Die Schwestern des Lichts - 3
Falten seiner Wangen, als das Garjunge verzweifelt schluchzend einen Klagelaut murmelte.
»Bei den guten Seelen«, sagte Richard leise, während er wie erstarrt dastand, »das kann ich nicht tun.«
Zitternd verfolgte der kleine Gar, wie die Schwertspitze im Boden versank. Richard drehte ihm den Rücken zu und schloß die Augen. Ihm war schlecht, sowohl von der Magie des Schwertes, die die Qualen seines besiegten Opfers auf ihn übertrug, als auch von der schrecklichen Vorstellung dessen, was er zu tun bereit gewesen war.
Er steckte das Schwert zurück und atmete tief durch, um sich zu beruhigen, dann hievte er die Tote über seine Schulter und zog los. Er hörte das erstickte Schluchzen des kleinen Gars, der sich an seine reglose Mutter klammerte. Er brachte es nicht fertig, ihn zu töten. Er konnte einfach nicht. Außerdem, so redete er sich ein, würde das Schwert das nicht zulassen. Die Magie wirkte nur, wenn er bedroht wurde. Sie würde nicht zulassen, daß er den kleinen Gar tötete. Das wußte er.
Natürlich konnte er die Klinge weiß färben, doch diese Schmerzen waren unerträglich. Er war nicht bereit, sich diesen Qualen auszusetzen, wenn es nur darum ging, ein hilfloses Jungtier umzubringen.
Er schleppte die Leiche zur nächsten Anhöhe und lauschte auf das schwächer werdende Gewinsel. Dann legte er die Leiche ab und setzte sich, um Luft zu holen. Im Mondschein konnte er die Bestie gerade noch erkennen, als dunklen Fleck vor dem etwas helleren Felsen, und darauf die kleinere Gestalt. Er hörte die schwerfälligen Laute der Qual und der Verwirrung. Richard blieb lange sitzen, sah hinüber und lauschte.
»Bei den guten Seelen, was habe ich nur getan?«
In den Augenwinkeln erweckte eine Bewegung seine Aufmerksamkeit. Zwei ferne Schattenrisse zogen vor dem großen, leuchtendhellen Mond vorbei. Sie schwenkten allmählich seitlich ab und setzten zur Landung an. Zwei Gars.
Richard sprang auf. Vielleicht entdeckten sie den kleinen Gar und halfen ihm. Er ertappte sich dabei, wie er sie insgeheim anfeuerte, dann merkte er, wie absurd es war, darauf zu hoffen, daß ein Gar weiterlebte. Andererseits entwickelte er ein eigenartiges Mitgefühl für diese Ungeheuer.
Richard duckte sich. Die beiden Gars weiter oben kamen ganz in seine Nähe, während sie mit weitem, kreisendem Blick die Situation auf dem Nachbarhügel erfaßten. Ihr Blickkreis wurde enger.
Der kleine Gar verstummte.
Die dunklen Gestalten stürzten hinab und landeten flügelschlagend ein gutes Stück voneinander entfernt. Vorsichtig umkreisten sie den toten Gar und seinen Sprößling. Mit ausgebreiteten Flügeln stürzten sie sich plötzlich auf den kleinen Gar, der sich noch immer stumm verhielt. Er brach sein Schweigen mit einem Schrei. Plötzlich gab es ein Durcheinander aus Flügelschlagen, boshaftem Röhren und verängstigten, schrillen Schreien.
Richard stand auf. Viele Tiere verspeisten die Jungen eines anderen ihrer eigenen Art. Besonders die männlichen Tiere, und vor allem, wenn Nahrung knapp war. Sie hatten nicht die Absicht, ihn zu retten, sie hatten vor, ihn zu fressen.
Bevor ihm bewußt wurde, was er tat, raste Richard den Hügel hinunter. Er rannte, ohne auf die Torheit zu achten, die er im Sinne hatte. Während er die Hügel zu dem kleinen Gar hinaufstürmte, zog er das Schwert. Dessen angstvolles Gejammer trieb ihn weiter. Das wilde Knurren seiner Angreifer löste den Zorn der Magie des Schwertes aus.
Die Klinge voran, stürzte er sich in das Durcheinander aus Fell, aus Krallen und aus Flügeln. Die beiden Gars waren größer als der, den er getötet hatte, was seinen Verdacht bestätigte, daß es sich um Männchen handelte. Seine Klinge traf nur auf Luft, als die beiden zurücksprangen, doch der eine von ihnen ließ den kleinen Gar fallen. Der flitzte über den Boden und krallte sich in das Fell seiner Mutter. Die beiden anderen kreisten ihn ein, sprangen vor, griffen an, schlugen mit ihren Krallen nach ihm. Richard schwang das Schwert, versuchte zuzustechen. Einer von ihnen versuchte, das Jungtier an sich zu reißen. Richard bekam es mit seinem freien Arm zu fassen und zog sich rasch ein Dutzend Schritte zurück.
Sie fielen über den toten Gar her. Mit einem Aufschrei reckte das Jungtier seine Arme nach seiner Mutter, schlug dabei Richard in dem Bemühen, sich loszureißen, die Flügel klatschend ins Gesicht. Die beiden Gars rissen und zerrten wild an dem Kadaver.
Richard fällte einen durchdachten Entschluß. Solange der
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