Die Schwestern des Lichts - 3
Gänsehaut. Die Lampen erloschen flackernd und gingen wieder an.
Kahlan wußte, der Hüter hatte Zauberer Neville Ranson zu sich geholt.
Sie hörte ein Ächzen und drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen Wachposten zu sehen, der die Treppe hinab auf sie zugesprungen kam. Kahlan duckte sich und richtete sich unter ihm auf, als er landete. Sie benutzte seinen Schwung und warf ihn über das Geländer in den dahinterliegenden Treppenschacht.
Er schnappte nach ihr, als er über das Geländer ging, bekam aber nur ihre Halskette zu fassen. Sie zerriß und fiel mit ihm in die Tiefe. Kahlan beugte sich über das Geländer und sah ihn drei Stockwerke tiefer auf den Steinfußboden schlagen. Sie sah, wie ihm die Halskette beim Aufprall entglitt und über den Fußboden schlidderte.
»Verflucht sollen die Guten Seelen sein«, brummte sie.
Kahlan wollte zur Treppe, um ihr Knochenhalsband wiederzuholen. Doch als sie das Geräusch von Stiefeln auf dem steinernen Boden hörte, kam sie rutschend zum Stehen und hob den Kopf. Weitere Wachen rückten an. Einen Augenblick lang zögerte sie, warf einen Blick nach unten, rannte jedoch statt dessen zum Korridor. Die Seelen hatten ihr nicht geholfen, was sollte dann eine Halskette bewirken? Sie war es nicht wert, ihr Leben zu riskieren.
Kahlan holte die anderen ein, als sie gerade die Tür ins Freie erreichten. Sie seufzten erleichtert auf, als sie Kahlan sahen und erfuhren, daß der Zauberer ihnen nicht mehr auf den Fersen war. Kahlan voran stürzten sie nach draußen in die Nacht. Die vier rannten die breite Treppenflucht hinunter, verfolgt vom unbarmherzigen Lärm der Alarmglocken. Sie lief nach Süden – auf dem kürzesten Weg in den Wald.
Atemlos packte Jebra sie am Arm und riß sie zurück, so daß sie stehenbleiben mußte. »Mutter Konfessor …!«
»Ich bin nicht mehr die Mutter Konfessor. Ich bin Kahlan.«
»Dann also Kahlan. Ihr müßt mir zuhören. Ihr könnt nicht weglaufen.«
Kahlan drehte sich zum Pfad um, der durch den Innenhof führte. »Ich habe diesen Ort satt.«
»Zedd braucht Euch.«
Kahlan wirbelte herum. »Zedd? Du kennst Zedd? Wo ist er?«
Jebra schnappte nach Luft. »Zedd hat mich nach Aydindril geschickt. Am Tag nach Eurer Abreise aus D’Hara. Er sagte, er müsse zu einer Frau namens Adie, und dann werde er zur Burg der Zauberer kommen. Er hat mich hergeschickt, damit ich Euch und Richard helfe und dafür sorge, daß ihr wartet. Zedd braucht Euch.«
Kahlan faßte Jebra bei den Schultern. »Ich brauche Zedd. Ich brauche ihn dringend.«
»Dann müßt Ihr Euch von mir helfen lassen. Ihr dürft nicht fort. Bestimmt rechnen sie damit, daß Ihr flieht, und suchen die Umgebung ab. Sie erwarten sicherlich nicht, daß Ihr in Aydindril bleibt.«
»Bleiben? Ich soll in Aydindril bleiben?«
Sie dachte einen Augenblick lang nach. In Aydindril kannte man sie. Nein, genaugenommen stimmte das nicht. Man kannte ihr langes Haar. Abgesehen von den Ratsmitgliedern, den Botschaftern, dem Personal und Edelleuten bekam kaum jemand die Mutter Konfessor aus der Nähe zu Gesicht, und wenn doch, dann starrten sie bloß auf ihr langes Haar. Dieses Haar hatte sie nicht mehr.
Der Gedanke an den Verlust schnürte ihr das Herz zusammen. Ihr war gar nicht klar gewesen, wieviel ihr ihre Kraft und ihr langes Haar bedeuteten – bis sie beides nicht mehr besessen hatte.
»Es könnte eine Möglichkeit sein, Jebra. Aber wo sollen wir uns verstecken?«
»Zedd hat mir Gold gegeben. Niemand weiß, daß ich mit Eurer Flucht etwas zu tun habe. Ich werde Zimmer anmieten und Euch verstecken, Euch alle.«
Kahlan dachte einen Augenblick lang nach, dann lächelte sie. »Wir könnten als deine Diener auftreten. Eine Lady wie du hätte sicher Personal.«
Jebra wich erschrocken zurück. »Das könnt Ihr unmöglich tun, Mutter Konfessor. Ich bin doch selbst nur eine Dienerin. Zedd hat mich gezwungen, so zu tun, als sei ich eine Dame. Aber ich kann nicht heucheln. Ihr seid eine richtige Dame.«
»Daß du eine Dienerin bist, macht dich nicht zu etwas Geringerem, als ich es bin. Wir können immer nur das sein, was wir sind, nicht mehr und nicht weniger.« Kahlan setzte die Gruppe wieder in Bewegung und führte sie in ein Viertel von Aydindril mit ruhigen, vornehmen Gasthäusern. »Außerdem ist es verblüffend zu erfahrend, wozu man fähig ist, wenn man muß. Wir werden tun, was wir müssen. Aber wenn du mich weiter Mutter Konfessor nennst, bringst du uns alle um.«
»Ich werde mein
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