Die Schwarzen Roben
Pechta.« Er zog ebenfalls einen runden Gegenstand aus seinem Gewand und verschwand einen Augenblick später. Die anderen Magier taten es ihm gleich. Mara und ihre schockierten Offiziere blieben allein auf dem Hügel zurück.
Von unten aus dem Tal klangen Schreie herauf, als Offiziere den verwirrten Soldaten Befehle zuriefen. Zahllose Krieger marschierten die Hügel hoch; einige schienen bestrebt, schnell Abstand zwischen sich und das durch Magie herbeigeführte Gemetzel zu bringen, während andere zögerten, dem Feind den Rücken zu kehren, der sich aus dem gleichen Grund zurückzog wie sie selbst. Saric rappelte sich wieder auf, während Lujan seiner Lady half, ebenfalls aufzustehen. »Beeilt Euch und schickt weitere Boten los«, sagte sie mit rauher Stimme zu ihrem Kommandeur. »Wir müssen schnell die Streitmacht des Clans auflösen, bevor noch weiteres Unglück geschieht.«
Mara schluckte schwer; sie fühlte sich noch immer elend. Sie machte Saric ein Zeichen. »Und dann – mögen die Götter uns gnädig sein – veranlaßt diese schreckliche Sache: Löscht die Pechta aus.«
Saric nickte; er brachte kein Wort heraus. Er besaß eine gute Menschenkenntnis, und die Erinnerung an Tapek jagte ihm kalte Schauer den Rücken hinunter. Mara mußte die schlimmste Bestrafung durchführen, die man sich vorstellen konnte: die vollständige Vernichtung einer loyalen Clan-Familie – und aus keinem anderen Grund als jugendlichem Ungestüm. Nur weil seine Mistress den Clan angerufen hatte, hatte der junge Lord langsam und qualvoll sterben müssen; noch vor Einbruch der Nacht würden seine junge Frau und seine kleinen Söhne tot sein, genau wie sämtliche Cousins und Verwandte, die seinen Namen trugen. Daß sie selbst es war, die diesen ungerechten Befehl ausführen mußte, durchdrang Maras Trauer um Ayaki. Zum ersten Mal, seit der große schwarze Wallach über dem Körper ihres Sohnes zusammengebrochen war, leuchtete in ihren Augen ein Funke wiedererwachten Gefühls für andere und verdrängte ihr Selbstmitleid.
Saric sah es, als er davontrottete, um die schreckliche Aufgabe auszuführen, die den Acoma von den Erhabenen auferlegt worden war. Hokanu bemerkte es ebenfalls, als er seine Lady auf dem Weg zurück ins Kommandozelt stützte. Das magische Feuer der Erhabenen hatte die Wunden ihres Geistes versiegelt. Statt dem zur Besessenheit gewordenen Wunsch, sich an Jiro zu rächen, brannte jetzt in ihr eine wilde Wut.
Mara hatte sich wieder erholt. Hokanu spürte bittersüße Erleichterung angesichts dieser Veränderung. Er bedauerte die Vernichtung der Pechta; doch die Frau, die er liebte, war endlich wieder die gefährlichste Spielerin des Spiels des Rates, die das Kaiserreich jemals gekannt hatte. Mit einer Handbewegung entließ sie die Bediensteten, die herbeieilten, um das Durcheinander im Zelt in Ordnung zu bringen. Als auch die letzten sich diskret zurückgezogen hatten, beauftragte sie Irrilandi, die Zeltklappen loszubinden, um für eine private Atmosphäre zu sorgen.
Keyoke trat ein, als die letzte Türklappe herunterfiel. Er zündete anstelle des Dieners die Lampen an, während Mara auf und ab schritt. Voller unterdrückter Erregung, ja fast gereizt, betrachtete sie die Mitglieder ihres Haushalts, die im Halbkreis vor ihr saßen. Ihre Stimme klang ausdruckslos. »Sie wagen es …«
Keyoke versteifte sich. Er warf Hokanu, der genauso sprachlos war wie die anderen, einen entsetzten Blick zu. Mara erreichte das Durcheinander aus heruntergefallenen Vorhängen, dann wirbelte sie herum. »Nun, sie werden es lernen.«
Irrilandi, der ihre Stimmungen nicht so gut kannte wie die anderen, preßte die Faust wie zum Gruß auf sein Herz. »Lady, Ihr sprecht doch sicherlich nicht von den Magiern?«
Mara wirkte winzig im Laternenlicht, das die Schatten in die hintersten Ecken des großen Zelts zurückdrängte. Einige Augenblicke verstrichen, in denen nur die unterdrückten Rufe der Offiziere zu hören waren, die draußen noch immer die Truppen zusammenstellten. Angespannt wie eine Bogensehne, erklärte Mara: »Wir müssen etwas tun, was es niemals zuvor in der Geschichte des Kaiserreichs gegeben hat, meine treuen Freunde. Wir müssen einen Weg finden, wie wir den Willen der Erhabenen umgehen können.«
Irrilandi stockte der Atem. Selbst Keyoke, der sein ganzes Leben lang auf vielen Feldzügen immer wieder dem Tod ins Auge geblickt hatte, schien bis ins Innerste erschüttert zu sein. Doch Mara fuhr grimmig fort: »Wir haben
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