen Schärpen, die von ihrem hohen Rang kündeten. Zwei weitere, Wachen, schritten rechts und links von ihnen. Einer der beiden Männer, die sie beschützten, war dünn und trug ein Seidengewand mit Hamoi-Blumenmustcr, und seine Augen huschten unruhig hin und her. Doch es war der andere Mann, der Arakasis Aufmerksamkeit erregte.
    Dieser hatte einen stämmigen Körperbau, doch ohne ein Gramm Fett. Er trug ein wehendes, braunes Gewand, und die zurückgeworfene Kapuze enthüllte ein Gesicht, das draußen immer verborgen sein würde. Der Mann, der früher möglicherweise einen Wanderpriester oder Mönch abgegeben haben mochte, zeigte stolz den komplizierten Knoten und die lange Skalplocke, die von seinem außergewöhnlichen Rang kündeten. Auf seinem ansonsten rasierten Schädel befand sich eine komplizierte rote Tätowierung, die nur einen Obajan schmücken durfte.
    Arakasi grinste, als er in der Dunkelheit die dumpfen, knirschenden Schritte über sich vernahm; seine Mühe war also nicht umsonst gewesen. Er war nur eine Handbreit vom Herrscher der Hamoi Tong entfernt.
    Doch noch war die Zeit zum Zuschlagen nicht gekommen. Die Wachen durchstöberten die Büsche zu beiden Seiten des Pfads. Der ungewöhnlich hohe Wasserstand machte es in der schmalen Spalte unter der Brücke für einen Menschen von normaler Größe unmöglich, sich zu verstecken, ohne daß sich das Wasser staute. Und tatsächlich hätte sich kein gewöhnlicher Mann außerhalb des Bachs einkeilen können, indem er die Ellenbogen gegen die Seitenbalken stemmte. Arakasi ignorierte die Schmerzen in seinen Muskeln. Jetzt waren vierundzwanzig Attentäter in dem Herrenhaus. Er unterdrückte seinen Stolz. Selbst das zufällige Aufblitzen seiner Zähne konnte ihn verraten. Achtzehn oder vierundzwanzig Attentäter – er war dabei, seinen Kopf in den Schlund eines Harulths zu stecken und den gefährlichsten Jäger ganz Kelewans herauszufordern.

    Als die pechschwarze Nacht sich schließlich aufzulösen begann, zitterte Arakasi vor Müdigkeit. Er lag jetzt halb im Wasser und dankte Chochocan, dem Guten Gott, daß die Anwesenheit des Obajan nicht zu einer Veränderung bei den Patrouillen geführt hatte. Er zwang sich, seinen Magen mit Wasser zu füllen. Er hatte die hoffnungsloseste Tat seines Lebens vor sich, als er sich darauf vorbereitete, in das Haus zu gelangen. Die nächste Wache tauchte genau nach Plan auf. Arakasi blinzelte unter der Brücke hervor. Als der Mann aus seinem Blickfeld verschwunden war, glitt der Supai lautlos ins Freie. Der Tau würde die Tropfen verbergen, die von seiner nassen Kleidung herunterfielen. Er bewegte sich rasch, wissend, daß er den Abstand zwischen den beiden Männern einhalten mußte, die jeden begeistert töten würden, den sie fanden. Wenn der vor ihm innehielt, um sich irgendwo zu kratzen, oder der hinter ihm schneller als üblich ging, mochte Arakasi tot sein, noch bevor er merkte, daß er entdeckt worden war.
    Der Supai widerstand der Versuchung, seine Geschwindigkeit noch zu erhöhen. Nur wenige Situationen verlangten eine so präzise Kontrolle. Er bewegte sich so ruhig wie möglich weiter, indem nur die Unterarme, Knie und Zehen den Boden berührten. Die Auswirkung auf seine körperliche Kraft war enorm.
    Nach etwa siebzig Metern brach Arakasi zusammen. Es wurde ihm schwindlig, als er die Luft anhielt, doch er zwang sich, angestrengt auf ein Zeichen zu lauschen, daß er gesehen worden war. Nichts geschah. Er betrachtete den Himmel. Das schwache Grau kurz vor der Dämmerung wurde langsam heller. Aus Erfahrung wußte er, daß die Wachen in der Morgen-und Abenddämmerung am schlechtesten sehen konnten, wenn alles zu undeutlichen Schatten zu werden schien.
    Schritte erklangen. Die Wache, die hinter ihm gewesen war, ging nur einen Meter an ihm vorbei. Doch der Mann hatte seine Aufmerksamkeit auf die Mauer gerichtet, nicht auf den Boden

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