Die Schwester der Braut
habe mir Sorgen gemacht, die Leute könnten denken, wir hätten kein Geld für so etwas Wichtiges wie eine Brille für unseren Sohn.« Dana schüttelte den Kopf über ihr jüngeres selbst. Sie lächelte ein wenig.
»Sie vermissen . . . du vermisst ihn sehr, nicht wahr?«, fragte Alex in Danas Gedanken.
Dana schaute der jüngeren Frau in die dunklen Augen. Sie nickte. »Jeden Tag. Ich frage mich, was er jetzt machen würde. Ob er doch noch aufs College gegangen wäre. Oder ob er vielleicht mit seinen Zeichnungen irgendwie hätte Geld verdienen können. Am meisten vermisse ich sein schiefes Lächeln. Er hat mich damit immer angesehen, wenn er etwas ausgefressen hatte, so als wolle er sagen: ›Aber Mom, so etwas tun Jungs nun mal!‹ Er war ein Halunke. Aber auch Halunken sollten nicht vor ihren Eltern sterben.« Dana schloss für einen Moment die Augen. Sie wollte nicht weinen, doch das war, was sie üblicherweise tat, wenn sie an Josh dachte.
»Es tut mir leid. Ich wollte dich eigentlich aufheitern. Und jetzt bringe ich dich zum Weinen«, entschuldigte sich Alex und griff nach Danas Hand, die kraftlos in ihrem Schoss lag.
Dana schüttelte den Kopf. »Ich fand es schön, wie du deine Erinnerung an Josh mit mir geteilt hast. Das tun die Leute nur selten. Niemand will üblicherweise über einen toten Jungen reden. Ich danke dir.« Sie lächelte durch die Tränen, die in ihren Augen schwammen und die sie gleich darauf wegwischte. Sie drehte die Hand, die von Alex gehalten wurde, und erwiderte den Druck.
Ihre Hände lagen ineinander. Es war eine warme, tröstende Geste. Beide Frauen betrachteten das Bild ihrer verschlungenen Hände für einen Moment. Dann nahm Dana ihre Hand zurück, gähnte, und der Moment war vorbei.
»Ich sollte langsam schlafen gehen, es war ein langer Tag.«
Alex sah auf die Uhr auf dem Kaminsims. Es war kurz nach Mitternacht. Sie erhob sich und sammelte die beiden Bierflaschen auf, ihre eigene leere und Danas, von der die nur einen Schluck genommen hatte. Sie brachte sie in die Küche und entsorgte sie dort, bevor sie noch einmal ins Wohnzimmer zurückkehrte, wo Dana sich inzwischen wieder auf der Couch ausgestreckt hatte.
»Du kannst gern in meinem Bett schlafen. Das ist viel bequemer als die alte Couch«, bot sie an.
Dana schüttelte den Kopf. »Du bist viel zu groß für die Couch, und mir macht es nichts aus. Danke trotzdem.«
Alex nickte. In Wahrheit wollte sie noch nicht ins Bett gehen. Sie hätte sich tatsächlich gern noch weiter mit Dana unterhalten. Es war so leicht, mit ihr zu reden.
Dana bemerkte Alex’ Zögern. »Was steht morgen an – weitere Hochzeitsvorbereitungen?«
»Nein, morgen steht nichts an. Dafür kommen am Donnerstag die Gäste. Zudem sind die Generalprobe in der Kirche und ein Essen mit der Verwandtschaft geplant. Danach kommen ein paar der Frauen noch mit hierher. Ich glaube, die haben irgendein Voodoo-Ritual mit Ally vor – so hat es zumindest geklungen, als Mom es erklärt hat.«
Dana lachte auf.
»Da könnten ein paar Hühner bei drauf gehen«, fügte Alex noch hinzu und grinste frech. »Nun . . .«
»Vielleicht können wir morgen zusammen bei mir essen«, unterbrach Dana die junge Frau mit einer spontanen Idee.
Alex sah sie erstaunt an.
»Du wolltest doch deinen Schwager besser kennenlernen. Ich könnte ihn und Ally, dich und deine Mom einladen und euch bekochen. Lauren wäre sicher ganz froh, vor dem ganzen Trubel mit der Verwandtschaft mal einen Abend Pause zu haben. Was meinst du?«, erklärte Dana aufgeregt.
»Ja, das wäre nett. Du solltest das vermutlich morgen mit Mom besprechen.«
Dana hatte den Eindruck, dass Alex nicht ganz so überzeugt von ihrer Idee war wie sie selbst.
Tatsächlich hielt Alex es für eine sehr gute Idee. Nur war sie noch etwas benommen, denn im ersten Moment hatte sie gedacht, Dana wolle sie – und nur sie – zum Essen einladen. Der Effekt, den diese Einladung auf sie gehabt hatte, war völlig unerwartet gewesen. Im ersten Moment hatte ihr Herz einen Satz gemacht – und war bei Danas näherer Ausführung ins Bodenlose gerutscht. Es war eigenartig. Musste sie es wirklich analysieren? Sie wollte doch einfach nur ein bisschen Zeit mit einer netten und attraktiven Frau verbringen, die interessant war – und die eine Freundin wesentlich besser gebrauchen konnte als eine zwanzig Jahre jüngere Frau, die sich vielleicht ein kleines bisschen zu ihr hingezogen fühlte . . .
»Ich geh dann mal. Gute
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