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Die Schwestern des Lichts - 3

Die Schwestern des Lichts - 3

Titel: Die Schwestern des Lichts - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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zu vergewissern, daß ihm der Gar nicht gefolgt war. Er war allein.
    Er fand die Leiche auf dem Rücken liegend dort, wo er sie zurückgelassen hatte. Erleichtert stellte er fest, daß keine Blutmücken in der Nähe waren. Er mußte entweder einen Flecken Erde finden, der weich genug war, um ein Loch auszuheben, oder irgendeine tiefe Spalte, in der er ihre Leiche verstecken konnte. Schwester Verna hatte ausdrücklich darauf bestanden, sie gut zu verstecken.
    Er suchte das Gelände ab, als er einen leisen Flügelschlag vernahm und der kleine Gar ein Stück von ihm entfernt mit einem dumpfen Plumps landete. Er verwünschte den Kleinen still, während der die Flügel faltete, sich gemütlich vor ihm niederließ und ihn aus seinen großen, grünen Augen ansah.
    Richard versuchte erneut, ihn zu verscheuchen. Der Kleine rührte sich nicht von der Stelle. Richard stemmte die Hände in die Hüfte.
    »Du kannst nicht mit mir kommen! Verschwinde!«
    Der Gar kam auf ihn zugewatschelt und umschlang seine Beine. Was sollte er nur tun? Er konnte nicht zulassen, daß ein Gar sich an ihn hängte.
    »Wo sind deine Mücken? Du hast ja nicht mal eigene Blutmücken. Wie willst du ohne eigene Mücken dein Essen fangen?« Er schüttelte nachdenklich den Kopf. »Na ja, das ist nicht mein Problem.«
    Das kleine, faltige Gesicht linste um seine Beine herum. Aus der Kehle des Gars drang ein tiefes Knurren, als er seine Zähne bleckte und seine kleinen, scharfen Reißzähne zeigte. Richard sah sich um. Er knurrte die tote Frau an. Dann schloß er stöhnend die Augen. Der Kleine war hungrig. Wenn er die Leiche vergrub, würde der Gar sie wieder ausbuddeln.
    Richard beobachtete, wie der Gar zu der Leiche hinübersprang und sie betatschte, während sein Knurren lauter wurde. Richards Kehle war trokken, er mußte schlucken – und der Gedanke, der ihm kam, behagte ihm gar nicht.
    Schwester Verna hatte ihm gesagt, er solle die Leiche loswerden. Die Leute hier dürften nicht wissen, wie die Frau gestorben war, hatte sie gesagt. Die Vorstellung, daß ihre Überreste gefressen wurden, war unerträglich. Doch gefressen würde sie in jedem Fall, auch wenn er sie vergrub – von Würmern. Wieso waren Würmer besser als ein Gar? Dann kam ihm der nächste grausige Gedanke: Wer war er schon, sich ein Urteil erlauben zu dürfen? – Er hatte selbst Menschenfleisch gegessen. Wieso war das etwas anderes? War er etwas Besseres?
    Außerdem konnte er sich aus dem Staub machen, solange der Kleine mit Fressen beschäftigt war, und sie wären verschwunden, bevor er Zeit fand, ihnen zu folgen. Danach wäre der Kleine auf sich gestellt. Und er wäre ihn los.
    Richard sah, wie der kleine Gar vorsichtig die Leiche untersuchte. Probeweise zerrte er mit seinen Zähnen an einem Arm. Das Jungtier war noch nicht erfahren genug, um zu wissen, was man mit einer Beute machte. Sein Knurren wurde lauter. Richard wurde schlecht bei diesem Anblick.
    Er ließ den Arm los und sah Richard an, als wollte er ihn um Hilfe bitten. Er flatterte aufgeregt mit den Flügeln. Er war hungrig.
    Zwei Probleme auf einen Schlag.
    Welchen Unterschied machte es? Sie war tot. Ihre Seele hatte ihren Körper verlassen und würde ihn nicht vermissen. Damit wären zwei Probleme auf einmal gelöst. Angesichts des gerade gefaßten Plans biß er die Zähne aufeinander und zog das Schwert.
    Richard schob den ausgehungerten Gar mit einem Bein zurück, holte zu einem mächtigen Schlag aus und schlug eine riesige Wunde. Der kleine Gar fiel darüber her.
    Richard ging schnell fort, ohne sich umzusehen. Bei den Geräuschen drehte sich ihm der Magen um. Wer war er, daß er sich ein Urteil erlauben durfte? Benommen fiel er in einen Trab zurück zum Lagerplatz. Sein Hemd war schweißgetränkt. Das Schwert hatte sich an seiner Hüfte noch nie so schwer angefühlt. Er versuchte, den ganzen Vorfall aus den Gedanken zu verbannen. Er dachte an die Wälder Kernlands und wünschte, er wäre zu Hause. Er wünschte, noch immer der sein zu können, der er einmal gewesen war.
    Schwester Verna war gerade damit fertig geworden, Jessup zu striegeln, und sattelte ihn. Sie musterte Richard mit einem kurzen Seitenblick, bevor sie zum Kopf des Pferdes ging und ihm leise ein paar Worte zuflüsterte, es dabei unterm Kinn kraulte. Richard holte sich den Striegel, bürstete Geraldine rasch den Rücken und gab ihr in scharfem Tonfall zu verstehen, daß sie still stehen und sich nicht ständig umdrehen sollte. Er wollte schnell von hier

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