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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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– um nur ja kein Geräusch zu verursachen – schob der Supai seine Hand Zentimeter um Zentimeter hinunter, um den kleinen Dolch in seinem Gürtel zu packen. Mit dem Schwert war er schon immer unbeholfen gewesen, dafür konnte er außergewöhnlich gut mit dem Messer umgehen. Wenn er seinen Gegner sehen würde, könnte er dieses nervenzerfetzende Warten beenden. Doch wenn er einen Wunsch frei hätte, würde er die Götter des Betrugs und der Glücklichen Fügung nicht um Waffen bitten, sondern darum, ganz weit fort von hier zu sein. Arakasi wußte nur zu gut, daß er kein Krieger war. Er hatte bereits zuvor getötet, doch er verließ sich zur Verteidigung lieber auf seinen Verstand, auf eine Überraschungstaktik, die ihm den ersten Schlag sicherte. Dies war das erste Mal, daß er wirklich in die Enge getrieben worden war.
    Ein Scharren erklang am anderen Ende der Lagerhalle. Arakasi hielt die Luft an, als ein loses Brett quietschte und beiseite geschoben wurde, um einen zweiten Mann einzulassen.
    Der Supai atmete vorsichtig aus. Die Hoffnung, den Mann mit List töten zu können, war dahin. Jetzt mußte er gegen zwei Feinde vorgehen. Licht flackerte auf, als der Deckel einer Handlaterne geöffnet wurde. Arakasi blinzelte, um seine Fähigkeit, im Dunkeln sehen zu können, nicht zu verlieren. Seine Situation war jetzt nicht mehr angespannt, sondern kritisch. Der Neuankömmling mit der Laterne in der Hand mußte ihn einfach entdecken.
    Da er keine andere Alternative hatte, untersuchte Arakasi die Lücke, die eigentlich zwischen den Stapeln, auf denen er lag, und der Wand bestehen mußte. Die Stoffe benötigten freie Luftzirkulation, sollten sie nicht verschimmeln und damit wertlos werden. Dieser Händler gönnte seinen Waren nicht übermäßig viel Luft; Arakasi ertastete nur einen sehr schmalen Spalt. Seine Haut kribbelte angesichts der Gefahr, als er einen Arm bis zur Schulter in den Spalt schob und wackelte, bis der Stapel sich etwas bewegte. Natürlich bestand das Risiko, daß der ganze Stapel umfiel; doch wenn er nicht irgend etwas tat, würde er ohnehin entdeckt werden. Er preßte sich flach gegen die Wand, drückte die Stoffballen von sich weg und quetschte sich in die allmählich breiter werdende Lücke. Splitter von den rohen Brettern bohrten sich in seine bloßen Knie. Er wagte nicht innezuhalten, noch nicht einmal, einen stillen Fluch auszustoßen, denn das Licht dort unten bewegte sich.
    Schritte näherten sich seiner Position, und Schatten glitten in sanften Bögen über die Dachsparren. Er war nur halb versteckt, doch er war so hoch oben, daß kein Lichtschein auf ihn fiel; hätte er auch nur einen Herzschlag gezögert, hätten sie seine Bewegung gesehen. Er durfte sich nicht den geringsten Fehler leisten. Nur die Schritte seiner Gegner überdeckten das rutschende Geräusch, als er nach einem letzten, heimlichen Stoß nach unten in den Spalt kroch.
    Von der anderen Seite des Stapels drang Gemurmel zu ihm. »Sieh dir das an!« Als wäre er hier, um die gelagerten Waren zu begutachten, fuhr der Mann fort: »Die werfen die guten Stoffe hierhin, als wären es Strohballen, unfähig, sie ordentlich zu packen … Dafür hätte jemand die Peitsche verdient –«
    Das Flüstern des ersten Verfolgers unterbrach die Tirade. »Hier drüben.«
    Arakasi wagte nicht, sich nach oben zu schieben, um einen Blick zu erhaschen.
    Der Lichtschein der Laterne in der Hand des unsichtbaren Trägers kroch weiter. »Irgend etwas entdeckt?«
    »Nichts.« Der erste Verfolger klang gereizt. »Ich dachte, ich hätte vorhin etwas gehört, aber es war wohl nur Ungeziefer. Immerhin liegen ringsherum Lagerhäuser voller Korn.«
    Der Neue war beruhigt; gelangweilt hob er die Laterne. »Na gut, aber er muß irgendwo stecken. Der Sklave des Maklers behauptete steif und fest, daß er zurückgekommen wäre und sich versteckt hätte. Die anderen beobachten das Wohnhaus. Sie sollten ihn besser bis zum Morgen finden. Ich möchte unserem Herrn nicht berichten müssen, daß er uns entwischt ist.«
    »Hast du von den Gerüchten Wind bekommen? Daß dieser Bursche vorher in einer anderen Verkleidung gesehen worden sein soll? Er muß mindestens ein Kurier sein, wenn nicht sogar ein Aufseher. Und er ist nicht aus dieser Provinz.«
    »Du redest zuviel«, blaffte der mit der Laterne. »Und du erinnerst dich an Dinge, die du besser vergessen solltest. Behalte dein Wissen für dich, wenn du noch etwas länger atmen möchtest. Du kennst doch den Spruch:

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