Die Schwestern des Lichts - 3
deine eigene Bestrafung Gedanken machen.«
»Ganz recht, Schwester Ulicia«, meinte die Prälatin. »Ich denke, eine Bestrafung ist durchaus angebracht.« Die Schwester sah Richard selbstzufrieden lächelnd an. »Und zwar für Euch.«
Schwester Ulicia blieb die Luft weg. »Prälatin Annalina?«
»Habe ich Euch nicht ausdrücklich angewiesen, daß Richard hier nicht eingelassen werden darf?«
Die beiden Schwestern richteten sich auf. »Doch, Prälatin Annalina.«
»Und trotzdem steht er hier. Mitten in meinem Arbeitszimmer.«
Schwester Ulicia deutete auf die Tür. »Aber … wir haben einen Schild hinterlassen. Er hätte niemals…«
»Ach nein? Niemals?« Die Schwester ließ die Hand an ihre Seite fallen, als sie die düstere Miene der Prälatin sah. »Mir scheint, als sehe ich ihn vor mir stehen. Oder etwa nicht, Schwestern?«
»Ja, Prälatin Annalina«, meinten die beiden wie aus einem Mund.
»Und jetzt wollt Ihr Euer beider Versagen auch noch damit belohnen, daß Ihr auf Euren Posten zurückkehrt, als sei nichts geschehen, und die Jungen für ihren Erfolg bestrafen?« Die Prälatin schnalzte mit der Zunge. »Ihr werdet die Strafe auf Euch nehmen, die Ihr für die Jungen angeordnet habt.«
Die Schwestern wurden bleich. »Aber Prälatin…«, hauchte die zweite. »Das könnt Ihr keiner Schwester antun.«
»Wirklich nicht, Schwester Finella? Was habt Ihr für die beiden Jungen angeordnet?«
»Daß sie den Hintern versohlt bekommen … öffentlich … morgen früh, gleich nach dem Frühstück.«
»Das klingt gerecht. Ihr zwei werdet ihre Plätze einnehmen.«
»Aber Prälatin«, zischelte Schwester Ulicia erstaunt. »Wir sind Schwestern des Lichts. Das wäre doch demütigend.«
»Es hat noch niemandem geschadet, ein wenig Demut beigebracht zu bekommen. Vor dem Schöpfer leben wir alle in Demut. Für euer Versagen wird man Euch an ihrer Statt schlagen.«
Schwester Ulicia richtete sich zu ganzer Größe auf. »Und wenn wir uns weigern, Prälatin Annalina?«
Die Prälatin lächelte. »Damit gäbt Ihr mir zu verstehen, daß Ihr mein Vertrauen nicht länger verdient habt, und weiterhin, daß Ihr nicht länger Schwestern des Lichts sein wollt.«
Die beiden verneigten sich. Als die Tür sich hinter ihnen schloß, sah Richard die Prälatin erstaunt an.
»Hoffentlich errege ich niemals Euren Zorn, Prälatin Annalina.«
Sie lachte stillvergnügt. »Nenn mich bitte Ann. So nennen mich alle meine alten Freunde.«
»Ich fühle mich geehrt, Euch Ann zu nennen, Prälatin, aber ich bin kein alter Freund.«
»Du glaubst, das bist du nicht?« Sie lächelte. »Was für ein gescheiter Junge. Nun, wie auch immer. Nenne mich trotzdem Ann. Weißt du, warum ich sie bestraft habe? Weil du die Verantwortung für dein Tun übernommen hast. Sie haben noch nicht erkannt, was das heißt. Du bist auf dem Weg, zu lernen, wie man ein Zauberer wird.«
»Wie meint Ihr das?«
»Du wußtest, daß es gefährlich war, die beiden zu verärgern, nicht wahr?« Richard nickte. »Und dennoch hast du die beiden Jungen benutzt, obwohl du wußtest, ihnen könnte etwas zustoßen.«
»Ja. Aber ich mußte es tun. Es war zu wichtig. Außerdem ist mir nichts anderes eingefallen.«
»Die Bürde eines Zauberers. So nennt man es. Die Menschen zu benutzen. Ein weiser Zauberer begreift, daß er nicht alles allein machen kann und, wenn eine Angelegenheit wichtig genug ist, andere Menschen benutzen muß, um das zu erreichen, was getan werden muß. Selbst wenn es den einen oder anderen dieser Menschen das Leben kosten sollte. Dies ist eine seltene Fähigkeit, und für einen guten Zauberer lebenswichtig. Für eine gute Prälatin vielleicht auch.«
»Ann, es ist dringend. Ich muß mit Euch sprechen.«
»Dringend, ja? Nun, warum gehen wir dann nicht in meinen Garten, dann können wir diese dringende Angelegenheit besprechen.«
Sie hakte sich bei ihm ein und führte ihn durch die offene Tür. Draußen im Mondschein lag ein prächtiger, großzügiger Innenhof mit Bäumen, Pfaden, Blumenbeeten, wild überwucherten Stellen und einem wunderschönen Teich. Richard entging die Schönheit des Gartens vollkommen. Seit seiner Unterredung mit Warren hatte er kaum essen oder schlafen können. Sollte der Hüter entfliehen, würde er alle Menschen bekommen, auch Kahlan. Richard mußte etwas unternehmen.
»Ann, der Welt steht großer Ärger ins Haus. Ich brauche Eure Hilfe. Ich muß diesen Halsring loswerden, damit ich selbst helfen kann.«
»Dafür bin ich da,
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