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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn
Autoren: Colin Dexter
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Morses Augen eine Spur von Interesse auf. »Ein bißchen wundert man sich dann schon, daß Sie ihn eingestellt haben, wie?«
    »Gewundert hätten Sie sich vermutlich, Inspector, aber in einem anderen Sinne. Man merkte ihm seine Schwerhörigkeit kaum an – vom Umgang mit dem Telefon abgesehen, der war doch etwas problematisch. Aber sonst war er enorm, wirklich.«
    »Haben Sie ihn – äh – vielleicht eingestellt, weil er schwerhörig war?«
    »Aus Mitleid, meinen Sie? Nein, nein. Der – äh – Ausschuß fand, daß er einfach der beste Bewerber war.«
    »Welcher Ausschuß?«
    War da eine Spur von Zurückhaltung in Bartletts Miene? Morse hätte es nicht beschwören können. Fest stand nur, daß die Zähne des kleinsten Rädchens gegriffen hatten.
    »Wir hatten alle zwölf Ehrenamtliche in dem Ausschuß. Und – äh – natürlich meine Wenigkeit.«
    »Die Ehrenamtlichen sind –«
    »Es ist im Grunde eine Art Aufsichtsrat.«
    »Sie arbeiten nicht hier?«
    »Aber nein. Es sind alles Hochschullehrer. Zweimal im Trimester kommen sie hier zusammen, um nachzuschauen, ob wir unsere Sache ordentlich machen.«
    »Haben Sie die Namen bei der Hand?«
    Morse las interessiert die getippte Liste, die Bartlett ihm überreichte. Neben den Namen der Ehrenamtlichen standen ausführliche Angaben über Hochschule, College, akademische Grade und andere Ehrungen. Ein Name sprang ihm förmlich ins Gesicht. »Die meisten kommen von Oxford, wie ich sehe.«
    »Liegt nahe, nicht?«
    »Und ein oder zwei aus Cambridge.«
    »Hm … ja.«
    »War nicht Quinn am Magdalene College in Cambridge?« Morse griff nach der Akte, aber Bartlett lieferte ihm die Bestätigung.
    »Wie ich sehe, war Mr. Roope an demselben College.«
    »Tatsächlich? Ist mir noch gar nicht aufgefallen.«
    »Dabei entgeht Ihnen sonst so leicht nichts, wenn ich das sagen darf.«
    »Ich assoziiere Roope wohl immer mit Christ Church. Er ist als Fellow dorthin berufen worden.« Bartlett sah aus, als könne er kein Wässerchen trüben, und Morse überlegte, ob er sich vielleicht vorhin geirrt hatte.
    »Was hat Roope für ein Fachgebiet?«
    »Er ist Chemiker.«
    »Ach ja?« Morse versuchte, die Erregung in seiner Stimme zu unterdrücken, merkte aber, daß es ihm nicht recht gelingen wollte.
    »Wissen Sie zufällig, wie alt er ist?«
    »Noch ziemlich jung, um die Dreißig.«
    »Also etwa Quinns Alter?«
    »Ja, ungefähr.«
    »Nur noch eine Frage.« Er sah auf die Uhr und stellte fest, daß es schon Viertel vor fünf war. »Wissen Sie noch, wann Sie Quinn zum letztenmal gesehen haben?«
    »Irgendwann am letzten Freitag. Ehe Sie kamen, haben wir alle überlegt, wann wir ihn zuletzt gesehen haben. Komisch, nicht? Es ist unheimlich schwer, das genau festzumachen. An dem Freitag habe ich ihn mit Sicherheit am späten Vormittag gesehen. Über den Nachmittag könnte ich keine so genaue Aussage abgeben. Ich hatte um drei eine Sitzung in Banbury. Ob ich ihn davor noch gesehen habe, weiß ich nicht.«
    »Wann haben Sie das Büro verlassen?«
    »Gegen Viertel nach zwei.«
    »Sie legen offenbar ein tüchtiges Tempo vor.«
    »Ich habe einen schnellen Wagen.«
    »Es sind etwa 30 Kilometer, nicht?«
    Bartlett zwinkerte. »Wir haben alle unsere kleinen Schwächen, Inspector, aber ich gebe mir die größte Mühe, nicht schneller als erlaubt zu fahren.«
    Das hoffe er, hörte Morse sich sagen und fand, daß es höchste Zeit war, sich Monica Height vorzunehmen. Aber vorher mußte er noch etwas Dringendes erledigen. »Wo ist die nächste Toilette? Ich muß unbedingt –«
    »Hier, bitte.« Bartlett stand auf und öffnete eine Tür, rechts von seinem Schreibtisch. Dahinter befand sich ein Kabinettchen mit Toilette und einem kleinen Waschbecken. Und während Morse beglückt seine drückende Blase entleerte, mußte Bartlett an die gewaltigen Wassermassen des Niagara denken.
     
    Schon nach wenigen Minuten in Monica Heights Gesellschaft ertappte sich Morse bei der Überlegung, wie ihre Mitarbeiter es wohl fertigbrachten, die Hände von ihr zu lassen, und vermutete zynisch, daß sie vielleicht den Versuch längst aufgegeben hatten. Das apfelgrüne Kleid mit dem Blumenmuster spannte sich zu straff über ihren breiten Schenkeln und schmiegte sich, weich und lasziv zugleich, um ihre vollen Brüste. Vermutlich willig, konstatierte Morse – und im Bett eine Wucht. Sie trug wenig Make-up, aber da sie die Angewohnheit hatte, sich ständig mit der Zunge über die Lippen zu fahren, hatte ihr schmollend aufgeworfener
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