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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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verfluchten campi wissen, die ich überqueren muss, um ans Ziel zu gelangen?«
    Moro breitete die Arme aus. »Fragen Sie mich. Und fragen Sie in Teufels Namen niemanden nach der Richtung! Man wird Sie nur immer geradeaus schicken; sollte jemand dies aber nicht tun, ist er mit Sicherheit kein Venezianer, was seinen Rat noch unglaubwürdiger macht.«
    Ich grinste. »Was soll ich tun, wenn ich mich – was du mir ja prophezeit hast – trotzdem noch verlaufe?«
    Moro grinste zurück. »Dann sehen Sie nach, ob sich dort, wo Sie herausgekommen sind, eine osteria befindet, setzen Sie sich hinein, trinken Sie einen Becher Wein und überdenken Sie die Situation.«
    Er schenkte mir und sich aus dem Krug nach und lächelte mich danach so zufrieden an wie eine Katze, die die größte Maus auf dem Dachboden gefangen hat. Ich prostete ihm zu.
    »Du solltest eigentlich einem Diplomaten oder einem Admiral zur Seite stehen und nicht einem Gastwirt.«
    Moro zögerte ein paar Augenblicke. Ich war erstaunt, dass er plötzlich um Worte verlegen schien.
    »Was ist passiert?«
    »Nichts. Das Leben ist mir passiert, wenn Sie so wollen.«
    »Warum versuchst du nicht wieder nach Hause zu kommen? Manfridus ist doch kein Unmensch; er würde dich vielleicht freilassen.«
    »Mein Zuhause war eine verdreckte, nach Schweiß und Pisse stinkende ehemalige Pferdedecke im Stall einer Garnison in Konstantinopel, die ich mit einer Messerklinge gegen die anderen armen Schweine verteidigt habe, die noch weniger hatten. Wozu sollte ich zurückwollen?«
    »Wie bist du dorthin gekommen?«
    Er hob die Schultern. »Unwichtig«, brummte er.
    »Und was hast du dort in jener Garnison in Konstantinopel getan?«
    »Steine geschleppt, für die Festungsmauern. Sultan Mehmet hatte stets ein militärisches Projekt, für das er Arbeitskräfte brauchte.«
    »Wie lange hast du das gemacht?«
    »Zwei, drei Jahre; wer weiß?«
    »Und wie alt warst du?«
    »Ich muss elf oder zwölf gewesen sein, als ich entkam. Ich habe keine Ahnung, wann ich geboren bin.«
    »Aber dann bist du mit neun Jahren nach Konstantinopel gekommen. Welches Zuhause hattest du vorher?«
    »Keines«, sagte er. Es klang trotzig.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Meine Eltern haben mich an den portugiesischen Sklavenhändler verkauft, der regelmäßig durch unser Dorf kam. Ich war der jüngste Sohn; ich habe wohl zu laut gelacht und zu viel gegessen.« Er senkte den Kopf und starrte die Tischplatte böse an. »Ich habe kein anderes Zuhause als die stinkende Decke in Konstantinopel. Was vorher war, war nur eine Illusion.«
    Ich empfand Verlegenheit. Moro drehte den leeren Becher in seiner Hand. Ich verfluchte meine Indiskretion.
    »Wie bist du nach Venedig gekommen?«, fragte ich schließlich.

4
    Moro sah mich eine Weile durchdringend an, bevor er meine Frage beantwortete. »Man hat mich beim Stehlen erwischt. Zwanzig Peitschenhiebe sofort und die Aussicht auf den Verlust eines Ohrs in ein paar Tagen.«
    »Du hast beide Ohren noch.«
    »Das Gefängnis, in dem ich und weiterer solcher menschlicher Abfall wie ich lag, war schlecht bewacht. Ein paar von uns wanden sich durch die Kanalisation und entkamen.«
    Als ich den Krug nahm und ihm einschenkte, sah er mich überrascht an. Ich zuckte mit den Schultern. Er nahm den Becher und hob ihn in die Höhe.
    »Ich überzeugte den Kommandanten eines Kriegsschiffes, dass ich bereits sechzehn sei und kräftig genug. Im Grunde war es ihm egal. Er musste sich seinem Verband anschließen und war um Ruderer verlegen. So bewegte ich über ein Jahr lang das Ruder einer Galeere und sah während dieser Zeit die Hälfte der Ruderer sterben. Ich habe den Kommandanten nur ein einziges Mal deswegen betroffen gesehen: Wir lagen mitten im Schwarzen Meer, und es konnte tagelang kein Ersatz für einen gerade Verstorbenen beschafft werden. Irgendwann wurde das Schiff in ein Gefecht mit Sarazenen verwickelt. Die Piraten ließen die verletzten und schwachen Überlebenden ertrinken, retteten die, die ihnen von Wert erschienen und verkauften sie auf der Riva degli Schiavoni. Ich hatte das Glück, von Monna Manfridus gekauft zu werden, deren Mann gerade die Herberge eröffnet hatte.« Er lächelte plötzlich mit echter Wärme. »Das ist zehn Jahre her. Ich weiß noch jedes Wort, das sie zu dem Händler sagte, als sie mich kaufte.«
    »Moro ist nicht dein wahrer Name. Wie heißt du?«
    »Moro ist der wahrste Name, den ich je gehabt habe.«
    »Aber es ist gar kein Name. Wahrscheinlich wird

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