Die Schwestern
zurückgreifen musste.
Als es vorbei war und er noch über ihr keuchte und schnaufte, hatte sie kurz erwogen, ihm vorzuschlagen, es doch noch einmal
miteinander zu versuchen. Doch ihr gesunder Menschenverstand sowie Deana und Jake, die in Gedanken bei ihr waren, hatten das
verhindert. Dieser «Glückstreffer» heute Abend mit Russell war zufällig, eine einmalige Sache, angestachelt von ihrem gegenseitigen
Zorn. Wenn sie zusammenblieben, würde binnen kurzem wieder alles verfahren sein. Derselbe Trott, dieselbe Langeweile, die
jegliche Lust im Keim erstickte.
«Kommt nicht in Frage, es ist vorbei», flüsterte sie und trank einen weiteren Schluck. Dann hob sie ihr Glas. «Auf dein Wohl,
Russ, es war zwar todlangweilig … aber wenigstens habe ich etwas gelernt. Die zweite Wahl lohnt sich nicht!» Es war die Parodie eines echten Trinkspruchs,
und doch schien sie damit endgültig einen Schlussstrich zu ziehen. Sie kippte den Rest ihres Gin Tonics hinunter und machte
sich daran, einen zweiten zu mixen.
Wenn das so weitergeht, werde ich noch zur Alkoholikerin, dachte sie, noch immer sinnlich beschwingt. Sie hatte in den letzten
Tagen eindeutig mehr als sonst getrunken, aber diese wilde, erotische Zeit war auch mehr als ungewöhnlich. Sosehr sie diese
Phase auch genoss, so war ihr doch klar, dass sie nicht ewig dauern würde. Auf jeden Fall nicht für sie, vielleicht für Deana,
deren Wunsch nach Ausgeglichenheit weniger stark ausgeprägt war. Delia geriet höchstens aus dem Gleichgewicht, wenn sie sich
um Deana sorgte oder vielleicht ein kleines bisschen eifersüchtig auf sie war.
So musste es Deana gestern Abend gegangen sein, dachte sie, ließ sich auf dem Sessel nieder und streifte die Schuhe von den
Füßen. Delia schlug die Beine unter und machte es sich gemütlich. Gerade als sie nach ihrem Gin Tonic greifen wollte, spürte
sie ein klebriges Rinnsal zwischen ihren Beinen. Die letzten verbliebenen Erinnerungen an Russell verließen sie und ihr Leben.
Das Gefühl war erstaunlich angenehm und erinnerte sie an jenen Morgen im Büro, als sie schockiert Jakes flüssige Hinterlassenschaft
in ihr entdeckt hatte. Erst dieses kühle, seidige Fließen hatte sie begreifen lassen, was geschehen war und was er getan hatte … nämlich sie schon kurz nach ihrer Begegnung einfach zu nehmen.
Was Jake wohl gerade tat? Hielt er in seinem protzigen Thronsaal Hof? Mit einer lederbekleideten Deana zu seinen Füßen? Delia
grinste in ihr Glas, als ihr wieder einfiel, wie überrascht Deana gewirkt hatte, als sie erfuhr, dass weibliche Gäste nicht
zwangsläufig im de-Guile’schen Schlafzimmer nächtigen durften.
Sie hatte es ebenfalls erstaunt. Nach dem phantastischen Sex auf Jakes Diwan war sie sofort fest eingeschlafen, doch sie hatte
nicht erwartet, woanders aufzuwachen. Allein aufzuwachen.
Sie hatte noch nie zuvor einen so wunderschön eingerichteten Raum gesehen, das Boudoir einer Kurtisane miteinem antiken Himmelbett. Allerdings war sie nicht lange allein geblieben, denn als sie sich gerade gefragt hatte, ob sie
von Jake höchstpersönlich, dem getreuen Fargo oder von der unglaublichen Elf hierhergetragen wurde, hatte die Japanerin ihr
das Frühstück ans Bett gebracht. Und wieder war sie verwöhnt worden, mit frischgebackenen Croissants, Butter und Marmelade.
Und einem wunderbar starken Kaffee. Während Delia das Frühstück genoss, hatte ihr Elf ein Bad eingelassen. Anschließend, nachdem
sie ausgiebig in dem duftenden Schaumbad gelegen und sich entspannt hatte, stellte Delia fest, dass ihre Kleidung bereits
für sie herausgelegt worden war. Frisch gewaschen und gebügelt. Sogar ihr Slip.
Der vielbeschäftigte Jake war offenbar bereits verschwunden, doch sein Haushalt schien auch in seiner Abwesenheit reibungslos
zu funktionieren. Als Delia gerade aufbrechen wollte, hatte Elf ihr die Schachtel mit dem Lederkorsett und einen Brief ausgehändigt,
in dem Jake präzise Anweisungen gab, wie es getragen werden sollte.
Anweisungen, über die ihre rebellische Schwester zunächst gelacht hatte und die sie nicht zu befolgen gedachte.
Das war typisch für Deana, die sich schon immer jeglicher Art von Autorität, insbesondere männlicher, widersetzt hatte. Delia
hingegen fühlte sich wohler, wenn sie mitten im Strom schwamm, so hatte sie es auch bei Jake gehalten. Wenn Deana sich in
den Kopf gesetzt hatte, über das Ziel hinauszuschießen, würde ihre Scharade mit
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