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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Sie war überhaupt eine ungemein tüchtige Person, diese Kassandra Meyberg, recht ernsthaft für ihre jungen Jahre, bescheiden, alles in allem eine Frau, wie sie sein sollte.
    Der Gedanke an diesen unerwarteten Ausritt gab ihm ein fast vergessenes Gefühl von Übermut, das er sich allerdings kaum selbst eingestand.

    Als Johannes Pauli das Kaffeehaus betrat, richteten sich viele Augen auf den Neuankömmling, Köpfe wandten sich gleich wieder ab oder neigten sich zum Gruß, flüchtig oder freundlich zugewandt, kalt oder gar herablassend, niemals gleichgültig. Pauli gehörte zu den Menschen mit dieser Präsenz, die man mochte oder nicht, dazwischen war wenig Raum. Für einen Kaufmann war das keine vorteilhafte Eigenschaft, wer gute Geschäfte machen will, sollte wohl ein Charakter sein, doch zumindest nach außen von solcher Indifferenz, dass jeder sich das Bild von ihm machen konnte, das ihm beliebte oder nützlich war.
    Claes Herrmanns gehörte zu denen, die Pauli schätzten. Nicht dass er ihn bewunderte, wie manche der jüngeren Männer, die sich darin versuchten, dem Seidenhändler in dieser Mischung aus Eleganz, tadellosen Manieren und Nonchalance nachzueifern, die bei den Damen beliebt machte und einem selbst das höchst angenehme Gefühl einer gewissen Weltläufigkeit gab. Über solcher Art jugendliche Torheiten war Herrmanns nun wirklich hinaus und auch zu selbstbewusst. Er empfand Pauli einfach als anregenden Unterhalter, dem jede Griesgrämigkeit fremd war und der einen guten Tropfen zu schätzen wusste. Seine Scherze balancierten manchmal, wenn die Herren unter sich waren, am Rand, fielen aber nicht auf die derbe Seite, und beim Billard legte er es niemals darauf an, ein Spiel mit Verbissenheit zu gewinnen. Überhaupt schien das Leben für ihn ein Spiel zu sein, das nicht allzu ernst genommen werden wollte, was eine fabelhafte Abwechslung zwischen den überwiegend zur Altväterlichkeit neigenden Männern in Claes Herrmanns’ Welt (er nahm sich da nicht aus) darstellte. Was konnte man mehr von einem Mann erwarten, den man in Gesellschaft traf, ohne je Geschäfte mit ihm machen zu müssen? Im letzten Fall wären einige andere Eigenschaften bedeutsamer gewesen.
    Sobald Anne wieder zurück war, dachte er mit froher Zuversicht, würden sie wieder zu ihren allseits beliebten Dinners einladen, dann mussten Pauli und seine Gattin, die schöne, wenn auch strenge Melitta, unbedingt gleich beim ersten dabei sein.
    Werner Bocholt machte ein missmutiges Gesicht, als Pauli herantrat. Er werde längst in seinem Kontor erwartet, erklärte er, nur sich regen bringe Segen, dann räumte er bereitwillig seinen Platz. Wenn der Seidenhändler sich zu ihnen gesellte, war ohnedies kein ernsthaftes Gespräch mehr zu führen. Gleichwohl war er ein wenig beleidigt, als Claes nicht versuchte, ihn zurückzuhalten. Wäre Bocholt nicht ein so vernünftiger Mensch gewesen, hätte man an einen Anflug von Eifersucht denken können, was natürlich eine absolut kindische Vorstellung war.
    Pauli setzte sich, und Bocholt verschwand durch die Menge und zur Tür hinaus.
    «Wie man hört, habt Ihr einen Todesfall zu beklagen, Pauli», sagte Claes. Weil er, der sonst auf dem Parkett ganz sicher war, nicht recht wusste, ob man zum Tod einer Dienstbotin kondolierte, erst recht nach einem Mord, rettete er sich auf sicheres Terrain. «Eine unangenehme Geschichte. Aber unser Weddemeister ist ein tüchtiger Mann, auch wenn er auf den ersten Blick kaum so aussieht. Wagner wird die Geschichte bestimmt aufklären. Der Gedanke, dass hier einer rumschleicht, der Frauen ermordet, ist beunruhigend. Es gibt jetzt noch eine zweite Tote, Ihr habt wohl davon gehört?»
    Pauli nickte, doch trotz seines immer noch verbindlichen Lächelns war selbst für Claes Herrmanns zu sehen, dass ihm ein anderes Thema mehr behagen würde.
    «Zum Glück kann man Euch nicht verdächtigen», versuchte der einen leider wenig gelungenen Scherz, «da sie seit dem letzten Maskenball vermisst wurde, wird sie in der Nacht auch zu Tode gekommen sein. Das war der Abend, als Ihr bei mir zu Gast wart und wir Vinstedt überredet haben, damit er sich eilig auf die Reise nach Venedig macht. Bocholt, der uns gerade so plötzlich verlassen hat, war auch da, van Witten, Bauer und Hegolt. Richtig, der zum ersten Mal. Da Ihr Euch zusammen verabschiedet und den gleichen Heimweg habt, könnt Ihre Eure Unschuld sogar gegenseitig und bis vor die Tür bezeugen.»
    Er lachte vergnügt, Pauli lächelte

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