Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)
kennst.«
»Das scheint mir im Moment immer so zu gehen.«
Er grinste. »Anscheinend hat Bitsy Morgan mitbekommen, dass ihr netter Ehemann nicht nur zu ihr nett ist. Nicht nur zu Frauen, um genau zu sein. Und jetzt bricht sich die Pathologie Bahn und kommt ans Tageslicht.«
»Das heißt?« Da berührte ich ihn, aber nur seinen Handrücken.
»Wie eine Krebszelle, die unter bestimmten Umständen zum Leben erwacht, wird sie hier und heute aktiv werden und sich einen Mann fangen. Mit Tequila.«
Ich lachte zu laut, und sowohl Bitsy als auch der Mann an der Bar starrten uns an.
»Ich muss langsam los«, sagte Hutch, zog seine Brieftasche hervor und legte zwanzig Dollar auf den Tisch. Ich erhob mich, Hutch ebenso.
Wir standen mitten auf dem Parkplatz, sein Wagen neben meinem. »Wir sehen uns?«, fragte ich.
»Natürlich. Das hat Spaß gemacht. Bitte ruf mich an,wenn du noch mehr herausfindest. Ich denke, ich mache morgen einen Ausflug ins Stadtmuseum von Montgomery und grabe mich durch alte Filmaufnahmen und Fotos vom Freedom Ride … Willst du mitkommen?«
Eine Hülle aus Schweigen legte sich um uns, ich ließ die Ruhe zu.
»Willst du?«, fragte er mit einem Grinsen.
»Ja, das ist eine gute Idee. Und ich versuche, noch mehr Namen zu kriegen.«
»Prima. Ich rufe dich morgen früh an.«
Er lächelte, dann umarmten wir uns ungelenk. Früher einmal hatten unsere Körper so leicht zueinander gefunden. »Tschüss dann«, sagte ich und setzte mich in meinen Wagen. Ich wartete und ließ ihn zuerst losfahren, weil mir die Hände zitterten.
zurück.
Auszug aus Lillian Ashfords Tagebuch
Silvester 1961
Einundzwanzig Jahre alt
Doch als ich wieder zu Hause bin, windet sich Sein Verrat wie ein Wurm in meine Seele, zerfrisst meinen Glauben an Ihn wie Maden. Ich glaube Ihm nicht. Ich bin außer mir. Er ist fort, und ohne Ihn zu sein schmerzt mich bis ins Mark. Wie soll man NICHTS tun, wenn man so voller Schmerz ist?
Wie soll ein gebrochenes Herz auf den Mann warten, der es gebrochen hat?
Aus meinem Glauben an Ihn wurden Zweifel, dann Wut und dann Verzweiflung. Ich schwor mir, daß ich nie wieder an die Liebe glauben würde, wenn keine Liebe da ist. Ich werde mich nie wieder verraten lassen. Nie, nie wieder.
Daran glaubte ich: Daß Seine Liebe lauwarmes Wasser ist im Vergleich zu meinem glühenden Sehnen und Verlangen.
Ich beschloß, jemanden zu lieben, der mich auch liebte und niemanden als mich.
Etwas in mir schloß sich. Ich konnte es fast hören: das Klicken eines Riegels. Und am Ende, nach dem Schwur und dem Verschließen meiner Verzweiflung, kam das Bedürfnis, Ihm zu zeigen, wie es sich anfühlt, wie es ist und wie es sich anfühlt, wenn ich von einem anderen geliebt werde.
Dann kam letzte Woche auf der Weihnachtsfeier bei den Bradfords meine Stunde: Redmond Eddington, der schon seit einem Jahr mit mir flirtet, fand mich allein im Eßzimmer.Ich wagte den Schritt, nahm seine Hand und flüsterte ihm ins Ohr, daß wir doch einen schönen Spaziergang machen sollten, nur wir zwei. Die Verführung in seinem Ford war schnell und ein wenig traurig. Wenn man weiß, wie es ist, wirklich zu lieben, ist alles andere … leer.
Es war nicht schlecht oder unangenehm, nur leer. Aus einem bestimmten Blickwinkel sah er fast aus wie Er, ich konnte mir vorstellen, Redmond wäre Er. Aber nicht das war mir wichtig. Mir war wichtig, dass Er davon erfahren würde, wissen würde, wo ich gewesen war und was ich getan hatte. Redmond und ich gingen Hand in Hand auf die Feier zurück und lächelten auf diese besondere Weise.
Aber unser Beischlaf hatte nichts mit Liebe zu tun, sondern mit Rache. Es gab keinen Sieger. Ich haßte mich dafür, was ich getan hatte, daß ich mit einem Mann geschlafen hatte, den ich nicht liebte. Ich hasse das alles.
Und so ist es eben, wenn man etwas so Furchtbares tut. Ich sehe das Mädchen da im Auto mit Redmond und frage mich, wer sie ist und was sie da macht. Ich, Lilly Caulfield Ashford, würde das nie tun. Niemals. Wer war das im Auto? Ein Mädchen, das nur aus dem Schmerz heraus, Ihn erst an andere Frauen und dann an Afrika verloren zu haben, das Licht der Welt erblickt hat, sie war es.
F ÜNFZEHN
A m Morgen nach dem Abendessen mit Hutch weckte mich das Geräusch des Rasenmähers. Ich hatte die Nacht im Halbschlaf verbracht, mein Körper kam nicht zur Ruhe, spürte Hutchs Nähe und Freundlichkeit, als ob keine Zeit vergangen wäre, doch die Berührung unserer Haut lag Millionen Jahre zurück.
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