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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
Autoren: Colin Dexter
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fertiggeworden war.
    »Was Interessantes, Sir?«
    »Nein.« Morse hatte schuldbewußt die Zeitschrift wieder auf den Schreibtisch gelegt und seinen Mantel zugeknöpft.
    Im Gehen war sein Blick auf den grünen Anorak gefallen, der an einem Kleiderhaken in der schmalen Diele hing.

7
     
    Bartlett konstatierte überrascht und etwas enttäuscht, daß der Mann getrunken hatte. Schon den ganzen Nachmittag hatte er auf den Anruf gewartet, doch erst um halb vier hatte Morse sich gemeldet. Seit der Mittagspause saßen sie zu viert in Bartletts Büro (draußen brannte das rote Lämpchen) und sprachen mit gedämpfter Stimme über das erschütternde Geschehen. Anschaulich hatte Martin immer wieder über die Einzelheiten seiner Entdeckung berichtet und noch in dieser dunklen Stunde ein gewisses gedämpftes Vergnügen daran gefunden, plötzlich – was noch nie vorgekommen war – im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Doch immer wieder war das Gespräch auf die verwirrende Frage gekommen, wer wann Quinn zum letztenmal lebend gesehen hatte. Daß es am Freitag gewesen war, darüber herrschte Einstimmigkeit, aber wann und wo genau, daran schien sich niemand erinnern zu können. Oder war nicht bereit, darüber zu sprechen.
    Monica Height besah sich den Inspector genau, als er hereinkam, und sagte sich, daß sein Blick den ihren bei der knappen Vorstellung Sekundenbruchteile länger als unbedingt nötig festgehalten hatte. Auch seine Stimme gefiel ihr. Und als er ihr mitteilte, daß sie alle getrennt vernommen werden würden, und zwar entweder von ihm oder von Sergeant Lewis, der stumm unter der Tür stand, hoffte sie, daß sie zu Morse kommen würde. Da hätte sie sich keine Sorgen zu machen brauchen – Morse hatte sie im Geiste schon vereinnahmt. Aber erst mußte er hören, was Bartlett ihm zu sagen hatte.
     
    »Sie haben hoffentlich Quinns Zimmer abgeschlossen, Sir?«
    »Ja, gleich, als ich Ihre Nachricht erhalten habe.«
    »Tja, dann sollten Sie mich vielleicht erst einmal über Ihren Verband informieren. Was Sie hier machen, wie Sie es machen, alles wovon Sie meinen, daß es uns ein Stückchen weiterhelfen könnte. Daß Quinn umgebracht wurde, ist so gut wie sicher, und meine Aufgabe ist es festzustellen, wer ihn umgebracht hat. Es ist natürlich denkbar, daß der Mord überhaupt nichts mit Ihrem Verband oder mit den Leuten hier zu tun hat. Wahrscheinlicher allerdings ist, daß ich in diesen Räumen irgendwo eine Spur finde. Und deshalb werde ich Sie leider alle ein paar Tage belästigen müssen. Das ist Ihnen klar, nicht?«
    Bartlett nickte. »Wir werden uns nach Kräften bemühen, Sie zu unterstützen, Inspector. Es steht Ihnen frei, hier nach Gutdünken zu ermitteln.«
    »Danke, Sir. So, und jetzt – was können Sie mir sagen?«
    In der nächsten halben Stunde lernte Morse einiges dazu. Bartlett erläuterte ihm Zweck, Aufgaben und Organisation des Verbandes und schilderte, was das Personal in den einzelnen Stadien der Durchführung staatlicher Prüfungen zu tun hatte. Und Morse war zu seiner eigenen Verwunderung überrascht und beeindruckt. Überrascht von dem unerwartet komplexen Geschäftsgang, vor allem aber beeindruckt von der außerordentlichen Tüchtigkeit des Geschäftsführers, dieses kleinen Pickwickiers, der da hinter seinem Schreibtisch saß.
    »Und was können Sie mir zu Quinn selbst sagen?«
    Bartlett holte eine Akte hervor. »Das habe ich eigens für Sie herausgesucht, Inspector. Es ist Quinns Bewerbung um den Posten bei uns. Das wird Ihnen mehr sagen als viele Worte von mir.«
    Morse überflog den Inhalt: Lebenslauf, Zeugnisse, drei Referenzen, Bewerbungsbögen; auf dem oberen Rand hatte Bartlett vermerkt: Eingestellt ab 1. September. Doch wieder blieb in Morse Kopf alles leer und stumm. Die Räder der Maschine waren in Bewegung geraten, aber sie wollten nicht greifen. Er klappte die Akte zu, murmelte entschuldigend etwas von »später in Ruhe lesen« und sah Bartlett an. Wie würde dieser klardenkende, supertüchtige Mann die Mordermittlung angehen? Es sah aus, als könne Bartlett fast seine Gedanken lesen.
    »Daß er schwerhörig war, wußten Sie, Inspector?«
    »Schwerhörig? Ja, richtig.« Der Polizeiarzt hatte es erwähnt, aber Morse hatte nicht weiter darauf geachtet.
    »Wie er mit seiner Behinderung fertig wurde, hat uns alle sehr beeindruckt.«
    »Wie stark schwerhörig war er?«
    »In ein paar Jahren wäre er vermutlich ganz ertaubt, das war jedenfalls die Prognose.«
    Jetzt endlich flackerte in
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