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Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Titel: Die Schwesternschaft des Schwertes - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Die Leute dort schliefen sicher schon. Ob Zelda noch Wache an der Tür hielt, oder hatte sie ihre Gewohnheiten nach all den Jahren geändert?
    Doch die Frage ließ sie nur in kalter innerer Angst frösteln. Würde man sie überhaupt hineinlassen? Ihre Finger waren taub, als sie die Faust ballte, um an die Tür zu klopfen. Niemand öffnete. Die Sekunden schienen sich zu Stunden auszudehnen.
    Dann ging die Tür mit einem lauten Klicken langsam auf. Ein warmer Luftzug fegte über die Schwelle. Aleta schaute aus tränenden Augen auf und erblickte den korpulenten Umriss der Türwächterin Zelda. »Ich brauche Obdach«, murmelte sie.
    Doch das breite, lächelnde Gesicht, das sofort Mitgefühl gezeigt hatte, war hart und wütend, als es Aleta erkannte. »Du!« Aus Zeldas Mund klang es wie ein Vorwurf.
    »Bitte«, flehte Aleta. »Ich kann nirgendwo anders hin.«

    Ich weiß, ich hätte nicht kommen sollen. Es war falsch. Ich hätte eine Gefangene bleiben sollen - dort, wohin meine törichte Verliebtheit mich geführt hat. Doch es war zu spät. Die Nacht um sie herum brach allmählich herein und griff noch fester nach ihrem Bewusstsein. Sie wankte und streckte vergeblich die Hände aus, damit sie nicht allzu hart aufschlug.
    Vor ihr schwankte eine zweite Gestalt. Kräftige Arme fingen Aleta auf, und bevor sie umfiel, wurde sie hineingetragen. Die Tür schlug mit einem festen Knall zu. Im gleichen Moment strömten vertraute Gerüche von Gewürzen, Leder und die Erinnerung an Sicherheit auf ihre Sinne ein.
    Jemand drückte ihr eine Tasse an die Lippen, und Aleta trank.
    Herber Wein brannte in ihrer Kehle. Sie spuckte und hustete, dann klärte sich ihr Blick. Dann nahm sie die Tasse zwischen die zitternden Hände und leerte sie mit mehreren Schlucken. Doch als sie zu Zelda aufschaute, um ihr zu danken, erblickte sie das angespannte, hagere Gesicht einer Frau in den mittleren Jahren mit kurz geschnittenem Haar.
    »Dann hast du also endlich den Mut zur Rückkehr gefunden«, sagte die Frau so zynisch, dass Aletas Ohren schmerzten. »Das hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
    Aleta stellte die Tasse wortlos ab. Die Frau trat hinter sie, zog die dünne Kapuze zurück, die Aletas Kopf bedeckte, und enthüllte eine glänzende Schicht kastanienbraunen Haars, das eine edelsteinverzierte Kupferklammer zusammenhielt. »Dann hast du also nicht nur unserem Eid entsagt, sondern auch dein Haar wachsen lassen und seine Geschenke ebenso angenommen wie seinen Schutz.«
    »Ich hatte doch keine Ahnung«, erwiderte Aleta. Sie zwang sich, angesichts der groben Worte nicht zurückzuschrecken.
    Die Frau packte Aleta an der Schulter und zog sie herum, damit die Heimkehrerin sie ansah. »Das wagst du mir zu erzählen?«, sagte sie. »Ich habe dich in diesem Gildenhaus zur Welt gebracht. Du bist bei uns aufgewachsen. Du hast den Eid der Entsagenden abgelegt.
    Du kennst uns und unsere Geheimnisse. All das hast du für einen Mann weggeworfen - und unser höchstes Vertrauen verraten!«
    »Ich habe ihn geliebt!«, schrie Aleta und löste sich aus dem schmerzhaften Griff ihrer Mutter. »Er wollte mich als Aleta n’ha Kira nicht haben. Er konnte mich als Freipartnerin nicht akzeptieren.
    Er ist der Sohn eines Comyn-Fürsten. Für uns gab es keine andere Möglichkeit als di Catenas.«
    »Es gibt immer eine andere Möglichkeit«, sagte Kira. Sie ging nun auf und ab. »Hättest du uns vor dem Ablegen des Eides verlassen und dich an einen Mann gebunden, wäre es zwar enttäuschend gewesen, aber ich hätte es hingenommen. Doch dein Handeln muss bestraft werden, Aleta. Du hast unseren Eid gebrochen. Wärst du zurückgekommen, hättest deine Strafe angenommen und dich uns wieder angeschlossen - ich hätte dir verzeihen können. Aber du bist bei ihm geblieben und hast unseren Regeln getrotzt. Jetzt kannst du von uns nur noch eins erwarten.«
    »Ich weiß«, erwiderte Aleta so leise, dass man es kaum hörte. Die letzten Worte des Eides der Entsagenden hallten in ihrem Gedächtnis wider: Mögen sie mich schlagen wie ein Tier und meinen Körper unbestattet liegen lassen zur Verwesung … Trotzdem speiste die Ungerechtigkeit der ganzen Angelegenheit ihre Antwort.
    »Verstehst du denn nicht? Als ich den Eid sprach, war ich noch ein Kind. Ein Kind von fünfzehn Jahren, das von euren mutigen Taten geblendet und in Ehrfurcht erstarrt war. Ich wollte so sein wie du und Dana, meine Eidmutter, die immer mit ihren Kampfnarben geprahlt hat. Aber ich konnte es nicht. Ich habe mich

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