Die Schwerter von Zinjaban
sagen konnte, hatte sie sich schon an ihm vorbei ins Zimmer gedrängt. Sie trug einen schwarzen Kapuzenumhang, den sie abstreifte und aufs Bett warf. Darunter kam das smaragdgrüne Gewand zum Vorschein, das sie schon beim Bankett getragen hatte.
»Vázni!« rief Reith. »Was in aller Welt …«
»Psst! Ich musste dich sehen.«
»Setz dich, meine Liebe.«
»O Fergus, es ist so lange her …«
»Ja, ja, aber was möchtest du? Ist es denn nicht gefährlich für dich, allein hierherzukommen?«
»Doch, aber ich konnte nicht anders. Und so habe ich mich heimlich davongestohlen. Wann gedenkst du nach Novo zurückzukehren?«
»Das hängt von den Geschäften meiner Klienten ab. In ein paar Tagen, so Bákh will.«
»Kannst du mich nicht mitnehmen? Wenn Terraner sich als Menschenwesen verkleiden können, dann kann ich auch das Umgekehrte tun. Ich werde meine Antennen verbergen …«
»Großer Gott, welch eine Idee! Warum bist du so erpicht darauf, deinem Bräutigam zu entfliehen? Magst du ihn denn nicht?«
Vázni vollführte das krishnanische Äquivalent eines Kopfschütteins. »Gilan ist ein wenig verrückt. Als er dem Dour von Gozashtand schrieb und meinen Ehegemahl und mich einlud, zurück nach Rosid zu ziehen und dortselbst unbegrenzten Kredit zu genießen, deuchte mich, dass edle Großzügigkeit dahinterstecke; doch als ich ihn dann kennen lernte …«
»Der Dasht nannte dich eine Witwe. Was geschah?«
»Meine Ehegemahl war Aslehán bad-Khar, ein Ritter von Dur. Nachdem du mich so schmählich im Stich gelassen hattest, war er es, der mir in meinem Kummer Trost spendete. In der Hoffnung, dich nach Dur zurückzulocken, wollte der Regent nichts davon hören, dass ich meine Ehe mit dir beende, auf dass ich Aslehán freien könne. Um unserem Bunde den Anschein von Gesetzlichkeit zu verleihen, flohen wir bei Nacht und Nebel und fanden Asyl an Dour Eqrars Hof.
Doch als wir dann unseren Zweck als Feilschmasse in Eqrars Schacher mit meinem Vetter Tashian erfüllt hatten, verlor der Dour das Interesse an uns. Und so kamen wir denn nach Rosid.«
»Hattet ihr Sprösslinge?«
»Ja; wir hatten eine Tochter in Hershid ausgebrütet. Sie hat sich jüngst vermählt und ist nach dem fernen Suruskand gezogen. Letztes Jahr dann fand der arme Aslehán bei einem Turnier den Tod. Gilan war so mitfühlend, dass es meine Leber rührte, und ich nahm seinen Heiratsantrag an. Aber danach …«
»Aber – was?« hakte Reith nach.
»Es drang ein Gerücht an meine Ohren, Gilan selbst habe das vorzeitige Ableben meines Ehegemahls bewerkstelligt. Er habe bewirkt, so ging das Gerücht, dass Asleháns Gegner eine reguläre Schlachtlanze anstelle der Turnierlanze wider meinen Gemahl ins Gefecht führe. Diese grimmige Waffe sei getarnt gewesen durch ein Schwindel-Koronal, welches mit Stacheln aus kraftlosem Papier bewehrt gewesen sei. Die Lanze durchbohrte meinen lieben Mann.
Auch gewahrte ich rasch, dass Gilans Vermählungsantrag nichts weiter war denn ein wohlberechneter Zug in seinem politischen Spiel. Er hatte bereits sein erstes Weib verstoßen, die Lady Farudi. Sie hatte daraufhin Sir Shost zu ehelichen gewünscht; doch verbat Gilan dies: Es sei unwürdig, dass ein Weib, das schon einmal in den Genuss seiner Umarmungen gekommen sei, je einem andren gehöre. Als seine Spitzel das Paar bei einem Stelldichein ertappten, ließ er Sir Shost aufgrund einer fadenscheinigen Beschuldigung enthaupten und warf Farudi in den Kerker.
Ich besuchte sie daselbst und erfuhr vieles. Der Dasht hatte sie verstoßen, weil er sich erhoffte, mich zu freien, glaubte er doch, als mein Gemahl Tashian dazu bewegen zu können, ihn zum Dour von Dur zu küren – oder, falls dies nicht gelänge, das Gesetz zu ändern und mich Douri zu nennen, selbst aber in den Genuss der Macht meines Ranges zu gelangen.«
Reith fragte: »Beabsichtigte Gilan, mit dir ein männliches Ei zu zeugen, aus dem der künftige Dour schlüpfen würde?«
»Zweifelsohne hegte er eine solche Grille. Doch wenn Farudi die Wahrheit sprach, wäre ihm das wohl nimmer gelungen. Er ist nahezu impotent.«
Reith konnte sich eines Grinsens nicht erwehren. »Gütige Götter! Trotz seiner Großtuerei und seines martialischen Gehabes?«
»Fürwahr. Sie sagte, in sechs Jahren Ehe habe er sie weniger als ein Dutzend Male bestiegen, und anlässlich dieser mageren Begattungsakte habe er auch nur sehr wenig Samen abgesondert. Jetzt weißt du, warum ich geneigt bin, aus Dur zu fliehen. Ich habe viel gelernt,
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