Die Schwestern des Lichts - 3
kennenlernen sollte. Er dachte an all das Glück, das ihr in diesem Leben, umgeben von Liebe, widerfahren würde. Er dachte an sein eigenes Leben mit seinem Vater und seiner Mutter, an die Liebe, die glücklichen Zeiten miteinander, an die nicht ganz so glücklichen Zeiten und wieviel sie ihm bedeutet hatten.
Er dachte an die Zeit, die er mit Kahlan verbracht hatte, an das Glück, in sie verliebt zu sein, und an all die anderen Menschen, die dieses Glück ebenfalls kannten und es in Zukunft noch erleben würden. Wenn es noch eine Zukunft gab.
»Du kannst Hand in Hand mit ihr durchs Leben schreiten, Richard. Für immer.«
Richards Blick löste sich vom weißen Sand. »Hand in Hand durch die Asche des Todes. Für immer.«
Was hieße das für Kahlan, für die Liebe, die sie für ihn empfand, wenn er ihr ein derart selbstsüchtiges Angebot machte? Sie wäre entsetzt. Und jedesmal, wenn sie ihn dann ansah, sähe sie ein Ungeheuer. Für alle Zeiten.
Statt mit ihrer Liebe müßte er dann für immer mit ihrer Abscheu leben. Wenn er sie rettete, vernichtete er nicht nur alle anderen, sondern zerstörte auch ihr Herz.
Der Preis war zu hoch, selbst für seine Liebe.
Damit wäre sein Leben beendet und seine Liebe auch.
Der Zorn zerfraß Richard, und gleichzeitig wurde er innerlich ganz ruhig. Er blickte in die glühenden Augen des Bösen. »Du willst unsere Liebe mit dem Gift deines Hasses verpesten. Du weißt ja nicht einmal, was Liebe überhaupt bedeutet.«
Sein Zorn schwoll zu einem Unwetter in seinem Innern an. Zumindest wollte er seinen Preis. Seine Rache.
Richard hob den Stein der Tränen in die Höhe. Darken Rahl torkelte einen Schritt zurück.
»Richard, überleg dir, was du tust.«
»Dafür wirst du bezahlen.«
Richard holte eine Handvoll schwarzen Zauberersandes aus seiner Tasche und warf ihn auf den Kreis aus weißem Sand.
Darken Rahl breitete die Arme auseinander. »Nicht! Du Narr!«
Der weiße Sand fing an zu wimmeln, ganz so, als lebte er, als hätte er Schmerzen. Die in ihn gezeichneten Symbole verdrehten sich, wanden sich umeinander. Der Boden bebte. Dampfende Risse rasten über die grasbewachsene Erde.
Lichtblitze loderten plötzlich aus dem funkelnden weißen Sand hervor, zuckten durch den Garten des Lebens. Der Raum erzitterte unter einem Ausbruch von Lärm und gleißendem Licht. Der Zauberersand schmolz zu einer flüssigen Lache aus blauem Feuer. Die Luft erbebte unter heftigen Erschütterungen.
Darken Rahl drohte dem Himmel mit den Fäusten. »Nein!«
Er senkte den Kopf und verstummte, als er Richard langsam auf sich zukommen sah, den Stein der Tränen in der ausgestreckten Faust. Drohend hob er die Hand.
Richard taumelte und blieb stehen, der Schmerz der Narbe auf seiner Brust nahm ihm den Atem. Unerträgliche Qualen durchzogen seinen ganzen Körper. Tief in seinem Innern entschloß er sich, trotz der Qualen weiterzugehen. Die Schmerzen wurden mit jedem Schritt schlimmer. Es war, als würde man ihm das Fleisch von den Knochen brennen, als kochte selbst das Mark. Im ruhigen Mittelpunkt dieses Unwetters aus Zorn konnte er das alles ignorieren.
Richard streifte sich den Stein der Tränen über seinen Kopf. Er hielt das Lederband in der ausgestreckten Hand. Der Stein baumelte vor Darken Rahls Gesicht. Rahl wich ängstlich zurück.
»Du wirst dies in den Tiefen des Todes tragen. Für immer.« Richard kam näher. »Knie nieder.«
Die leuchtende Gestalt sank auf die Knie. Die glühenden Augen wichen nicht vom Stein der Tränen, der über ihnen hing. Richard senkte das Lederhalsband und hängte es dem Geist seines Vaters um den Hals. Er wartete.
Hinter Darken Rahl sah er den Altar, auf dem die Kästchen standen. Das offene in der Mitte, in dem es von Dingen wimmelte, die alles Wissen überstiegen, strahlte sein grünes Licht wie ein Leuchtzeichen in den Himmel.
Richard erinnerte sich daran, was Ann, Nathan und Warren ihm erklärt hatten. Gebrauchte er den Stein aus egoistischen Motiven, aus Haß, so würde dies den Schleier zerreißen. Mehr als alles andere wollte er Darken Rahl in die Tiefen der Unterwelt verbannen, um ihn auf ewig für seine Untaten zu bestrafen. Doch damit erreichte er nur das, was einen viel zu hohen Preis darstellte, wie ihm bereits klargeworden war.
Außerdem hatte er sich dies selbst eingebrockt. Es machte keinen Unterschied, daß er es nicht absichtlich getan hatte. Das Leben war nicht gerecht, es war ganz einfach das Leben. Trat man versehentlich auf eine giftige
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