Die Schwestern des Lichts - 3
dessen schämen, womit Er dich gesegnet hat. Nur jemand, dessen Loyalität dem Schöpfer gegenüber fragwürdig ist, wird dich dafür tadeln, daß du das Wirken des Schöpfers voller Stolz in seiner ganzen Größe zeigst.«
»Aber … danke, Schwester. So hab’ ich das noch nie betrachtet.« Eine Frage legte ihre Stirn in Falten. »Was meinst du mit ›fragwürdiger Loyalität‹?«
Sie zog den Stab zurück und zog eine Braue hoch. »Wer den Namenlosen verehrt, verbirgt sich nicht im Schatten, Liebes. Sie können überall sein. Ja, selbst du könntest eine von ihnen sein. Sogar ich.«
Pasha fiel auf ein Knie und senkte den Kopf. »Oh, bitte, Schwester«, flehte sie, »sag so etwas nicht von dir, nicht einmal im Scherz. Du bist eine Schwester des Lichts, und wir befinden uns im Palast der Propheten und in Sicherheit vor dem Namenlosen, wie ich hoffe.«
»In Sicherheit?« Sie gab der Novizin ein Zeichen mit dem Stab, sie solle sich erheben. Als sie aufgestanden war, warf sie ihr einen strengen Blick zu. »Nur eine Närrin glaubt sich in Sicherheit, selbst hier. Die Schwestern des Lichts sind keine Närrinnen. Selbst sie müssen immer wachsam vor der Finsternis sein.«
»Ja, Schwester. Ich werde daran denken.«
»Denke jedesmal daran, wenn dir jemand Schani einreden will, weil dein Schöpfer dich so erschaffen hat. Frage dich selbst, wieso sie angesichts des Werks des Schöpfers erröten. So erröten wie der Namenlose.«
»Ja, Schwester, danke«, stammelte sie. »Du hast mir einiges gegeben, über das ich nachdenken muß. So habe ich den Schöpfer noch nie betrachtet.«
»Er hat seine Gründe für das, was er tut. Nicht wahr?«
»Wie meinst du das?«
»Nun, wenn er einem Mann einen kräftigen Rücken gibt, was besagt das?«
»Das weiß jeder. Er hat den kräftigen Rücken bekommen, damit er ihn benutzt. Es bedeutet, daß der Schöpfer ihm den kräftigen Rücken gegeben hat, damit er arbeiten und seine Familie ernähren kann. Damit er arbeitet und sein Auskommen hat. Damit der Schöpfer stolz auf ihn ist. Und nicht, damit er faul ist und das Geschenk des Schöpfers vergeudet.«
Die Schwester wedelte mit dem Stab vor Pasha hin und her. »Und was, glaubst du, hat der Schöpfer sich gedacht, als er dir diesen Körper gegeben hat?«
»Ich … ich weiß es nicht … genau. Damit ich ihn benutze … um den Schöpfer … irgendwie … stolz zu machen auf sein Werk?«
Sie nickte. »Denk darüber nach. Denk darüber nach, weshalb du hier bist. In dieser Zeit. Wir sind alle aus einem bestimmten Grund hier. Die Schwestern des Lichts sind aus einem bestimmten Grund hier, nicht wahr?«
»Aber ja, Schwester. Wir sind hier, um die auszubilden, die die Gabe besitzen, ihnen beizubringen, wie man sie benutzt, und sie so anzuleiten, daß sie das Raunen des Namenlosen nicht hören, sondern nur ihren Schöpfer.«
»Und wie können wir das tun?«
»Man hat uns das Geschenk gemacht, Magierinnen zu sein, damit wir sie anleiten.«
»Und wenn der Schöpfer so weise war, dir dieses Geschenk zu machen, das Geschenk, eine Magierin zu sein, meinst du nicht auch, daß er dir dann auch dein Aussehen aus einem bestimmten Grund gegeben hat? Weil es vielleicht zu deiner Berufung als Schwester des Lichts gehört? Weil du es benutzen sollst, um ihm zu dienen?«
Pasha starrte vor sich hin. »Also, so habe ich das noch nie betrachtet. Und wie soll mein Aussehen nützlich sein?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Die Wege des Schöpfers sind unergründlich. Wenn es ihm beliebt, offenbart er sich uns.«
»Ja, Schwester.« Ihre Stimme klang unsicher.
»Pasha, wenn du einen Mann siehst, den der Schöpfer mit einem guten Aussehen gesegnet hat, einem schön geformten Körper, was denkst du dann? Was empfindest du?«
Pasha wurde rot. »Ich … manchmal … manchmal fängt mein Herz an zu rasen. Nehme ich an. Ich fühle mich … gut. Voller Sehnsucht.«
Endlich gestattete sich die Schwester ein dünnes Lächeln. »Es gibt keinen Grund zu erröten, Liebes. Jeder sehnt sich danach, etwas zu berühren, das die Hand des Schöpfers hervorgebracht hat. Meinst du nicht, es gefällt dem Schöpfer, daß du sein Werk zu schätzen weißt? Meinst du nicht, er möchte, daß dir gefällt, was er geschaffen hat? Damit du es genießt? Genauso genießen Männer es, deine Schönheit zu bewundern, und sie sehnen sich danach, ein Werk aus der Hand des Schöpfers zu berühren. Es wäre ein Verbrechen gegen den Schöpfer, von dem, was er dir gegeben hat, nicht zu
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