Die Schwarzen Roben
Schritte hallten durch den großen Saal, dessen Papierläden an beiden Seiten zugezogen worden waren. Die Dachbalken waren mit staubigen Kriegsrelikten und einer ehrwürdigen Sammlung von erbeuteten feindlichen Flaggen behängt. Diese Gegenstände erinnerten an eine Zeit, da die Anasati in historischen Kämpfen an vorderster Front gestanden hatten. Sie bekannten sich zu einer uralten Tradition der Ehre. Sie würden wieder genauso hoch aufsteigen, schwor Jiro; nein, noch höher. Denn er würde Maras Niederlage herbeiführen, ein Sieg, der durch das ganze Kaiserreich hallen würde.
Er allein würde beweisen, daß Mara das Mißfallen der Götter auf sich gezogen hatte, als sie den Bediensteten ihres Feindes Begnadigung gewährt hatte. Ohne Hilfe würde er Vergeltung dafür üben, daß sie sich so über die Traditionen erhoben hatte. Und wenn sie starb, würde sie in seine Augen blicken und wissen: Sie hatte ihren schwersten Fehler an dem Tag begangen, da sie Buntokapi zu ihrem Mann wählte. Im Gegensatz zu der gewaltigen Halle der Minwanabi, die Mara geerbt hatte, war die große Halle der Anasati in ihrer Ausstattung den Traditionen genauso verpflichtet wie die meisten uralten Rituale im Tempel. Jiro aalte sich darin; obwohl nicht anders als Hunderte von Hallen anderer Herrscher, war dieser Raum doch einzigartig: Er war Anasati. Zu beiden Seiten des Mittelgangs knieten Bittsteller und Gefolgsleute der Anasati. Omelo, sein Kommandeur, stand in Habachtstellung an einer Seite des Podests, auf dem Jiro den Geschäften des Hofs nachging. Hinter ihm warteten die anderen Offiziere und Berater des Haushalts.
Jiro stieg auf das Podest, kniete sich auf die für ihn als Lord vorgesehenen Kissen und ließ sich auf den Fersen nieder, während er die offizielle Robe zurechtzupfte. Bevor er seinem Hadonra das Zeichen gab, mit dem Rat dieses Tages zu beginnen, meinte er zu seinem Ersten Berater: »Ich muß ganz sicher wissen, ob die Tong Mara aus eigenen Gründen verfolgen. Dann können wir besser Pläne schmieden, wenn die offizielle Nachricht vom Tod Ayakis eintrifft.«
Chumaka klatschte in die Hände, und ein Diener trat zu ihm. »Zwei Läufer sollen in meine Gemächer kommen, wenn ich soweit bin.« Während der Diener sich verneigte und davoneilte, verbeugte er sich ehrerbietig vor seinem Herrn. »Lord, ich werde sofort beginnen. Ich habe einige neue Quellen, die uns mit besseren Informationen versorgen können.« Als Chumaka den harten Glanz in Jiros Augen sah, berührte er den Ärmel seines Herrn. »Wir müssen uns zurückhalten, bis Maras Bote mit der formellen Mitteilung über Ayakis Tod hier war. Wenn Ihr jetzt sprecht, wird Euer Haushalt tratschen. Es wird uns schwerlich dienen, wenn wir unseren Feinden den Beweis liefern, daß wir Spione an empfindlichen Stellen haben.«
Jiro entzog sich Chumakas Berührung. »Ich verstehe, doch bittet mich nicht um Selbstgefälligkeit! Alle im Dienst der Anasati werden trauern. Ayaki von den Acoma, mein Neffe, ist getötet worden, und jedes Mitglied meines Haushalts – bis auf die Sklaven – wird das rote Band des Verlusts am Arm tragen. Wenn die Geschäfte dieses Tages beendet sind, werdet Ihr eine Ehrengarde für eine Reise nach Sulan-Qu vorbereiten.«
Chumaka schluckte seinen Ärger hinunter. »Wir nehmen an der Beerdigung des Jungen teil?«
Jiro bleckte die Zähne. »Er war mein Neffe. Zu Hause zu bleiben, während seine Gebeine geehrt werden, würde von Verantwortungslosigkeit oder Feigheit zeugen, und wir sind weder des einen noch des anderen schuldig. Mag er der Sohn meiner Feindin gewesen sein, mag ich seine Mutter jetzt ohne Einschränkung vernichten – er hatte doch Anasati-Blut in seinen Adern. Er verdient den Respekt, der jedem Enkel von Tecuma von den Anasati zusteht. Wir werden ein Familienrelikt mitnehmen, das mit ihm verbrannt werden kann.« Jiros Augen blitzten, als er endete: »Die Tradition verlangt unsere Gegenwart.«
Chumaka behielt seine Vorbehalte gegenüber der Entscheidung für sich, als er sich zustimmend vor den Wünschen seines Herrn verbeugte. Wenn auch der Platz eines Ersten Beraters an der Seite seines Lords war, um ihn bei den das Haus betreffenden Entscheidungen zu begleiten und zu führen, so pflegte Chumaka sich doch über die eher nüchternen Aufgaben seines Amtes zu ärgern. Das Spiel des Rates hatte sich dramatisch geändert, seit Mara von den Acoma zum ersten Mal die Arena betreten hatte; und doch war es noch immer das Spiel, und nichts auf
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