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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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zur Klosterkirche. Die Liturgie begann mit dem Hymnus, dem die Psalmen folgten. Eine kurze Lesung aus der Bibel schloss sich an, und der Gottesdienst endete mit dem Fürbittgebet.
    Benedictus winkte mit einer kaum sichtbaren Handbewegung Bruder Tobias heran, der wie ein schwarzer Schatten hinter ihm erschien.
    »Misch dich unter das Studentenvolk«, flüsterte der Propst. »Sie haben ein loses Mundwerk und werden sich verraten. Du musst herausbekommen, wer es war. Auf den Magister will ich mich nicht verlassen. Der steckt doch mit denen unter einer Decke, weil er von ihrem Geld lebt. Ich will ein Exempel statuieren.«
    Er beugte sich noch näher zu Tobias hin.
    »Wenn der Schuldige verstockt sein sollte, dann darfst du ihn auch einem Verhör unterziehen.«
    Der hagere Mönch beugte seinen kapuzenbedeckten Kopf und entfernte sich. Benedictus blickte ihm nach und sah, wie die knochige Gestalt, scheinbar im stillen Gebet versunken, den sich allmählich zerstreuenden Studenten folgte. Dann kräuselten sich seine dicken Lippen zu einem schadenfrohen Grinsen.
    Die den Tag abschließende disputatio unter Leitung eines älteren Studenten wurde in Anbetracht der auftretenden Kühle in einem Gasthaus abgehalten. Magister Siebenpfeiffer beteiligte sich nicht daran. Er zog es vor, sich in seine Wohnung zurückzuziehen. Er war verärgert, dass seine Studenten wieder einmal über die Stränge geschlagen hatten. Einerseits hoffte er, man würde ihn nicht zu sehr in die Verantwortung nehmen. Mit Benedictus legte man sich besser nicht an. Andererseits war er nicht gewillt, einen seiner Studenten zu opfern, nur um die Rachegelüste des Props­tes zu befriedigen.
    Es war wahrscheinlich sowieso keiner seiner Studenten. Die Studenten anderer Fakultäten trieben sich auch oft in der Mittagszeit am Fluss herum. Der Grund waren wohl in der Regel mehr die Wäscherinnen als die Mönche, und sicher hatten die lebenslustigen Studenten in dem unkeuschen Mönch nur einen unwillkommenen Konkurrenten gesehen und ihm einen Denkzettel verpasst.
    Währenddessen hockten seine Studenten in einer ziemlich schäbigen Kaschemme und ließen sich Sauerbier vom Wirt bringen.
    Das Vorkommnis, das der Magister am liebsten vergessen würde, wurde von ihnen durchgehechelt.
    »Nun, meine Herren Studenten, wie würden Sie Recht sprechen?«, fragte der Leiter der informellen Veranstaltung, einer der älteren Studenten und schon im vierzehnten Jahr mit Unterbrechungen an der Universität.
    Die Unterbrechung war durch einen Aufenthalt in Barcelona bedingt, wo sich auch eine berühmte Universität befand und mit deren Studenten er im wissenschaftlichen Austausch stand. Er war bei den anderen Studenten wegen seiner Weltoffenheit beliebt.
    »Kastrieren«, rief einer. »Der Mönch muss kastriert werden.«
    »Aber warum denn?«, fiel ihm ein anderer ins Wort.
    »Ist es nicht so, dass man eben den Körperteil entfernt, mit dem der Betreffende gesündigt hat?«
    »Wir verhandeln über den Diebstahl der Kutte.«
    »Dem Dieb wird die Hand abgeschlagen«, rief Johann.
    »Aber eigentlich ist er doch gar kein richtiger Dieb, weil er sich nicht persönlich bereichert hat«, gab Klaus zu bedenken. »Er hat die Kutte doch nur an einen anderen Ort gebracht. Dem Mönch ist kein Schaden entstanden, weil er seine Kutte wiederbekommen hat. Es war kein Diebstahl, es war grober Unfug. Die Hand bleibt also dran.«
    »Du argumentierst fast so messerscharf wie der Magister«, stellte ein anderer Student bewundernd fest. »Danke.«
    »Wieso danke? Warst du es etwa?«
    Der andere wurde rot und hob schnell seinen Bierhumpen.
    »Das habe ich nicht damit gesagt«, murmelte er. »Aber dich würde ich als meinen Rechtsbeistand wählen.«
    »Und wie würdest du mit dem Mönch verfahren?«, wurde Klaus gefragt. »Kastrieren?«
    »Warum wollt ihr denn diesen Unglücklichen kastrieren?«, fragte Klaus zurück.
    »Weil er mit seinem Wurstzipfel gesündigt hat.«
    »Für Sünden ist das weltliche Gericht nicht zuständig, sondern Benedictus mit seinen raffgierigen Ablasshändlern«, rief Johann und stimmte ein Schmählied auf den Ablasshandel an:

    »Ein neues Lied dem Herrn,
    ein neues Lied dem Herrn,
    wenn es im Ablasskasten klimpert,
    hört der Herr es gern.
    Wenn das Geld im Kasten klingt,
    die Seele aus dem Feuer springt.
    Ob Mord, ob Totschlag, Raub gemein,
    mit Ablasskäufen wird man rein.
    Gottes Gnade gibt’s für Geld,
    weil Gott nur noch Dukaten zählt.
    Ein neues Lied dem Herrn,
    ein neues

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