Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)
es sei denn was?«
Er legte seine Kreditkarte auf die Rechnung und schob beides ans Tischende. »Das heben wir uns für ein anderes Mittagessen auf, okay?«
Ich nickte. »Okay.«
Nach dem Bezahlen gingen wir hinaus, standen einen unbehaglichen Moment lang am Bordstein und wussten nicht, wie wir uns verabschieden sollten.
»Danke fürs Essen«, sagte ich lächelnd.
Er nahm meine Hand. »Wir sehen uns in Bayside.«
Ich ließ seine Hand los und schob mir die Sonnenbrille vor die Augen. »Hutch … ich weiß nicht …«
»Aber ich.«
Er winkte mir im Weggehen zu, und wieder einmal verabschiedeten wir uns nicht.
Ich machte eine Liste all der Dinge, die ich am nächsten Morgen mit ins Sommerhaus nehmen wollte. Keine Sekunde lang, nicht einmal eine halbe Sekunde lang, zweifelte ich meinen Entschluss an, zu Birdie zu fahren. Ich warf das letzte Paar Schuhe in den Koffer und überlegte, ob ich noch einen weiteren Badeanzug mitnehmen sollte. Mit der Hand rieb ich über das lederne Tagebuch und steckte es unter ein Baumwoll-T-Shirt.
Ein paar Namen in Mutters Tagebuch waren mir bekannt, Leute, die ihr auch in der kleinen Welt von Buckhead nahegestanden hatten. Sie erwähnte Sehenswürdigkeiten und Orte, die es immer noch gibt – die Minieisenbahn Pink Pig existiert noch (an einem anderen Ort, aber als Kind war ich jedes Jahr da und bin mit Lil seit ihrer Geburt auch immer dorthin gefahren). Wir sind immer noch Mitglieder im Piedmont Driving Club und im Capital City Club. Ich binMitglied der Junior League, genau wie Mutter und ihre Mutter vor ihr. Manches ändert sich nie.
Ich nahm das Handy und rief Sadie an, um ihr zu sagen, dass ich tatsächlich zu ihrer Mutter nach Alabama fahren würde. Ich hätte Ms. Birdie Worthington ein paar Fragen zu stellen. Birdie, zu ihrer Zeit eine echte Rebellin, hatte ihren Familiennamen behalten und nie den Namen ihres Mannes angenommen. Sadie war natürlich aus dem Häuschen, weil sie die ganze Zeit gewusst hatte, dass ich fahren würde. Sie würde mich am nächsten Morgen abholen kommen.
Kaum hatte ich aufgelegt, kam Rusty ins Schlafzimmer und starrte den Koffer an, als läge da ein nackter Mann in unserem Ehebett. »Was zum Teufel?«
Ich wartete. Das habe ich mir angewöhnt – zu warten –, um zu sehen, welcher Rusty sich zeigt, der wütende oder der zuckersüße. Ich hasse mich selbst dafür, dass ich meine Reaktionen und Antworten von seinen Stimmungen abhängig mache, aber ich habe es gelernt. In einer Ehe lernen wir wohl alle.
»Ellie.« Seine Stimme war sanft, freundlich. »Fährst du irgendwohin?« Er kam auf mich zu, küsste mich.
»Ja. Ich habe versucht, dich anzurufen, konnte dich aber nicht erreichen.«
»Ich war auf dem Golfplatz.«
»Natürlich.«
Er setzte sich aufs Bett und klopfte auf den Platz neben sich. Ich setzte mich an seine Seite, er legte den Arm um mich und zog mich zu sich heran, ich lehnte den Kopf an seine Schulter. »Ich weiß, wie schwer das alles für dich gewesen ist. Ich weiß, dass ich viel zu tun habe, aber du kannst nicht einfach gehen.«
»Ich gehe nicht einfach.« Ich hob den Kopf und gab ihm einen Kuss. »Ich fahre bloß für ein paar Tage zu Birdie ins Sommerhaus.«
»Wie?«
»Ich möchte ihr ein paar Fragen stellen.«
»Wir haben ein Telefon, Ellie.«
»Rusty, bitte. Ich muss wirklich mal ein paar Tage raus, und ich will in Ruhe mit Birdie reden. Das ist völlig normal. Lil ist im College. Du bist bis über beide Ohren beschäftigt. Es ist nur für ein paar Tage …«
Er rieb mir den Rücken. »Du Arme. Es tut sehr weh, nicht?«
»Ja.«
Sanft nahm er mein Gesicht in seine Hände. »Das tut mir sehr leid, aber ich glaube nicht, dass Weglaufen eine gute Idee ist.«
»Ich laufe nicht weg. Bitte versteh das doch. Bitte.« Ich lehnte mich gegen seine Hand. »Ich fahre.«
Er riss die Hände weg und warf sie nach oben, wie ein Schiedsrichter in einem Meisterschaftsfootballspiel, wenn gerade das entscheidende Tor gefallen ist. Die Adern an seinem Hals traten hervor, seine Lippen waren weiß und dünn, er kniff die Augen zusammen. Mir wurde flau im Magen, meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich wandte den Blick ab und sah das Ölgemälde von Lil und mir an der Wand an. Auf dem Bild war sie zwei Jahre alt, saß auf meinem Schoß, blickte zu mir auf und lächelte.
Das Schweigen zwischen Rusty und mir war etwas ganz Eigenes. Wichtig waren nicht die Worte und Sätze, die dem Schweigen folgten, sondern das, was in ihm und zwischen uns in
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