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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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einem echten Gefühl reagieren würde, mit seiner Seele. Ich wollte ihn sagen hören, dass er Teil meiner Geschichte sein wolle und ich Teil von seiner sein solle. Mit angehaltenem Atem wartete ich.
    Das war jetzt seine Entscheidung.
    »Ich habe keinen Schimmer, wovon zum Henker du redest. Echt, Ellie. Geschichten? Spinnst du? Hat dir das Tagebuch deiner Mutter den Verstand geraubt? Willst du eine neue Geschichte? Ist dir die hier nicht gut genug?«
    Ich flüsterte: »Ich habe nicht gesagt, dass sie nicht gut genug ist.«
    »Kannst du nicht zufrieden sein mit dem, was du hast? Sieh dich um – findest du nicht, du lebst eine tolle Geschichte, oder wie auch immer du das nennen willst? Was willst du? Ein Märchen? Ich finde, du lebst in einem Märchen.«
    »Nein, darum geht es ja. Genau darum – ich will kein Märchen leben.«
    Sein Gesicht wurde weicher, er beugte sich vor. »Du bist mein Märchen.«
    »Siehst du?« Ich war aufgesprungen. »Genau das macht mich wahnsinnig. Ich finde dein Herz nicht.«
    »Was meinst du mit das ?«
    »Wie du ständig hin und her wechselst. Fies, dann lieb. Wütend, dann freundlich. Alles in einem Atemzug. Du hast zwei Wege, ein Gespräch zu kontrollieren, dein Leben und mich im Griff zu behalten: supernett oder wutentbrannt. Zwischen denen wechselst du, bis du die Situation beherrschst.«
    »Ich habe keine Ahnung, was du meinst. Du redest reinen Unsinn, Ellie. Ich mache mir echt Sorgen.«
    »Du hast wirklich keine Ahnung, wie?«
    »Eines weiß ich wirklich nicht mehr, Ellie … liebst du mich?«
    Als meine Antwort aus Schweigen bestand, sah er mich lange an, das Warten streckte sich in alle Richtungen aus.Konnte ich es sagen? Ein Ja wäre eine Lüge. Sollte ich lügen, um meine Ehe zu retten? Einen Lebensstil zu retten?
    Rusty stand auf und trank den Whisky in einem Zug aus. »Du brauchst nicht zu antworten. Ich weiß Bescheid.« Er griff nach den Autoschlüsseln und war aus der Tür, bevor ich den Mund aufmachen konnte.
    Ich rannte raus zur Garage, aber da fuhr er schon rückwärts unter dem halbgeöffneten Garagentor hindurch. Die Scheinwerfer waren ausgeschaltet, das Auto sah wie ein schwarzes Loch aus, wie etwas Dunkles und Unheimliches, das den Rest der Welt in sich aufsaugen würde. Der Wagen fuhr in Schlangenlinien rückwärts auf die Straße zu. Mit quietschenden Reifen lenkte Rusty ihn auf die Straße und rammte den Vorwärtsgang rein. Unter den Reifen rumpelte etwas, dann waren nur noch die Geräusche der Nacht zu hören, Zikaden, eine entfernte Sirene, das Summen der Klimaanlage, und meine Stimme, die seinen Namen rief. Ich hockte auf der Auffahrt, Tau benetzte meinen Rock.
    Dann sah ich die Ursache des rumpelnden Geräusches: Am Ende der Auffahrt lag ein plattgefahrenes, blutiges Streifenhörnchen. Das kleine Tier hatte sich über den Hof geschlichen und nicht geahnt, dass ein Auto rückwärts auf es zugeschossen kommen würde. Wie hätte es die Gefahr in der eigentlich schützenden Dunkelheit auch ahnen sollen? Wie kann überhaupt jemand die Gefahr in der schützenden Dunkelheit ahnen?
    Das nächste Geräusch war das durchdringende Kreischen von Metall, ein albtraumhaftes Quietschen, gefolgt von unheimlicher Stille, als ob auch die Nacht den Atem anhalten würde.
    Ich rannte und wählte gleichzeitig auf dem Handy die911. Nur einen Block weiter fand ich Rustys Auto an einem Baum. Er kletterte aus dem Fahrersitz, ich stolperte zu ihm hin, ohne die Äste, die mir das Gesicht zerkratzten, oder das Glas, das mir die Füße zerschnitt, überhaupt nur wahrzunehmen. Sein Wagen hatte sich um eine Kiefer gewickelt.
    Er brüllte in die Dunkelheit. »Scheiße. Scheiße.« Sein rechter Arm hing in einem komischen Winkel herab, mir wurde schwummerig. Nebeneinander standen wir mitten auf dieser Vorortstraße, während Sirenen sich näherten und Blut aus einem Schnitt in Rustys Wange tropfte.
    »Hast du die Polizei angerufen?« Rusty versuchte, den Arm zu heben, stöhnte und zog ihn vor die Brust.
    »Natürlich. Du brauchst einen Arzt.«
    Er blickte die Straße entlang, wo rotes Licht über die Bäume flackerte, als würden irgendwo Kinder auf einem Friedhof Geister spielen. Er packte meine Hand. »Du musst sagen, dass du gefahren bist. Ich habe getrunken. Du musst sagen, dass du gefahren bist.«
    »Was?«
    »Ellie, hör mir genau zu. Ich bin nicht betrunken, aber die lassen mich mit Sicherheit pusten, und wahrscheinlich bin ich über dem Limit. Sag einfach, dass du gefahren bist.« Ein

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