Die Schwestern des Lichts - 3
untergebracht, die in Aydindril vertreten waren. Die Könige und Königinnen und Herrscher jener Länder wohnten ebenfalls in ihren Palästen, wenn sie kamen, um sich an den Rat zu wenden. Die Paläste waren für alle Länder eine Frage des Stolzes, und von daher war jeder einzelne prachtvoll gestaltet, auch wenn sich keiner von ihnen auch nur annähernd mit dem Palast der Konfessoren messen konnte.
Kahlan hatte die Königsstraße gemieden, weil man sie dort erkennen würde, im Augenblick aber wollte sie nicht erkannt werden. Sie wollte nichts weiter als Zedd finden, und, wenn dies fehlschlug, mit dem Rat sprechen, also hielt sie auf den seitlichen Dienstbotentrakt in der Nähe der Küchen zu.
Chandalen wartete draußen im Wald. Er wollte nicht nach Aydindril. Die Größe der Stadt und die Menschenmassen machten ihm angst, auch wenn er dies abstritt und behauptete, unter freiem Himmel lediglich bequemer schlafen zu können. Kahlan konnte ihm keinen Vorwurf daraus ziehen. Nachdem sie so lange allein draußen in den Bergen gewesen war, wurde selbst sie auf dem Weg in die Stadt unsicher, und das, obwohl sie an diesem Ort aufgewachsen war und ihr die Straßen und die majestätischen Gebäude hier ebenso vertraut waren, wie Chandalen die Ebene rings um das Dorf der Schlammmenschen. Das Gedränge überall gab ihr wie nie zuvor ein Gefühl des Eingesperrtseins.
Nachdem er sie sicher in Aydindril abgeliefert hatte, zog es Chandalen zurück nach Hause zu seinem Volk. Sie konnte verstehen, wie sehr es ihn danach verlangte aufzubrechen, bat ihn aber, sich die Nacht über auszuruhen und sich am Morgen von ihr zu verabschieden.
Orsk ließ sie über Nacht bei Chandalen. Seine Gegenwart war aufreibend: sein eines Auge, das ihr überallhin folgte, seine Beflissenheit, ihr bei allem zu helfen, seine unerschütterliche Bereitschaft, auf das geringste Zeichen hin zu tun, was immer sie verlangte. Es war, als hätte man ständig einen Hund bei Fuß. Sie brauchte eine Nacht weit weg von alledem. Chandalen schien sie zu verstehen. Was sie mit Orsk machen sollte, wußte sie noch nicht.
Ein atemberaubender Schwall warmer Luft schlug ihr entgegen, als sie durch den Kücheneingang trat. Beim Geräusch der Tür wirbelte eine dürre Frau in einer blitzweißen Schürze zu ihr herum.
»Was willst du hier! Verschwinde, Bettlerin!«
Als die Frau ihren Holzlöffel in bedrohlicher Manier erhob, schob Kahlan die Kapuze ihres Umhangs zurück. Der Frau stockte der Atem. Kahlan lächelte.
»Fräulein Sanderholt. Ich freue mich so, Euch wiederzusehen.«
»Mutter Konfessor!« Die Frau fiel auf die Knie und faltete die Hände. »Oh, Mutter Konfessor, vergebt mir! Ich habe Euch nicht erkannt. Oh, den Seelen sei Dank, seid Ihr es wirklich?«
Kahlan zog die drahtige Frau auf die Füße. »Ich habe Euch so vermißt, Fräulein Sanderholt.« Kahlan breitete die Arme aus. »Nehmt Ihr mich in die Arme?«
Fräulein Sanderholt fiel Kahlan in die Arme. »Oh, Kind, es tut so gut, Euch wiederzusehen!« Sie löste sich, Tränen strömten ihr übers Gesicht. »Wir wußten nicht, was aus Euch geworden ist. Wir waren so besorgt. Ich dachte schon, ich sehe Euch nie wieder.«
»Es war eine lange und schwere Zeit. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie gut es tut, Euer Gesicht wiederzusehen.«
Fräulein Sanderholt wollte Kahlan zu einem Seitentisch hinüberziehen. »Kommt. Ihr braucht eine Schale Suppe. Ich habe etwas auf dem Feuer, wenn die Spatzenhirne, deren Tun man wohl kaum als Kochen bezeichnen kann, sie nicht mit zuviel Pfeffer verdorben haben.«
Der lärmende, chaotische Haufen von Köchen und Küchenhilfen bekam die Worte mit, und jeder senkte den Kopf über seiner Arbeit. Das Klappern von Schneebesen und Löffeln in Schüsseln schwoll an. Männer nahmen Säcke auf und eilten davon. Bürsten schrubbten mit gesteigertem Eifer in den Töpfen. Butter zischte in heißen Pfannen, und plötzlich mußte nach dem Brot in den Öfen, dem Fleisch an den Spießen gesehen werden.
»Dafür habe ich im Augenblick keine Zeit, Fräulein Sanderholt.«
»Aber ich muß Euch einiges erzählen. Wichtige Dinge.«
»Ich weiß. Auch ich habe Euch einiges zu erzählen. Aber zuerst muß ich den Rat aufsuchen. Es ist dringend. Ich war lange unterwegs und bin erschöpft, aber ich muß den Rat aufsuchen, bevor ich mich ausruhe. Wir werden morgen miteinander sprechen.«
Fräulein Sanderholt mußte sie einfach noch einmal in die Arme schließen. »Natürlich, Kind. Ruht Euch nur aus.
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