Die Schwestern des Lichts - 3
ich…«
»Du hast dich gewehrt. Du hast zurückgeschlagen, weil du verletzt warst, nicht aber, weil dir die Dinge, die du getan hast, Spaß gemacht hätten. Nicht aus dem Verlangen heraus, dem Hüter zu helfen.«
Sie legte die Stirn in Falten, so sehr bemühte sie sich, ihre Tränen zu unterdrücken. »Bist du so sicher? So sicher, daß du jemandem wie mir trauen kannst?«
Zedd lächelte. »Ganz sicher. Vielleicht weiß ich nicht alles, aber ich weiß, daß du keine Verderbte bist. Du bist das Opfer, nicht die Täterin.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin da nicht so sicher wie du.«
»Hast du nach Mathrins Tod weiter getötet? Hast du dich an Unschuldigen rächen wollen?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Wärst du ein Agent gewesen, hättest du dich dem Hüter hingegeben, seinen Wünschen unterworfen und weiter all denen Schaden zugefügt, die ihn bekämpfen. Du bist keine Verderbte, meine Liebe. Es tut mir im Herzen weh, was dir der Hüter alles genommen hat, aber deine Seele hat er nicht bekommen, die gehört noch immer dir. Davor brauchst du keine Furcht zu haben.«
Er drückte ihr sacht die Hände. Sie versuchte nicht, sie zurückzuziehen, sondern ließ sie zitternd in seinen liegen, so als sollten sie dort seinen Trost aufsaugen.
Adie wischte sich die Tränen von der Wange. »Schenkst du mir noch etwas Tee nach? Aber bitte kein Wolkenblattpulver mehr, sonst schlafe ich ein, bevor ich die Geschichte zu Ende erzählen kann.«
Zedd zog eine Braue hoch. Sie war ihm auf die Schliche gekommen. Er tätschelte ihre Schulter und erhob sich. Er schenkte ihr den Tee ein, zog seinen Stuhl vor und setzte sich wieder, während sie daran nippte.
Nachdem sie ihre Tasse halb getrunken hatte, schien sie die Beherrschung wiedergefunden zu haben. »Der Krieg mit D’Hara war in vollem Gange, stand jedoch kurz vor seinem Ende. Ich spürte, wie die Grenze entstand. Spürte, wie sie in diese Welt kam.«
»Du bist also gleich nach Entstehung der Grenze hierhergekommen?«
»Nein. Erst studierte ich noch zusammen mit ein paar Frauen. Einige brachten mir ein paar Dinge über Knochen bei.« Sie zog eine Halskette unter ihrem Gewand hervor. Sie betastete den kleinen, runden Knochen mit den roten und gelben Perlen zu beiden Seiten. Die Kette sah genauso aus wie die, die sie ihm für das Durchqueren des Passes gegeben hatte. Er trug sie noch immer um den Hals. »Dies ist ein Knochen von der Unterseite eines Schädels wie dem auf dem Regal dort drüben, dem, der runtergefallen ist. Das Tier wird Skrin genannt. Skrin sind die Wachtiere der Unterwelt – ein wenig wie die Herzhunde, nur daß sie in beide Richtungen wachen. Am besten könnte man sie als Teil des Schleiers deuten, auch wenn das nicht ganz korrekt wäre. In dieser Welt sind sie gegenständlich, haben eine Gestalt, in der anderen jedoch sind sie nur eine Kraft.«
Zedd runzelte die Stirn. »Eine Kraft?«
Adie hielt ihren Löffel hoch und ließ ihn auf den Tisch fallen. »Eine Kraft. Wir können sie nicht sehen, doch die Kraft ist da. Sie läßt den Löffel fallen und hindert ihn daran, in die Lüfte aufzusteigen. Man kann sie nicht sehen, und doch ist sie da. So ähnlich verhält es sich mit den Skrin. Zu seltenen Anlässen treibt sie die Pflicht, alles von der Scheidelinie fernzuhalten, an der sich die Welt der Toten und die der Lebenden berühren, in diese Welt hinein. Nur wenige Menschen wissen von ihnen, weil das so selten geschieht.« Zedd runzelte die Stirn. »Das ist sehr schwierig. Ich werde es ein anderes Mal erklären. Wichtig ist, daß dieser Knochen eines Skrin dich vor ihnen verbirgt.«
Adie nahm einen Schluck Tee, während Zedd die Halskette aus seinem Gewand zog, um sie in einem neuen Licht zu betrachten. »Und sie versteckt einen auch vor anderen Bestien, damit man durch den Paß gelangt?« Sie nickte. »Woher wußtest du von dem Paß? Ich habe die Grenze errichtet und wußte doch selbst nichts von der Existenz des Passes.«
Sie drehte die Teetasse immer wieder zwischen ihren Fingern. »Nachdem ich meine Großmutter verlassen hatte, spürte ich Frauen mit der Gabe auf, Frauen, die mich Dinge über die Welt der Toten lehren konnten. Nach Mathrins Tod studierte ich mit noch größerem Eifer. Jede der Frauen konnte mir nur den kleinen Teil verraten, den sie selbst kannte, doch gewöhnlich kannten sie wieder eine andere, die mehr wußte. Ich bereiste die Midlands, durchwanderte sie, sammelte Wissen. Ich sammelte all diese kleinen Teile des Wissens und
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