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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Stirn.
    »Hoffentlich gibt es kein Gewitter. Es ist so schwül.«
    »Dann betet doch, betet doch«, rief Gudrun. »Gott wird uns beistehen. Aber nicht, wenn ihr hier so nutzlos herumsitzt.«
    Johanna kam aus der Küche gelaufen.
    »Ihr kocht weiter die Kohlsuppe«, rief sie den Mägden zu. »Wir müssen erst einmal beten.«
    Sie gingen alle zum Feldrand und knieten nieder. Auch Maria folgte ihnen. Alle falteten die Hände und beugten die Köpfe. Maria betete besonders inbrünstig.
    Diese Leute hatten sie so freundlich aufgenommen. Es sollte kein Schatten auf ihr Leben fallen, vor allem nicht Marias wegen.
    Die Sonne tauchte nun gänzlich hinter einem dicken Dunstschleier unter. Vom Haus her roch es nach Kohlsuppe. Aber der Geruch konnte ebenso gut von einem der anderen Höfe kommen. In den meisten Bauernküchen gehörte die Kohlsuppe zur täglichen Mahlzeit.
    Der trutzige Vierseithof von Adam zeugte von einem gewissen Wohlstand. Bald schon würde die Scheune mit Heu gefüllt sein, und alle Hofbewohner auf der Tenne das geschnittene Korn dreschen. Die beiden Ochsen würden dann Wagen um Wagen zur Mühle ziehen und gutes Mehl wieder zurückbringen. Im Gegensatz zu den Fronbauern besaß Adam das Recht, einen eigenen Backofen zu betreiben. Auch im Winter würde keine Not herrschen. Rüben und Karotten wurden eingemietet, Linsen, Erbsen und Bohnen in Säcke gefüllt und aus den Kohlköpfen Sauerkraut gemacht, das in den Holzfässern den ganzen Winter überdauerte. Auf dem Boden würden duftende Äpfel lagern und Apfelringe zum Trocknen an langen Schnüren hängen. In der Kammer hingen Schinken und Würste von den Schweinen, die im November geschlachtet wurden, und auf den Regalen stapelten sich die runden Käselaibe.
    Bauer Adam achtete sehr darauf, dass seine Familie und sein Gesinde im Winter ausreichend versorgt waren.
    Auch in diesem Augenblick dachte er daran, als er schweißüberströmt auf den Hof gelaufen kam, gefolgt von Hans.
    »Was kniet ihr hier und kratzt auf der Erde herum wie die Hühner«, rief er. »Sputet euch und helft das Heu zusammenzuholen. Es wird ein Gewitter geben.«
    »Was denkst du wohl, was wir hier tun?«, erwiderte Johanna. »Wir bitten Gott, kein Gewitter zu schicken.«
    »Darum könnt ihr nachher noch beten«, fuhr Adam sie an. »Erst müssen wir das Heu zusammenholen und fest im Schober verzurren. Ich vertraue lieber auf meine Hände als auf Gott.«
    »Du zweifelst an Gott?«, kreischte Johanna auf. »Das wird seinen Zorn auf uns lenken. Wenn etwas passiert, dann bist du daran schuld.«
    »Halt dein Schandmaul, Weib«, donnerte Adam. »Komm endlich.«
    Die Knechte waren schon vorausgelaufen. Johanna drehte sich um und schrie auf. Von Südwesten her wälzte sich eine blaugraue Wolkenwand heran, deren Rand wie von einem Messer abgeschnitten aussah. Sie bedeckte schon die Hälfte des Himmels und schob sich mit beängstigender Geschwindigkeit näher. Auch Maria wandte sich um und erstarrte. Schnell bekreuzigte sie sich. Am Himmel sah es aus wie vor dem Jüngsten Tag!
    Im nächsten Augenblick fuhr ein heftiger Windstoß über sie hinweg. Die Röcke der Frauen hoben sich wie überdimensionale Blumen in die Luft. Die Frauen kreischten um die Wette und versuchten, den sonst so schweren Stoff zu bändigen.
    »Das Heu«, schrie Adam, und die Männer liefen zur Wiese hinunter.
    »Die Kinder!« Es war Herthas Stimme, die die Männer stoppen und umkehren ließ. »Die Kinder, sucht die Kinder.«
    Es waren die beiden Buben, die sich mit den Ziegen noch irgendwo draußen befanden.
    »Du gehst ins Haus«, bestimmte Hans und schob Maria zum Hoftor hin.
    »Aber die Kinder«, wand sie ein. »Wir müssen die Kinder suchen.«
    »Das machen die Männer. Bleib du mit den anderen im Hof.«
    Sie zögerte, doch Hans schob sie noch einmal energisch zum Hof hin, bevor er den Männern folgte.
    Im nächsten Moment zuckte ein greller Blitz aus der schwarzen Wolkenwand, dem ein ohrenbetäubender Donner folgte. Ängstlich brummend drängten die beiden mächtigen Ochsen zum Stall. Maria sprang erschrocken beiseite. Sie fürchtete die riesigen Tiere mit den mächtigen Schädeln und den Ringen durch die Nase. Die Ochsen prallten gegen das große Hoftor, dessen Flügel zur Seite pendelten. Ein gewaltiger Windstoß fuhr hernieder und wirbelte im Hof alles durcheinander. Die Katze fegte wie ein grauer Blitz aus dem Wollkorb und verschwand in der Scheune. Die Wolle flog wie Schneegestöber durch die Luft. Erste dicke Tropfen

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