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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gestörten waren keine lange Warnung. Im Gegenteil … ein Wettlauf um das Atom begann, ein Rennen, wer zuerst die Grausamkeit zur Perfektion führt! Bikini, das Atoll im Stillen Ozean, hüllte sich kilometerweit in eine Wolke radioaktiven Wassers … auf Kamtschatka verdunkelte sich der Himmel … und in der Tundra explodierte eine Bombe von 100 Sonnen … Und plötzlich wurde es still, denn Uran und Wasserstoff veralteten. Die Wissenschaft schritt weiter … der Tod wurde lautloser, sanfter, aber um so schrecklicher. Der moderne Tod hat es nicht nötig, zu krachen und zu blenden … er ist ›sauberer‹ geworden: Künstliche radioaktive Wolken senden tödlichen Regen auf ganze Völker … Vereisungsbomben lassen die Meere zufrieren … Sturmluftbomben jagen die Meere über die Länder hinweg … Vakuumbomben saugen die Luft weg und lassen die Lungen platzen … Bakterienbomben verseuchen ganze Erdteile … still, unmerklich … wie die Eintagsfliegen werden die Menschen einfach umfallen … die ganze Ausgeburt einer höllischen Phantasie wurde Wirklichkeit … ersonnen in den Gehirnen stiller, ernsthafter Gelehrter! Und nun soll ich dieses Grauen um ein vielfaches noch vermehren? Nein – ich hatte den Glauben, Millionen Krebskranken helfen zu können … erst, als ich entdeckte, daß man auch Völker still auslöschen kann mit eben dem gleichen Mittel, habe ich mein Gehirn verflucht –«
    Cravelli hatte Dr. Berwaldt aussprechen lassen. Er unterbrach ihn nicht, er trank nur ein neues Glas Rotwein und faltete die Hände, als Berwaldt erschöpft schwieg. Mehrmals nickte Cravelli … jetzt drückte seine Miene ehrliches Mitleid aus.
    »Sie unheilbarer Idealist!« sagte er halblaut. »Sie glauben wirklich, daß man Ihre winzige Stimme nach Vernunft in dem Gebrüll der feindlichen Brüder hört?!«
    »Wenn man die Menschen überzeugen kann –«
    »Dottore! Welch eine Vermessenheit! Den modernen Menschen überzeugen Sie nur mit Zahlen! Nicht mit Vernunft! Sagen Sie ihm, daß Sie mit einem Serum eine Million Leprakranke retteten, so schreit er Hurra – und vergißt Sie dann ebenso schnell. Doch sagen Sie ihm: Mit diesem Mittel vernichte ich auf einen Schlag 10 Millionen Menschen … so wird man Sie als einen neuen Gott auf den Schultern tragen.«
    »Ein Gott! Cravelli, Sie sind vermessen! Ich will nur ein helfender Mensch sein –«
    »Weil Sie ein heilloser Idiot sind, der weder die Welt noch die Menschen versteht, noch die Angst, die allein Ordnung zu schaffen vermag!« Cravelli hob bedauernd die Arme. »So kommen wir nicht weiter, Dottore. Es geht hier nicht um Prinzipien, es geht um eine klare Entscheidung. Mein letztes Wort: 25 Millionen Dollar!«
    Dr. Berwaldt erhob sich. Ernst sah er auf Cravelli hinab.
    »Meine letzte Antwort: Nein! Tun Sie mit mir, was Sie wollen … ich habe mich selbst abgeschrieben –«
    Cravelli winkte erregt mit beiden Händen. Seine Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz.
    »Setzen Sie sich, Dottore! Es geht um anderes! Ich kann Sie nicht länger einsperren!«
    »Dann injizieren Sie mir Curare oder sonst etwas.«
    »Töten! Wenn ich Sie töten wollte, brauchte ich mit Ihnen keinen historischen Rückblick über den Wahnsinn der Menschheit zu veranstalten. Ich brauche Ihre Formel!«
    Cravelli griff in die Rocktasche und holte eine der Morgenzeitungen hervor. Er faltete sie auf und legte sie auf den Tisch. Dr. Berwaldt beugte sich vor. Sein Name schrie ihm in dicken roten Buchstaben entgegen. ›Wo ist Dr. Berwaldt?‹ Ein Beben lief durch seinen Körper … er hielt sich an der Tischkante fest und starrte Cravelli aus großen Augen an.
    »Man … man hat mein Verschwinden bemerkt …«, stammelte er heiser. »Man sucht mich?«
    »Ja –«, sagte Cravelli hart.
    »Man wird mich finden –«
    »Das bliebe abzuwarten.«
    »Sie dürften bei meiner Entdeckung keine Chancen haben, Cravelli.«
    »Das weiß ich.« Cravelli nahm die Zeitung und zerriß sie. Er war merkwürdig ruhig und gefaßt. »Aber Sie auch nicht, Dottore Berwaldt! Sehen Sie nun, daß wir wirklich in der letzten Runde stehen? Es geht um das Ganze!«
    Cravelli stand auf. Er nahm das Aktenbündel und trug es wieder in den Schrank. Dr. Berwaldt beobachtete ihn.
    »Es hat sich nichts geändert«, sagte er. »Ich habe diese Minute erwartet.«
    »Ich auch, Dottore.« Cravelli drehte sich um und sah Berwaldt lange und stumm an. »Sie fürchten den Tod nicht … aber ich! Ich will leben – ich lebe viel zu gern, als daß ich es mir

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