Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)
Lillian Eddington.«
Ich sah sie lange an und fragte mich, wie diese Frau, die behauptete, mich zu lieben, mir solchen Schmerz zufügen konnte. In ihrem verärgerten Gesicht fand ich keine Antwort darauf.
Ich ging zu ihr. »Mutter, ich verstehe dich nicht. Warum hast du das getan? Warum hast du Hutch das angetan? Mir?«
Sie umfasste mein Gesicht, ich wehrte ab. »Weil ich nur das Beste für dich will.«
»Was, wenn er das Beste für mich ist?«
»Ach, das ist er nicht, Ellie. Ich sehe Dinge, die du nicht siehst. Er ist nicht der Richtige für dich.«
»Du bist grausam und gemein und hast keine Ahnung, was Liebe ist, Mutter.«
Sie schüttelte den Kopf. »Doch, das habe ich. Und wenn du nicht verstehst, dass ich dich nur beschützen will – dann geh und lass dich verletzen. Aber komm dann nicht weinend zu mir gelaufen, wenn es so weit ist.«
»Das hatte ich auch nicht vor«, sagte ich.
Wir, Mutter und ich, haben dann drei Wochen lang kein Wort miteinander gesprochen. Ich ignorierte ihre Anrufe und hektischen Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Als wir endlich wieder miteinander redeten, sagte sie diegleichen Dinge, aber mit frischem Ärger und größerem Nachdruck.
Und was Hutch anging: Was Mutter getan hatte, um uns zu schaden, brachte uns nur noch enger zusammen.
Eine Zeitlang. Eine kurze Zeitlang.
Später, nach der Trennung, fragte ich mich, ob es einen Unterschied gemacht hätte, wenn er mir die schreckliche Geschichte gleich am Anfang erzählt hätte, wenn ich sie nicht von Mutter gehört hätte. Meine plötzliche Unsicherheit in unserer so festen Beziehung, die für mich so selbstverständlich war, wie dass die Erde um die Sonne kreist, warf mich um. Ich hätte nie geglaubt, dass er mir oder meinem Herzen etwas von Bedeutung vorenthalten würde. Und diese eine Auslassung bohrte sich ihren Weg in meine Seele wie ein Virus des Zweifels. Was wusste ich sonst nicht?
Was, wenn ich nicht gleich nach diesem Wochenende Rusty begegnet wäre? Was, wenn ich nicht dieses lächerliche Bedürfnis gehabt hätte, gebraucht zu werden? Oder vielleicht wäre sowieso alles so gekommen – als ob das Schicksal entschieden hätte, dass wir nicht füreinander bestimmt waren, und es machte keinen Unterschied, in welcher Reihenfolge oder wie alles erzählt und gesagt wurde oder stattfand.
Hutch betrat das Restaurant, sah sich um und winkte mir zu. Er trug Jeans und ein weißes, leicht verknittertes Hemd. Seine Umarmung war linkisch, und als wir der Kellnerin zu unserem Tisch folgten, überlappten sich unsere Sätze, bevor unsere Unterhaltung ihren Rhythmus fand.
»Hu-huu, Ellie«, tönte es hinter mir. Ich drehte michum und sah Belinda und Eve vom Nachbartisch herüberwinken. Ich entschuldigte mich kurz und begrüßte beide mit einer Umarmung.
»Wer ist denn das?«, fragte Belinda flüsternd.
»Ein alter Freund, der die Geschichtsausstellung über Mutter macht.«
»Oooh.« Sie sah erst Hutch, dann mich an. »Dann guten Appetit.«
»Euch auch«, sagte ich.
Ich kehrte an unseren Tisch zurück und setzte mich Hutch gegenüber.
»Freundinnen?«, fragte er.
»Ja, Freundinnen und Megafone.«
»Hmm?« Er schlug die Speisekarte auf.
»Soll heißen, heute Nachmittag um zwei wird absolut jeder wissen, dass ich mit dir zu Mittag gegessen habe.«
Er sah mich mit seinen braunen Augen an. »Könnte das Probleme geben?«
»Überhaupt nicht.« Ich schüttelte den Kopf und zog die kopierten Seiten von Mutters Tagebuch aus den Jahren 1960 und ’61 hervor. »Hier ist, was ich habe. Nicht viel. Sie schreibt hauptsächlich über ihren Herzschmerz.«
Er zog die Augenbrauen hoch, gleichzeitig verstärkte sich sein Lächeln. »Deine Mutter hatte ein gebrochenes Herz?«
»Ich weiß. Es klingt unmöglich, ist aber wahr. Anscheinend gab es da eine Gruppe von Freunden, die der Bürgerrechtsbewegung nahestanden. Sie nahmen die Protestler nach den Friedensmärschen in Empfang, liefen aber nicht selber mit. Sie hat an einem Sitzstreik teilgenommen und ist zu Planungstreffen gegangen, aber ich glaube nicht, dass sie jemals wirklich in Gefahr war. Ich denke, inerster Linie war sie besessen von diesem Mann, der zufällig aktiv dabei war. Im ersten Sommer war alles ruhig, nichts passierte. Sie haben sich 1960 kennengelernt, und im Sommer darauf ist sie wieder hin, um bei ihm zu sein, und da ist sie mit der Bewegung in Kontakt gekommen.«
Er nahm die Seiten entgegen und warf einen Blick darauf. »Wie finden wir mehr heraus? Natürlich nicht
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