Die Schwester der Nonne
und ihr wurde übel. Die beiden Nonnen packten sie und führten sie zu einem Tisch, an dessen Rand halbrunde eiserne Ösen eingelassen waren. Fast brutal warfen sie Maria auf die Platte und fesselten ihr mit Stricken Arme und Beine. Die Stricke banden sie an den eisernen Ösen fest. Von der Decke wurde ein riesiger Trichter herabgelassen. Mit schreckensweiten Augen starrte Maria auf das grausige Gerät. Da schob sich der Kopf der Äbtissin dazwischen. In deren Augen glitzerte Hass und Häme.
»Du wolltest dich als Heilige betätigen und hattest wohl gehofft, die Menschen beteten dich an. Aber ich glaube, in Wirklichkeit bist du eine Hexe. Du hast das Wasser der Marienquelle durch heidnischen Zauber wieder fließen lassen. Nun sollst du es trinken, so viel, wie in deinen Körper nur hineingeht. Wenn Gott will, dann soll das dein Tod sein. Ich glaube, es ist kein Mann gewesen mit dem du gebuhlt hast, sondern der Teufel persönlich. Das heilige Wasser soll in dich fließen und alles Böse herausschwemmen. Entweder wird damit der Teufel aus deinem Leib ausgetrieben. oder du fährst zur Hölle.«
Sie gab den Nonnen einen Wink, die mit Eimern voll Wasser auf eine Leiter kletterten und den Trichter füllten.
Maria wand sich verzweifelt in ihren Fesseln. Die Stricke schnürten sich tief in ihr Fleisch. Die Äbtissin drückte ihre knochigen Finger gegen Marias Unterkiefer und zwang sie, den Mund weit zu öffnen.
»Neiiiiiiiiiin!«
Marias Schrei wurde durch die Blechtülle erstickt, die ihr eine Nonne tief in den Hals hineinschob. Dann öffnete sie den Hahn des Trichters.
Marias Körper bäumte sich auf. Die Wasserflut schoss in ihre Kehle, sie gurgelte, rang nach Luft, die Augen traten aus den Höhlen. Sie konnte den Kopf nicht bewegen, der grausamen Flut nicht entkommen. Ihr Körper schien zu zerreißen. Unerträgliche Schmerzen durchzuckten sie. Vor ihren Augen tanzten glühende rote Ringe. Maria konnte nicht mehr atmen, ihr Kopf schien um ein Mehrfaches anzuschwellen und in ihrer Todesangst rief sie die Gottesmutter um Hilfe an. Es war ein stummer Todesschrei, von einer grausigen Wasserflut in die Tiefe ihres Schlundes gespült. Dann wurde es Nacht um sie.
Es war immer noch Nacht, und Maria war sich sicher, dass sie tot sei. Wenn nicht dieser grausame Schmerz in ihrem Körper wüten würde. Sie versuchte sich zu bewegen, doch es ging nicht. Ihre Zunge lag wie ein dicker Klumpen Fleisch in ihrem Mund, und ihre Kehle schmerzte, als hätte man sie stranguliert. Das Schlucken bereitete ihr heftige Probleme, sie musste husten und würgte. Ein Schwall Wasser ergoss sich aus ihren Mund und der Nase. Sie ächzte und stöhnte. Nur eines war ihr klar, sie lebte noch.
Langsam, ganz langsam kehrten all die grausigen Einzelheiten in ihr Gedächtnis zurück. Mit der Erinnerung verstärkte sich der Schmerz. Alles an ihr war nass und klebte. Sie wälzte sich gepeinigt auf dem stinkenden Stroh. Warum war sie nicht gestorben? Der Tod war gnädiger als diese Qual. Warum ließ Gott das zu?
Sie drehte sich zur Seite. Ein messerscharfer Schmerz fuhr in ihren Magen, dann erbrach sie sich wieder. Sie blieb liegen, das Gesicht in einer Pfütze ihres Erbrochenen, das nur aus Wasser und Galle zu bestehen schien, und dämmerte leise wimmernd vor sich hin.
So lag Maria lange auf ihrem Lager, ohne zu wissen, ob es Tag oder Nacht war, welcher Tag oder welche Stunde. Es hatte auch keine Bedeutung mehr. Irgendwann spürte sie die Anwesenheit eines anderen Menschen. Jemand berührte sie. Sie besaß nicht einmal die Kraft zu erschrecken.
»Maria, hast du Schmerzen?« Es war Gundula.
Maria wollte antworten, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht. Nur ein Krächzen drang aus ihrem Hals. Gundula legte tröstend die Hand auf Marias Schulter.
»Danke, dass du uns nicht verraten hast«, flüsterte sie. »Zwar duldet die Äbtissin meist unsere Heimlichkeiten, vor allem, wenn die Beichtväter mit dabei sind, aber wenn wir es zu toll treiben, dann straft sie uns auch. Allerdings nicht so schlimm wie dich. Du hättest es nicht mit dem Fremden tun sollen.«
Maria stöhnte auf.
»Du Arme, du hast bestimmt Schmerzen. Ich habe dir etwas mitgebracht.« Sie bettete Marias Kopf in ihren Schoß, träufelte ihr eine Flüssigkeit auf die Lippen und wiegte sie sanft. Der wütende Schmerz in Marias Körper ließ nach. Sie wurde müde.
»Hans«, röchelte sie. »Sag es Hans.«
»Beruhige dich. Erst musst du wieder auf die Beine kommen. Du solltest das Schicksal
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