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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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betrachtete ihn missmutig.
    »Die Äbtissin wünscht, dass ich der Gefangenen die Beichte abnehme. Ein Gang in die Kirche ist ihr nicht gestattet. Aber sie muss ihr Gewissen reinigen, bevor sie vor ihren Schöpfer tritt.«
    »Nun, das wird wohl nicht lange auf sich warten lassen. Sie hat viel Schuld auf sich geladen.« Die Nonne bekreuzigte sich.
    »Und Ihr, liebe Schwester, sollt Euch in den Kapitelsaal begeben. Die Äbtissin hat Neuigkeiten zu vermelden.«
    »Oh, endlich einmal etwas Abwechslung. Aber ich kann die Gefangene nicht allein lassen.«
    »Ich bin doch bei ihr und garantiere Euch, dass sie nicht davonläuft.«
    »Das kann sie gar nicht, so wie sie bestraft wurde. Sie ist mehr tot als lebendig.«
    »Umso wichtiger, ihr die Beichte abzunehmen. Eilt Euch, Schwester, damit Ihr das Wichtigste nicht verpasst.«
    Die Schwester versuchte erneut, einen Blick unter die Kapuze des Mönchs zu erhaschen, aber es gelang ihr nicht so recht, Der Mönch schien noch recht jung zu sein, was sie aus seiner Stimme schloss. Vielleicht war er später bereit, auch ihr die Beichte abzunehmen. Sie eilte davon und hoffte, dass er bei ihrer Rückkehr noch da sein würde.
    Ungeduldig wartete Hans, bis die Wächterin verschwunden war, dann öffnete er die Tür zum Verlies. Er musste eine Fackel zur Hand nehmen und leuchtete den finsteren Raum aus. Er fand Maria zusammengekrümmt auf dem Boden liegend. Ein Ekel erregender Geruch ging von ihr aus. Er fasste sie an der Schulter und drehte sie um. Kraftlos rollte sie auf den Rücken. Als er in ihr Gesicht schaute, erschrak er zutiefst. Von ihrer Schönheit war nicht viel übrig geblieben. Schmutzig, voller bläulicher Flecken und Schwellungen, die Augen in tiefe Höhlen gesunken, starrte sie ihn an, ohne ihn zu erkennen. Sie gab unartikulierte Laute von sich und wirkte trunken.
    »Mein Gott, was haben sie dir angetan?«, murmelte er entsetzt und wütend zugleich. Er hob sie hoch. Sie war leicht wie ein Kind. Die brennende Fackel warf er ins Stroh. Mit seiner leichten Last eilte er die Treppen hinauf, schaute sich um. Die Nonnen befanden sich noch in der Kapelle.
    Mit großen Schritten eilte Hans durch den Garten, lief hinunter zum Fluss und stieß mit dem Fuß den Kahn aus seinem Versteck am Ufer. Vorsichtig legte er Maria hinein, sprang hinterher und steuerte das Boot in die Mitte des Flusses. Schon bald würden die Nonnen Marias Verschwinden bemerken. Vielleicht fing das Verlies Feuer. Das würde ihm einen kleinen zeitlichen Vorsprung verschaffen. Das Ruder in der Hand hielt er den Kahn auf Kurs. Er bedachte die am Boden liegende Maria mit einem zärtlichen Blick.
    »Du sollst niemals wieder Tränen vergießen«, murmelte Hans. Er riss sich die Kutte vom Leib und warf sie in den Fluss, wo sie sich aufblähte und langsam versank. Der Strom packte das kleine Boot und trug es mit sich fort.
    »Sie ist weg?« Das Gesicht von Benedictus hatte sich dunkelrot verfärbt. Die Äbtissin zuckte bei jedem seiner Worte wie unter Peitschenhieben zusammen. »Wie konnte das geschehen?«
    »Sie ist aus dem Kerker ausgebrochen«, murmelte die Äbtissin schuldbewusst.
    »Warum befand sie sich im Kerker?«
    »Weil sie offensichtlich einen Liebhaber hatte.«
    »Einen … Liebhaber?« Benedictus verschluckte sich, hustete, spuckte unter den Tisch und blickte die Äbtissin verständnislos an. »Einen von den Mönchen?«
    »Nein, das wüsste ich«, gab diese ausweichend zurück.
    »Also einer von außerhalb.«
    Der Propst rang nach Luft. Sein gewaltiger Bauch drückte ihn sehr und ihm wurde übel. Eine geflohene Nonne!
    »Wie könnt Ihr nur so nachlässig sein«, tobte er. »Wenn es um eure fleischlichen Gelüste geht, dann gibt es andere Wege. Sie hätte ihre Buße beim Beichtvater tun sollen, wie es das Bußbuch der Kirche vorsieht, und nichts wäre nach außen gedrungen. Es gibt genug Mönche, die zu dieser Art Beichte bereit sind.«
    Ihm wurde wieder übel bei dem Gedanken daran, dass die Beichtväter nur zu gern sündige Nonnen als Konkubinen nahmen. In besagtem Bußbuch waren alle erdenklichen Verstöße gegen das sechste Gebot aufgelistet und die entsprechenden Bußen dafür festgelegt. Die Mönche fragten akribisch nach, ob jemand Hand an sich gelegt oder es mit jemand anderem getrieben hatte, und wenn ja, ob von vorn oder von hinten, mit der Hand, mit dem Mund oder sonst wie, ob in Worten, in Taten oder auch nur in Gedanken.
    »Habt Ihr denn keine bijoux de religieuse bei Euch?«
    Die Äbtissin

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