Die Schwestern des Lichts - 3
neben sich ein Grasbüschel aus, begann, seinem Blick ausweichend, sich die Hände damit zu reinigen. »Ja. Aber das war eine Vision, Richard. Ich habe es nicht wirklich getan.«
»Ich sagte, Ihr solltet aufhören, mir weh zu tun, oder ich würde dem ein Ende machen. Ihr wolltet nicht aufhören, also rief ich die Magie des Schwertes herbei und brach das Band der Macht, das mich hielt. Ihr wart außer Euch. Ihr sagtet, ich hätte meinen letzten Fehler gemacht. Ihr wolltet mich dafür töten, daß ich mich Euch widersetzt habe. Ihr wolltet mich umbringen, Schwester.«
»Verzeih, Richard«, sagte sie leise und hob den Kopf, »daß du all das hast durchmachen müssen.« Ihre Stimme wurde ein wenig fester. »Und was hast du mir nun angetan … der Vision von mir?«
Er beugte sich vor und legte seinen Zeigefinger seitlich an ihre Schulter. »Ich habe Euch mit dem Schwert in der Mitte durchgeteilt. Genau hier.«
Ihre Hände hielten inne, sie war zu Stein erstarrt. Die Farbe wich aus ihrem Gesicht. Schließlich fand sie ihre Haltung wieder.
Richard zupfte wieder an dem Grasbüschel zu seinen Füßen. »Ich wollte es nicht tun, aber ich war absolut überzeugt, daß Ihr mich töten wolltet.«
Sie warf das Grasbüschel fort. »Bestimmt, Richard. Aber das war nur eine Vision. Wäre es die Wirklichkeit gewesen, wäre die Sache nicht so ausgegangen. Du hättest nicht tun können, was du getan hast.«
»Wen wollt Ihr überzeugen, Schwester? Mich oder Euch selbst?«
Sie hielt seinem wütenden Blick stand. »Was du gesehen hast, war nicht die Wirklichkeit. Es war schlicht ein Trugbild.«
Richard ließ das Thema fallen. Er drehte den Stock mit dem Kaninchen, um die andere Seite zu garen, und schob den Blechteller mit den Gerstenfladen neben das Feuer, damit er abkühlen konnte.
»Wie auch immer, als ich Euch wiedersah, wußte ich nicht, ob Ihr eine Vision wart oder Wirklichkeit. Aber ich habe ehrlich gehofft, daß Ihr lebt. Ich habe Euch nicht töten wollen.« Er hob den Kopf und lächelte. »Außerdem habe ich Euch versprochen, Euch durch das Tal der Verlorenen zu bringen.«
Sie nickte. »Ja, in der Tat. Mehr Wunschdenken als Weisheit.«
»Schwester, ich habe bloß getan, was mir einfiel, um zu überleben. Und auch um Euch zu helfen, damit Ihr überlebt.«
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Richard, ich weiß, du willst nur dein Bestes tun, aber du mußt begreifen, daß das, was du für das Beste hältst, nicht notwendigerweise auch richtig ist. Du rufst dein Han, ohne zu wissen, was du tust, oder auch nur zu merken, daß du es tust. Dadurch beschwörst du eine Gefahr herauf, die du nicht ermessen kannst.«
»Wie habe ich denn mein Han benutzt?«
»Zauberer machen Versprechungen, die ihr Han zu halten bestrebt ist. Du hast mir versprochen, mich durch das Tal zu bringen – mich zu retten. Indem du das getan hast, hast du dich auf eine Prophezeiung berufen.«
Richard legte die Stirn in Falten. »Ich habe keine Prophezeiung ausgesprochen.«
»Du hast sie nicht nur ausgesprochen, sondern dabei dein Han benutzt, ohne es zu merken. Du hast eine Prophezeiung benutzt, ohne ihre Form zu kennen, um etwas in der Vergangenheit zu tun, daß dir in der Zukunft hilft.«
»Wovon redet Ihr?«
»Du hast die Kandaren der Pferde zerstört.«
»Ich habe Euch damals doch erklärt, warum. Sie sind brutal.«
Sie schüttelte den Kopf. »Genau das meine ich. Du warst in dem Glauben, es aus einem bestimmten Grund zu tun, und doch diente es einem ganz anderen Zweck. Mit deinem Verstand suchst du eine vernünftige Erklärung für das, was dein Han tut. Auf unserer Flucht aus dem Tal habe ich nicht an das geglaubt, was du tust, und versucht, mein Pferd herumzureißen. Ich konnte es nicht, weil es keine Kandare hatte.«
»Na und?«
Sie beugte sich weiter vor. »Das Zerstören der Kandaren war eine Notwendigkeit, damit du ein Versprechen, das du in der Zukunft geben würdest, halten konntest. Damit hast du dich einer Prophezeiung bedient. Du hast die Axt blind kreisen lassen.«
Richard sah sie skeptisch an. »Das klingt weit hergeholt, Schwester. Selbst für Euch.«
»Ich weiß, wie die Gabe funktioniert, Richard.«
Richard dachte darüber nach und entschied schließlich, ihr nicht zu glauben. Er entschied jedoch auch, nicht mit ihr darüber zu streiten. Es gab andere Dinge, die er noch erfahren wollte.
»Ist Euer Buch voll? Ich habe Euch nicht mehr darin schreiben sehen.«
»Ich habe gestern eine Nachricht abgeschickt, daß wir
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