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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Gegenwart eines Fremden geeigneter war. In ein langärmliges, weit fallendes Gewand aus schimmernder Seide gehüllt, gab sie ihrem Hadonra ein Zeichen, ihr den Weg zu zeigen. Der Händler wartete in der schattigen Säulenhalle in jenem Flügel, in dem die Schreiber lebten. Mara und Jican schritten von den sonnigen Gemächern, die sie mit Hokanu teilte, durch die höhlenartigen Korridore, die teilweise wie Tunnel den Hügel durchzogen. Jicans schnelle Schritte zeigten deutlich, wie zappelig er war. »Sind die Waren, die dieser Händler anzubieten hat, etwas Besonderes?« fragte Mara.
    »Vielleicht.« Der kleine Hadonra sah sie von der Seite her an. Sein Blick verriet Unbehagen. »Ich glaube, Euer Urteil ist vonnöten, um das Angebot dieses Mannes einzuschätzen.«
    Die vielen Jahre, die er ihr jetzt schon voller Loyalität diente, hatten Mara gelehrt, den Ahnungen ihres Hadonra Beachtung zu schenken. Daher fragte sie, als er nicht sogleich mit der Beschreibung der angebotenen Waren begann: »Was ist sonst noch?«
    Jican blieb stehen. »Ich …« Seine Unsicherheit ließ ihn zögern. Er verbeugte sich tief zur Entschuldigung, und dann platzte er heraus: »Ich weiß nicht recht, wie ich diesen Mann behandeln soll, Mylady.«
    Mara kannte die Eigenschaften ihres Hadonra gut genug, um zu wissen, daß irgendwelche Fragen ihm jetzt nur noch zusätzlichen Kummer bereiten würden. Deshalb ging sie einfach schweigend weiter.
    Ein paar Schritte später folgte die Erklärung. »Er ist … war nämlich ein Tsurani«, sagte Jican.
    Mara überdachte dieses Detail. »Aus LaMut?« LaMut wurde von Hokanus Bruder regiert, und die meisten Handelsdelegationen aus dem Königreich wurden von einem ehemaligen Tsurani-Krieger begleitet, der als Dolmetscher fungierte.
    Jican nickte, sichtlich erleichtert, daß er nicht weiter um das Thema herumschleichen mußte. »Ein Tsurani, der die Lebensart des Königreiches bevorzugt.«
    Jetzt wurde der Grund für das Unbehagen des Hadonra deutlicher. Mara mochte die Traditionen beugen und herrenlose Krieger auf den Natami der Acoma schwören lassen, doch die Denkweise derjenigen Tsurani, die es vorzogen, ohne Verbindung zu einem Haus in einer fremdartigen Welt zu bleiben – und es spielte keine Rolle, daß einer davon Hokanus Bruder Kasumi war –, war selbst für sie fremd und völlig unverständlich. Wenn solch ein Mann die Handelsdelegation anführte, würden sich die Verhandlungen tatsächlich schwieriger als üblich gestalten.
    Der lange Korridor öffnete sich schließlich auf einen von Säulengängen umgebenen Portikus auf der Südseite des Landsitzes. Der Kiespfad zum Haupteingang lief daran entlang, und dort, im Schatten alter Bäume, wartete das Gefolge des Besuchers, eine kleine Gruppe aus Trägern und zehn Leibwächtern. Maras Augen weiteten sich. Sie bemerkte zunächst gar nicht, daß es mehr Wächter als üblich waren – denn sie waren riesig! Mara betrachtete sie genauer und stellte fest, daß es alles Midkemier waren, und das war so ungewöhnlich – und daher so auffällig –, daß auch die Wachen am Eingang zum Landsitz immer wieder verstohlen hinüberstarrten. Gesprächsfetzen einer fremden Sprache drangen an Maras Ohr, und der vertraute Klang ließ sie zwischen zwei Schritten kurz stocken. Erinnerungen an Kevin von Z ûn stiegen in ihr auf, bis Jicans ungeduldiges Händeringen sie wieder in die Gegenwart zurückholte. Sie gewann augenblicklich ihre Selbstbeherrschung zurück und hastete in den Dienstbotenflügel und in jene Halle, in der der Händler wartete.
    Der Mann saß in korrekter Haltung neben dem Podest, das sie benutzte, wenn sie mit Fremden verhandelte. Säcke und Kisten voller Warenproben standen an seiner Seite, während seine Hände offen sichtbar auf seinen Knien lagen. Er trug eine herrliche Seidenrobe, der man sofort ansah, daß sie an einem anderen Ort hergestellt worden war: Sie besaß einen fremdartigen Glanz, und die Farben formten Muster, wie man sie noch nie zuvor in Tsuranuanni gesehen hatte. Der Effekt war verwegen, fast schon unverschämt, entschied Mara, während sie auf den Mann zuging und ihn dabei aus zusammengekniffenen Augen musterte. Obwohl dieser Mann sich als Händler vorgestellt hatte, war er herausgeputzt, als wäre er einer der höchsten Herrscher im Kaiserreich. Doch der Mann war kein Adliger; denn statt eines Haussiegels auf der Schärpe oder der Schulter trug er das barbarische Symbol von LaMut – eine hundeähnliche Kreatur, die Wolf genannt

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