Die Schwestern des Lichts - 3
fügte sie zu einem Ganzen zusammen. Auf diese Weise erfuhr ich ein wenig über die Wechselwirkung der beiden Welten.
Die Errichtung der Grenze in diesem Teil der Welt ähnelt ein wenig dem Verschließen eines Wasserkessels, bevor man ihn aufs Feuer setzt. Ohne Ventil wird er explodieren. Ich wußte, wenn es eine Magie gibt, die klug genug ist, um zu wissen, wie man die Unterwelt hierbei ins Spiel bringt, dann muß sie über eine Möglichkeit verfügen, die beiden Seiten der Grenze auszugleichen. Irgendeine Art Ventil. Einen Paß.«
Zedd runzelte die Stirn und starrte gedankenverloren in die Ferne, während er sich mit dem Daumen übers Kinn strich. »Natürlich. Das ergibt einen Sinn. Ausgewogenheit. Alle Kräfte, alle Magie brauchen Ausgewogenheit.« Er richtete den Blick auf sie. »Ich habe beim Errichten der Grenze eine Art Magie benutzt, die ich nicht völlig verstand. Sie stand in einem alten Buch von Zauberern aus alten Zeiten, die mehr Kraft besaßen, als ich mir vorstellen kann. Die Grenze unter Verwendung ihrer Anweisungen zu errichten war ein Akt der Verzweiflung.«
»Ich kann mir dich nur schwer verzweifelt vorstellen.«
»Manchmal ist das Leben nichts anderes: ein verzweifelter Akt nach dem anderen.«
Adie nickte. »Vielleicht hast du recht. Ich habe verzweifelt versucht, mich vor dem Hüter zu verstecken. Mir fiel ein, was Mathrin gesagt hatte: er hatte sich genau unter meiner Nase versteckt. Ich schloß daraus, der sicherste Ort, mich vor ihm zu verstecken, wäre der, wo er nicht suchen würde: direkt unter seiner Nase, am Rand dieser Welt. So kam ich zum Paß. Der Paß war nicht mehr diese Welt, doch er gehörte auch noch nicht zur Unterwelt. Er war eine Mischung von beidem. Ein Ort, wo beide Welten ein wenig miteinander verschmolzen. Mit den Knochen war ich in der Lage, mich vor dem Hüter zu verstecken. Weder er noch die Bestien aus seiner Welt konnten mich sehen.«
»Verstecken?« Diese Frau hatte mehr Eisen in sich, als der Kessel, der über dem Feuer hing. Wie er Adie kannte, steckte noch mehr dahinter. Zedd warf ihr einen strengen Blick zu. »Du bist hierhergekommen, bloß um dich zu verstecken?«
Sie wich seinem Blick aus, während sie den kleinen, runden Knochen an ihrer Halskette befingerte. Schließlich steckte sie ihn zurück in ihr Gewand. »Es gibt noch einen anderen Grund. Ich habe einen Eid geschworen. Mir selbst. Ich habe mir geschworen, einen Weg zu finden, wie ich Verbindung mit meinem Pell aufnehmen kann, um ihm zu sagen, daß ich ihn nicht verraten habe.« Sie trank einen kräftigen Schluck Tee. »Ich habe den größten Teil meines Lebens hier, im Paß, damit verbracht, einen Weg in das Reich der Toten zu entdecken, um Pell dies mitzuteilen. Der Paß ist ein Teil jener Welt.«
Zedd stieß seine Tasse mit dem Finger fort. »Die Grenze, den Paß, gibt es nicht mehr, Adie. Ich brauche deine Hilfe in dieser Welt.«
Sie legte ihre Arme auf den Tisch. »Als du meinen Fuß für mich hast nachwachsen lassen, kamen damit alle Erinnerungen zurück. Sie waren so frisch, als müßte ich alles noch einmal durchleben. Ich habe mich dadurch an manches erinnert, das ich längst vergessen hatte. Ich habe mich an die Schmerzen erinnert, die noch immer da waren, auch wenn die Zeit sie gelindert hat.«
»Entschuldige, Adie«, sagte er leise. »Ich hätte deine Vergangenheit bedenken sollen, aber ich konnte ja nicht ahnen, daß du soviel durchgemacht hast. Vergib mir.«
»Da gibt es nichts zu vergeben. Der Fuß war ein Geschenk. Du kanntest die Dinge nicht, die ich getan hatte. Es ist auch nicht dein Fehler, daß ich sie getan habe. Du wußtest nicht, daß ich eine Verderbte bin.«
Er sah sie scharf an. »Du glaubst, weil du dich gegen das Böse zur Wehr gesetzt hast, bist du selbst böse geworden?«
»Ich habe Schlimmeres getan, als jemand wie du verstehen kann.«
Zedd nickte leicht. »Tatsächlich? Laß mich dir eine kleine Geschichte erzählen. Ich hatte einmal eine Liebe wie du deinen Pell. Ihr Name war Erilyn. Meine Zeit mit ihr war wie deine Zeit mit Pell.« Langsam machte sich ein Lächeln auf seinen Lippen breit, als er in den Nebel dieser angenehmen Erinnerung eintauchte. »Bis Panis Rahl ihr ein Quadron hinterherschickte.«
Adie legte ihre Hand auf seine. »Zedd, du brauchst nicht…«
Zedd schlug mit der anderen Faust auf den Tisch, daß die Tassen hüpften. »Du kannst dir nicht vorstellen, was diese vier ihr angetan haben.« Er beugte sich vor. Sein Gesicht hob sich rot von
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