Die Schwestern des Lichts - 3
wußte: Er brachte mir die Taktik seiner Feinde bei, wie man einer viel größeren Truppe den Sieg raubt und, was am wichtigsten war, wie man überlebt und triumphiert, indem man seinen Kopf gebraucht, anstatt sich an die Regeln zu halten. Manchmal saß meine Mutter dabei und sah zu, wie er mich unterrichtete. Er hob dann immer den Kopf und fragte, ob er auch alles richtig mache. Sie sagte, das tue er; er unterrichtete mich so, daß ich die Regeln des Kriegshandwerkes lernte, die er kannte, in der Hoffnung, sie nie anwenden zu müssen – und wenn doch, dann nur zum Überleben.
Er brachte mir bei, daß die wichtigste Eigenschaft eines Kriegers die Skrupellosigkeit sei. Er sagte, er hätte oftmals nur dank seiner Skrupellosigkeit gesiegt. Er meinte, das Entsetzen könne die Vernunft besiegen, und es sei die Aufgabe eines Führers, diese Art des Grauens unter den Feinden zu verbreiten. Die Dinge, die er mir beibrachte, halfen mir zu überleben, als andere Konfessoren starben. Deswegen war es mir möglich, zu töten, wenn es nötig war. Er lehrte mich, keine Angst zu haben und das zum Überleben Nötige zu tun. Ich habe ihn geliebt und gehaßt für die Dinge, die er mir beigebracht hat.«
»Also, ich liebe ihn dafür, daß er dir das Überleben beigebracht hat und du jetzt bei mir sein kannst.«
Kahlan schüttelte sacht den Kopf, während sie beobachtete, wie ein kleiner Vogel einen Raben verscheuchte. »Das Fürchterliche waren nicht die Dinge, die er wußte, sondern die Menschen, die einen dazu zwangen, diese Dinge anzuwenden, wenn man überleben wollte. Er hat niemals andere zu Unrecht angegriffen. Ich sollte ihm nicht vorwerfen, daß er wußte, wie man triumphiert, wenn man ihn zum Krieg gezwungen hat. Richard, vielleicht sollten wir uns jetzt auch überlegen, wie wir überleben können.«
»Du hast recht«, meinte er und legte den Arm um sie. »Weißt du, ich habe nachgedacht. Wir sitzen hier genau wie diese Zielscheiben. Wir sitzen hier und warten darauf, daß irgendein Pfeil kommt und uns trifft, warten darauf, was mit uns geschehen wird.«
»Was sollen wir deiner Meinung nach tun?«
Er zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Aber wenn wir hier sitzen bleiben, werden wir früher oder später getroffen werden. Früher oder später werden die Schwestern zurückkommen. Wieso sollten wir einfach darauf warten, daß sie zu uns kommen? Ich weiß keine Antwort, aber ich sehe auch nicht, wie uns das Herumsitzen helfen kann.«
Sie verschränkte die Arme unter ihren Brüsten und vergrub die Hände, um sie zu wärmen. »Zedd?«
Richard nickte. »Zedd wird wissen, was zu tun ist. Ich glaube, wir müssen uns mit ihm treffen.«
»Und deine Kopfschmerzen? Was, wenn du sie unterwegs bekommst? Was, wenn sie schlimmer werden und Nissel nicht bei dir ist, um dir zu helfen?«
»Keine Ahnung.« Er seufzte. »Aber ich denke, wir müssen es versuchen. Sonst habe ich keine Chance.«
»Dann sollten wir sofort aufbrechen, bevor sie schlimmer werden. Laß uns nicht warten, bis noch etwas geschieht.«
Er drückte ihre Schultern. »Bald. Aber zuerst müssen wir noch etwas anderes tun. Etwas Wichtiges.«
Kahlan drehte ihren Kopf herum und sah ihn an. »Und das wäre?«
Er lächelte sie an. »Wir müssen heiraten«, sagte er leise. »Ich werde erst abreisen, wenn ich das Kleid gesehen habe, von dem ständig die Rede ist.«
Sie drehte sich um und schloß ihn in die Arme. »Es wird wundervoll werden, Richard. Weselan kommt aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus, seit sie daran näht. Ich kann es kaum erwarten, bis du mich darin siehst. Es wird dir bestimmt gefallen.«
»Daran, meine Zukünftige, habe ich nicht den geringsten Zweifel.«
»Alle freuen sich schon darauf. Ein Hochzeitsfest bei den Schlammenschen ist ein großes Ereignis. Tanz, Musik, Schausteller. Das ganze Dorf macht mit. Weselan meinte, es wird ungefähr eine Woche dauern, bis alles vorbereitet ist, wenn wir das Startwort geben.«
Er zog sie näher zu sich heran. »Das Wort sei hiermit gegeben.«
Sie schloß die Augen, als sie ihn küßte, trotzdem fühlte sie, daß seine Kopfschmerzen zurückgekehrt waren.
»Komm«, sagte sie, nach Atem ringend, »laß uns ein paar Pfeile schießen, damit deine Kopfschmerzen nachlassen.«
Eine Weile wechselten sie sich ab. Kahlan quiekte vor Vergnügen, als sie ihre Pfeile holen gingen und feststellten, daß sie einen seiner Pfeile gespalten hatte.
»Warte, bis das den Gardetruppen zu Ohren kommt! Sie werden grün vor
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