Die Schwester der Braut
Brautjungfern.
Alex war sich nicht sicher, wie sie hieß. Die Freundinnen ihrer Schwester ähnelten sich alle irgendwie. Außerdem hatte sie nur mit einem halben Ohr zugehört, als Alicia ihr alle ihre Freundinnen vorstellte. Diese hatte bereits einen kleinen Schwips und ein geblümtes Kleid an. Hieß sie Danielle? Corinne, vielleicht? Alex konnte sich nicht erinnern. Da sie die Frau nach den Feierlichkeiten sowieso nicht wiedersehen würde, war es eher unwichtig.
Erneut wurde angestoßen. Alle wirkten ausgelassen auf Alex. Was sicher auch mit dem bevorstehenden Ausflug zu tun hatte, den Allys erste Brautjungfer geplant hatte. Sie selbst war von der Organisation der Hochzeit unbehelligt geblieben. Das war der Vorteil, wenn man mehrere Autostunden von seinem Heimatort entfernt wohnte. Oder vielleicht war es auch ein Nachteil. Alex war sich nicht sicher.
Sie und ihre Schwester hatten sich nie sehr nahe gestanden. Selbst als Kinder hatten sie kaum miteinander gespielt. Es hatte immer gleichaltrige Kameraden gegeben, mit denen beide Mädchen mehr unternommen hatten. In der High School trieb Alex die verschiedensten Sportarten, während Ally nur Cheerleading im Kopf gehabt hatte – und Jungs. Sie hatten tatsächlich wenig gemeinsam gehabt. Und soweit Alex sagen konnte, war das immer noch so.
Dennoch hätte Alex gern eine wichtigere Rolle bei diesem für ihre Schwester so wichtigen Ereignis gespielt. Sie fühlte sich seltsam nostalgisch, während sie an den großen Kamin gelehnt dastand und ihre Schwester betrachtete, die auf einmal erwachsen war. Oder erwachsener, als Alex sie je gesehen hatte.
»Was machst du eigentlich jetzt, Alex?«
Ihr eigener Name holte die junge Frau aus ihren Gedanken zurück in die Gegenwart. Sie sah Alicias beste Freundin, Bethany, die sie angesprochen hatte, fragend an.
»Was du beruflich machst?«, erörterte diese ihre Frage.
»Oh, ich schreibe eine Sportkolumne für die Baltimore Sun .« Alex erahnte schon die nächste Frage und wurde nicht enttäuscht.
»Eine Sportkolumne? Ich dachte immer, nur Männer schreiben über Sport.«
»Das ist der Vorteil, wenn man seinen Namen geschlechtsneutral abkürzen kann.« Alex lächelte. »Solange die Leser nicht wissen, dass kein Mann hinter der Kolumne steckt, ist es der Redaktion ziemlich egal, wer den Kram schreibt. Hauptsache, es wird gelesen.«
»Ich glaube, du stellst dein eigenes Licht unter den Scheffel, Alex. Ich lese deine Kolumne, und ich finde sie sehr gut – und nicht nur, weil ich dich persönlich kenne«, bemerkte Dana.
Alex errötete erneut. Nur selten wurde sie für ihre Sportkenntnisse oder ihre journalistischen Fähigkeiten gelobt. Sie erzählte auch selten, was sie genau tat. Normalerweise sagte sie, dass sie für die Sun arbeitete und lenkte die Aufmerksamkeit dann auf ihren Gesprächspartner. Es war nicht so, dass sie ihren Job nicht liebte oder dass er ihr peinlich war. Tatsächlich war sie sehr stolz auf ihre Kolumne. Doch meistens bekam sie genau solch eine Reaktion wie die von Allys Freundin. Sie arbeitete in einer Männerdomäne; das war zwar unheimlich klischeehaft und dazu noch blödsinnig, aber so wurde es von der Allgemeinheit gesehen. Und es nervte Alex, erklären zu müssen, wie es dazu kam, oder sich rechtfertigen zu müssen, warum sie Sport überhaupt interessierte. War das nicht etwas für ungebildete Halbaffen, die den Tag am liebsten vor dem Fernseher verbrachten und bei einem Sixpack von ihrer eigenen verlorenen, sportlichen Jugend träumten? Klischees, eben.
»Danke. Auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass meine Mom Sie zur Lektüre verdonnert hat.«
Dana lachte. Ebenso wie Lauren und einige der Gäste.
»Damit hat es vielleicht angefangen. Inzwischen lese ich deine Kolumne, weil sie informativ und gut geschrieben ist. Außerdem war ich schon immer ein Baseballfan.«
Diese Information ließ Alex erstaunt aufhorchen. Sie kannte nicht viele Frauen, die sich für Baseball interessierten. Selbst die sportbegeisterten unter ihren Freundinnen bevorzugten Basketball oder Fußball.
»Tatsächlich? Welcher ist Ihr Verein?«
»Ich komme ursprünglich aus Boston.« Dana lächelte zu der am Kamin stehenden Alex auf.
»Ah, die Red Sox . Die hatten eine gute letzte Saison. Allerdings . . .«
»Sport? Ernsthaft?«, unterbrach Alicia ihre Schwester an dieser Stelle.
Alex zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Kein angemessenes Gesprächsthema für einen Junggesellinnenabend?«, fragte sie
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