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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Catherine zu. »Ich habe das Gefühl, ich müßte dir die Hand küssen«, meinte er.
    |571| Sie lachte und sprang ihm in die Arme. »Ich habe mich so gefreut, als ich gelesen habe, daß ihr verheiratet seid«, sagte sie. »Muß ich dich jetzt Vater nennen?«
    »Ja«, erwiderte er bestimmt, als hätte es in der Sache niemals einen Zweifel gegeben. »Außer wenn du mich Sire nennst.«
    Sie kicherte. »Und das neue Kind?«
    Ich ging zu der Amme und nahm ihr die Kleine ab. »Da ist sie«, erklärte ich. »Eure Schwester.«
    Catherine gurrte und nahm das Kind gleich auf den Arm. Henry lehnte sich über ihre Schulter, zog das Tuch ein wenig weg und schaute in das winzige Gesichtchen. »Ist die klein«, meinte er.
    »Sie ist schon sehr gewachsen«, sagte ich. »Bei ihrer Geburt war sie noch kleiner.«
    »Heult sie viel?« wollte Henry wissen.
    Ich lächelte. »Nicht zu sehr. Nicht wie du. Du warst ein richtiger Schreihals.«
    Er grinste sofort jungenhaft. »Wirklich?«
    »Schrecklich.«
    »Ist er immer noch«, behauptete Catherine mit der Respektlosigkeit der älteren Schwester.
    »Bin ich nicht!« gab er zurück. »Jedenfalls, Mutter und, äh, Vater, kommt ihr ins Haus? Das Abendessen ist bald fertig. Wir wußten ja nicht, wann ihr eintreffen würdet.«
    William setzte sich in Bewegung und legte Henry den Arm um die Schulter. »Erzähl mir doch einmal von deinem Unterricht«, forderte er ihn auf. »Ich höre, du lernst bei den Zisterziensermönchen. Bringen sie dir außer Latein auch Griechisch bei?«
    »Darf ich die Kleine ins Haus tragen?« fragte Catherine.
    »Du kannst sie den ganzen Tag haben.« Ich lächelte sie an. »Ihre Amme wird sich über die kleine Pause freuen.«
    »Wacht sie bald auf?« Catherine musterte unverwandt das kleine Bündel.
    »Ja«, versicherte ich ihr. »Und dann kannst du ihre Augen sehen. Sie sind tief dunkelblau. Wunderschön. Und vielleicht lächelt sie sogar für dich.«

|572| Herbst 1535
    Im Herbst erhielt ich einen einzigen Brief von Anne.
     
    Liebe Schwester,
    wir jagen mit der Meute und mit Falken und machen gute Strecke. Der König reitet hervorragend und hat sich ein neues Jagdpferd gekauft. Wir hatten das große Vergnügen, uns bei den Seymours in Wulfhall aufzuhalten, und Jane stand als Tochter des Hauses sehr im Vordergrund. Man hätte sich an ihrer Höflichkeit die Zähne ausbeißen können. Sie spazierte mit dem König durch die Gärten, zeigte ihm die Heilkräuter, aus denen sie Arzneien für die Armen bereitet, zeigte ihm ihre Stickerei und ihre Lieblingstauben. Sie überwacht gern persönlich die Zubereitung des Abendessens für ihren Vater, weil sie der Meinung ist, es sei die Aufgabe der Frauen, den Männern zu dienen. Mit einem Wort: Sie war über die Maßen bezaubernd. Der König machte ihr Schafsaugen wie ein verliebter Schuljunge. Du kannst Dir denken, daß ich weit weniger betört war. Aber ich lächelte tapfer, da ich doch wußte, daß ich ein Trumpfas habe, nicht im Ärmel, sondern im Bauch.
    Gebe Gott, daß diesmal alles gut geht. Ich schreibe Dir aus Winchester. Von hier reisen wir nach Windsor, wo ich Dich bald erwarte. Ich möchte, daß Du die ganze Zeit mit mir verbringst. Das Kind soll im nächsten Sommer zur Welt kommen. Dann sind wir alle wieder in Sicherheit. Sag niemandem etwas davon, nicht einmal William. Es muß so lange wie möglich ein Geheimnis bleiben, falls wieder ein Mißgeschick passiert. Nur George weiß davon, und jetzt Du. Dem König teile ich es erst mit, wenn der dritte Monat vorüber ist. Ich hoffe diesmal mit gutem Grund, daß das Kind kräftig wird. Bete für mich.
    Anne
     
    |573| Ich tastete in der Tasche nach meinem Rosenkranz, ließ die Kugeln durch die Finger gleiten und betete mit aller Leidenschaft, die ich aufbringen konnte, daß Annes Schwangerschaft diesmal bis zur Geburt eines gesunden Jungen andauern würde. Ich glaubte nicht, daß wir noch eine Fehlgeburt überleben würden. Das Geheimnis würde durchsickern, und unser Glück würde an dieser weiteren Katastrophe zerschellen. Oder Anne würde einfach den beinahe unmerklichen Schritt vom übermäßigen Ehrgeiz zum Wahnsinn tun.
     
    Ich sah zu, wie meine Zofe die Kleider für unsere Rückkehr nach Windsor in die Reisetruhe packte. Da klopfte Catherine an und betrat mein Zimmer.
    Ich lächelte, und sie setzte sich neben mich und blickte auf ihre Schuhschnallen hinunter. Sie rang offensichtlich nach Worten.
    »Was ist denn?« fragte ich. »Sag’s mir, Cat, ehe du daran

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