Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
verfällst. Die Träume, die der Trank beschert, sind als Gegenmittel gedacht, damit du dich nicht einem Mann zuwendest. Ich kann dir auch andere Sachen besorgen. Wenn du eine Kerze stiftest, dann machen wir dir daraus ein Nonnenkleinod.«
    »Ein Nonnenkleinod? Was ist das?«
    Gundula errötete.
    »Nun, damit bereiten wir uns auf den Tag vor, an dem wir uns mit unserem Herrn und Gemahl Herrn Jesus Christus vereinigen werden.«
    »Ist es eine Reliquie?«
    »So etwas Ähnliches. Man nennt es bijou de religieuse. Es … es ist einem gewissen männlichen Körperteil nachempfunden, der … oh … ich kann darüber nicht sprechen. Wir … wir benutzen es eben, und es bereitet die Freuden, die uns am Tag der Vereinigung mit unserem Bräutigam Herrn Jesus Christus erwarten.«
    Maria erinnerte sich an das Buch, das zu Hause auf dem Dachboden gelegen und das sie sich gemeinsam mit ihrer Schwester angeschaut hatte. Ja, ein Mann sah anders aus als eine Frau. Und wenn Jesus Christus ein Mann war, dann besaß auch er so ein Körperteil. Aus einer Kerze? Wie sollte so etwas vonstatten gehen? Maria konnte es sich nicht vorstellen. Sie schüttelte leise den Kopf.
    »Ist das nicht auch Sünde?«
    »Natürlich wird man von der Mutter Oberin bestraft, wenn sie dahinter kommt. Man darf sich eben nicht erwischen lassen. Außerdem gibt es die Beichte. Der Beichtvater erlöst uns manchmal auch von diesen drängenden Qualen, indem er … also … er erleichtert uns eben.«
    »Willst du sagen, die Mönche … treiben es mit den Nonnen?«
    »Das ist kein passender Ausdruck«, widersprach Gundula seltsam verlegen. »Wir nennen es fleischliche Erkennung.«
    »Aber das ist doch erst recht Sünde«, begehrte Maria auf.
    »Nein, bestimmt nicht. Es dient einfach zur Vorbereitung auf den bestimmten Tag.«
    »Seltsam, das hatte ich mir eigentlich ganz anders vorgestellt. Nicht körperlich, sondern spirituell.«
    Gundula zuckte mit den Schultern.
    »Jedenfalls ist es so. Mehr weiß ich auch nicht.«
    Das gab Maria sehr zu denken. Was geschah sonst noch in der Verschwiegenheit und Einsamkeit des Klosters, von dem sie keine Ahnung hatte? Ob sie darüber mit Hans sprechen sollte?
    Feiner Tau lag zu dieser frühen Morgenstunde auf den Sträuchern und Blüten des Klostergartens. In den Gemüsebeeten arbeiteten die Konversen mit gebeugtem Rücken, ohne Gesang und Gelächter. Wie eine schwarze Statue stand die Äbtissin am Garteneingang und ließ ihre kontrollierenden Blicke über die krummen Rücken gleiten. Sie konnte Maria nicht entdecken. Die Mönche, die den Nonnen die Beichte abnahmen, hatten ihr berichtet, dass Maria nur selten zur Beichte ging und dabei offensichtlich etwas verschwieg. Jedenfalls unterschied sich ihre Beichte auffällig von der anderer Nonnen. Sie schien kaum zu sündigen. Das war verdächtig.
    Langsam ging die Äbtissin den Gartenweg entlang. Es würde eine gute Ernte geben, es war ein üppiges Jahr.
    Das Gemüse wuchs, die Rosen verbreiteten ihren schweren Duft, und auf den Bäumen reifte das Obst. Hinter dem Obstgarten plätscherte der Fluss – und da war Maria.
    Die Äbtissin blieb stehen und suchte den Schutz eines Apfelbaumes, um sie besser beobachten zu können. Sie musste nicht lange warten, bis ein Boot kam. Ein junger Mann steuerte es ans Ufer und warf Maria ein Seil zu, das sie flugs um einen Pfahl wickelte. Die Äbtissin konnte sich nicht daran erinnern, dass da jemals eine Anlegestelle gewesen war. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie weiter, wie der Mann ans Ufer sprang und die beiden sich in die Arme fielen. Sie küssten sich selbstvergessen und verschwanden in der Rosenlaube.
    Die Äbtissin musste lange warten, doch ihre Geduld wurde belohnt. Maria verabschiedete sich von ihrem Liebhaber wieder mit innigen Küssen, dann löste sie das Seil, während er ins Boot sprang und ihr zum Abschied zuwinkte. Auch Maria winkte ihm lange und wehmütig nach. Danach wandte sie sich um und ging langsam durch den Obstgarten zurück. Ihr Blick war tränenverschleiert und ihr Herz schwer vor Kummer, weil Hans wieder gehen musste.
    Ein eisiger Schreck durchfuhr Maria, als plötzlich eine schwarze Gestalt ihr den Weg verstellte. Sie schaute auf und direkt in die stechenden Augen der Äbtissin.
    »Du brauchst nichts zu sagen, ich habe alles mit eigenen Augen beobachtet. Du falsche Schlange treibst ein böses Spiel. Du lässt dich als Heilige verehren und benimmst dich wie eine Hure. Sieht so deine Demut, deine Keuschheit und dein

Weitere Kostenlose Bücher