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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Schürhaken. Zur Sicherheit mischte ich noch ein wenig Kognak hinein und goß alles in ihren goldenen Becher. Ich stützte sie, so daß sie trinken konnte. Sie zitterte nicht mehr, war aber immer noch totenbleich.
    »Schlaf«, sagte ich. »Ich bleibe heute nacht bei dir.«
    Ich kroch neben ihr ins Bett, umfing sie mit den Armen, um sie zu wärmen. Ihr federleichter Körper mit dem wieder flachen Bauch war klein wie der eines Kindes. Ich merkte, daß mein Nachthemd an der Schulter feucht wurde. Sie weinte lautlos, die Tränen quollen ihr unter den geschlossenen Lidern hervor.
    »Schlaf«, murmelte ich hilflos. »Heute nacht können wir nichts mehr machen. Schlaf jetzt, Anne.«
    Sie öffnete die Augen nicht. »Ich werde schlafen«, flüsterte sie. »Und ich wünsche zu Gott, ich würde nie mehr aufwachen.«
     
    Natürlich wachte sie am nächsten Morgen wieder auf. Wachte auf und rief nach ihrem Bad. Sie ließ es sich mit beinahe unerträglich heißem Wasser füllen, als wollte sie sich die Schmerzen aus Körper und Seele sieden. Sie stand in der Wanne und |567| schrubbte sich von Kopf bis Fuß, dann ließ sie sich in den Seifenschaum sinken und befahl den Zofen, eine weitere Kanne heißes Wasser zu bringen, dann noch eine. Der König schickte eine Botschaft, daß er in die Frühmesse ginge, und Anne antwortete, daß sie sich beim Frühstück zu ihm gesellen würde. Sie hörte die Messe in ihrem Schlafgemach. Sie bat mich, einen rauhen Leinenlappen zu holen und ihr damit den Rücken zu schrubben, bis die Haut ganz rot war. Sie wusch sich das Haar und steckte es hoch, während sie im heißen Wasser lag. Dann brachten die Zofen angewärmte Leintücher, in die sie sich hüllte.
    Anne trocknete sich vor dem Feuer ab. Sie ließ sich ihre prächtigsten Gewänder herauslegen, um auszuwählen, was sie heute tragen und was sie auf die sommerliche Staatsreise mitnehmen würde. Ich hielt mich im Hintergrund und beobachtete sie. Ich fragte mich, was diese wütende Taufe mit kochendem Wasser bedeuten mochte, was ihr diese Parade ihrer Reichtümer gab. Die Zofen kleideten sie an und schnürten sie so eng, daß ihre Brüste sich verlockend über dem Ausschnitt ihres Gewandes wölbten. Die leicht nach hinten geschobene Haube ließ ihr schimmerndes schwarzes Haar sehen, die schmalen Finger waren mit Ringen besteckt, und sie trug ihre liebste Perlenkette mit dem »B« für Boleyn. Sie hielt kurz inne und schaute sich im Spiegel an, ehe sie das Zimmer verließ. Unwillkürlich warf sie ihrem Ebenbild ein wissendes verführerisches kleines Lächeln zu.
    »Geht es dir wieder besser?« fragte ich und trat endlich vor.
    Ihre rasche Drehung ließ die prächtige Seide ihres Gewandes wirbeln, und die aufgestickten Diamanten glitzerten im Sonnenlicht. »
Bien sûr!
Warum auch nicht?« fragte sie zurück. »Warum auch nicht?«
    »Es gibt wirklich keinen Grund«, erwiderte ich. Ich merkte, wie ich vor ihr zurückwich, nicht aus Respekt, was sie gern sah, sondern weil mir alles zuviel wurde. Ich wollte nicht bei Anne sein, wenn sie sich wie jetzt gab. Ich sehnte mich nach Williams schlichter Zärtlichkeit und nach einer Welt, in der die Dinge waren, was sie schienen.
    |568| Ich traf William, wie erwartet, mit unserem Kind im Arm auf einem Spaziergang am Fluß. »Ich habe die Amme zum Frühstück geschickt«, meinte er und reichte mir die Kleine. Ich schmiegte mein Gesicht an ihr Köpfchen. William legte mir die Hand auf den Rücken und drückte mich an sich. Ich genoß seine Berührung, die Wärme des Kindes an meinem Körper, den Lärm der Möwen, die Sonne auf meinem Gesicht. Dann spazierten wir gemächlich Seite an Seite auf dem Treidelpfad am Fluß entlang.
    »Wie geht es der Königin heute morgen?«
    »Als wäre nichts geschehen«, antwortete ich. »Und damit ist es gut.«
    Er nickte. »Ich habe mir nur eines überlegt«, sagte er zögernd. »Ich will mir euren Unmut nicht zuziehen, aber …«
    »Was?«
    »Was stimmt nicht mit ihr, daß sie kein Kind austrägt?«
    »Sie hat Elizabeth auf die Welt gebracht.«
    »Und seither?«
    Ich schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Was meinst du?«
    »Nur was alle denken würden, wenn sie wüßten, was ich weiß.«
    »Und was würden sie denken?« wollte ich wissen, und meine Stimme klang ein wenig scharf.
    »Du weißt, was.«
    »Sag du es mir.«
    »Nicht, wenn du mich so strafend anschaust. Wie dein Onkel. Ich zittere wie Espenlaub.«
    Ich mußte lachen. »Da! Ich schaue nicht mehr strafend. Red

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