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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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benötigte Hans nicht. Das Kind unter Marias Herzen gedieh prächtig, und schon bald spürte er es strampeln, wenn er die Hand auf ihren Bauch legte. Noch immer wurde sie von den Bürgern der Stadt wie eine Heilige verehrt.
    Langsam erholte sich Katharina. Die Nähe der geliebten Menschen trug zu ihrer Genesung bei. Sie freute sich über Marias Glück, das dieser ins Gesicht geschrieben stand. Bald schon würde das Haus mit lautem Kindergeschrei erfüllt werden. Klaus rührte sich nicht von Katharinas Seite.
    »Nie wieder werde ich dich verlassen«, schwor er ihr.
    Thomas vernahm diese Worte mit Bitterkeit.
    »Du bist mir ein herzensguter Freund, schon aus Kindertagen«, versuchte Katharina ihn zu trösten. »Ich werde mein Leben lang dankbar sein für alles, was du für uns getan hast. Versteh, dass mein Herz aber für Klaus schlägt. Ich kann es ihm nicht verbieten.«
    »Ich verstehe«, flüsterte Thomas mit tränenerstickter Stimme. »Aber ich werde dich immer lieben, Katharina, bis ans Ende meiner Tage.«
    Der Frühling kam ins Land und verwandelte die Aue in ein Blütenmeer. Weiße Anemonen überzogen die Wiesen und den Waldboden wie einen Teppich. Vom nahe gelegenen Thomaskloster rief die Glocke zur Andacht.
    Benedictus ließ sich von seinem Messdiener ankleiden.
    »Sie heiraten in der Paulinerkirche«, sagte er mit säuerlichem Gesicht. »Und natürlich gehen die großzügigen Spenden zu Ehren der Hochzeit auch an das Paulinerkloster. Der Preller ist wirklich sehr nachtragend.«
    Mit einem tiefen Seufzer trat er aus der Sakristei vor den Altar. Er bekreuzigte sich und wandte sich um. Sein Blick streifte über die versammelten Chorherren und Mönche des Klosters. Es war Gottes Strafe. Er musste sie hinnehmen. Sein Blick wanderte zur Empore, wo der Knabenchor Aufstellung genommen hatte. Auf sein knappes Nicken hin stimmten sie einen wundervollen klaren und reinen Gesang an. Die Töne flogen wie jubelnde Lerchen zum Himmel hinauf und würden Gott versöhnen.
    Tobias wimmerte leise. Seine Kutte hing in Fetzen von seinem knochigen Körper. Der Nahrungsentzug hatte ihn ausgemergelt. Trotz seiner körperlichen Schwäche stand er als Letzter abseits des Chores an einem schändlichen Platz, den Benedictus als Strafe für ihn bestimmt hatte. Hier musste Tobias auch nach Schluss des Gottesdienstes durch öffentliche Zurschaustellung Buße tun. Seine Jammergestalt sollte von allen gesehen werden und die Blicke in ihm Scham auslösen.
    Erst wenn die Brüder das Oratorium zu verlassen gedachten, durfte er sich bewegen. Dann schleppte er sich vor die Tür und warf sich auf den Boden, ausgestreckt und mit dem Gesicht zur Erde. Die Brüder stiegen über ihn hinweg wie über ein Stück totes Fleisch, ohne ihn eines Wortes oder eines Blickes zu würdigen. So konnte er sich in Demut üben.
    Aus der Kirche des Paulinerklosters auf der anderen Seite der Stadt traten zur gleichen Zeit zwei Brautpaare. Sie wurden von einer jubelnden Menge begrüßt und mit Blumen überschüttet. Blumen trugen auch beide Bräute im Haar, Kränze aus weißen Anemonen. Sie winkten den Zuschauern zu. Ihre Kleider waren aus edelsten Stoffen geschneidert.
    Maria trug ein blaues Kleid, das ihren hochschwangeren Leib kaum verbergen konnte und sie trotzdem wie eine Königin aussehen ließ. Manche Leute sanken vor ihr auf die Knie und küss­ten den Saum ihres Kleides.
    Katharina trug ein rotes Kleid. Ein seidener Schleier bedeckte ihr nachwachsendes Haar. Wenngleich ihr Körper noch schwach war, so blickten ihre Augen lebhaft und voller Glück.
    Der Zug durch die Stadt bis zum Prellerschen Haus konnte auch beim Einzug des Landesfürsten nicht prachtvoller sein. Die ganze Stadt feierte mit, und alle wünschten den beiden Paaren, die so viel Leid für ihre Liebe ertragen mussten, Glück und Gottes Segen.
    Zum Festessen blieb kein Wunsch offen. Der Leipziger Rat hatte den großen Ratssaal zur Verfügung gestellt, wo viel mehr Leute hineinpassten als in Hieronymus’ Haus. Natürlich nahm der ganze Stadtrat am Festessen teil und viele Kaufleute aus der Gilde, Freunde und Verwandte, Bekannte und Nachbarn.
    Auch Thomas war eingeladen. Er kam mit verzagtem Herzen. Katharina war so wunderschön, und er hatte seit Jahren geträumt, neben ihr vor den Altar zu treten. Philomena stellte ihm seine Tischdame vor. Sie hieß Beate von Pflugk und war ein liebreizendes Wesen. Mit ihrer Natürlichkeit und Lebhaftigkeit erinnerte sie ihn sogar ein bisschen an Katharina. Beate

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